Alternative Anlagen
6. Juli 2017

Performance, Hedgefonds und internes Management: Fastenzeit bei Lebensmittelmulti

Make or buy? Aktiv oder Passiv? Alternative oder traditionelle Anlage­klassen? Diese Fragestellungen sind bei Pensionskassen in der Schweiz, wo die Zinsen schon viel länger tiefer sind, akut. Besonders große Änderungen plant die Schweizer Altersvorsorgeeinrichtung des Lebens­mittelmultis Nestlé.

Die alljährliche Pensionskassenstudie von Swisscanto konnte zum Jahresanfang von einer stabilen Seitenlage der Schweizer Altersvorsorgeeinrichtungen berichten. Zwar sind die Zielrenditen seit 2007 mit einem Rückgang von im Schnitt fünf auf 3,1 Prozent deutlich ­bescheidener geworden, dafür liegt jedoch der Deckungsgrad der ­privatrechtlichen Einrichtungen bei beruhigenden 109,7 Prozent. Auch die Allokation hat sich in diesem Zeitraum deutlich verändert: Die Quoten für Aktien Ausland und Immobilien sind auf 17,6 und 22,6 Prozent gestiegen, Schweizer Obligationen dagegen deutlich auf 21,7 Prozent gefallen. Dies sind nicht zuletzt für Asset Manager gute News.
Die Anlagenklassen-Statistik enthält für die Manager aber auch einen dicken Wermutstropfen: Die höhermargigen Asset-Klassen wie Hedgefonds und Rohstoffe haben in der Gunst der Pensionskassen deutlich verloren, Private Equity und Infrastruktur scheitern an der 1-Prozent-Hürde. „Vor allem scheuen sich die Pensionskassen bisher, die Obergrenze in der Anlageklasse Alternative Anlagen auszureizen, weil sie darin zu viel Risiko, mangelnde Transparenz, hohe Kosten und Illiquidität wittern“, bedauert Iwan Deplazes, Leiter Asset Management von Swisscanto Invest die Branche und das eigene Haus.

Wie das Beispiel des Nestlé-Pensionsfonds zeigt, kommen die Asset Manager trotzdem ins Spiel – wenn auch weniger bei Alternatives. Die umgerechnet 6,2 Milliarden Euro des in der französischen Schweiz ansässigen Fonds de Pensions Nestlé rentierten 2016 mit „unerwartet guten“ 5,9 Prozent. Trotzdem sah sich der Stiftungsrat zu einschneidenden Änderungen gezwungen beziehungsweise die ­Anlagestrategie zu vereinfachen. Die Situationsanalyse der Firmenpensionskasse basiert auf dem Paradigmenwechsel auf den Kapitalmärkten, der dazu führt, dass die Renditeerwartungen sämtlicher ­Anlageklassen bescheidener anzusetzen sind.
Die Korrektur der ­erwarteten Rentabilität der Anlageklassen des Fonds nach unten ­wirke sich deshalb negativ auf die Erwartungen der gesamten Anlageperformance des Fonds über die nächsten zehn Jahre hinweg aus – unabhängig von den Änderungen, die stattfinden. Während der Fonds ­unlängst mit einer Performance im Laufe des nächsten Jahrzehnts in Höhe von 3,5 Prozent habe rechnen können, müsse man sich nun mit einem bescheideneren Niveau von etwas über zwei Prozent zufrieden stellen. Dies hat auch Folgen für die Anspruchsberechtigten: „Eine gründliche Analyse unseres technischen Zinssatzes von drei Prozent ist somit zwingend notwendig.“

Mit dieser Analyse einher geht der „Wille zur Vereinfachung und Effizienz unserer Anlagestrategie“. Bisher sei der Fonds eher auf aktive Strategien ausgerichtet. Mit passiven Anlagemethoden könne hin­gegen die Performance der Referenzanlage sichergestellt werden, was zwar weniger ambitioniert aber einfacher und vor allem weniger ­kostenintensiv zu realisieren ist.

Damit wurde auch der Stab über Hedgefonds und Rohstoffe – bislang immerhin zehn Prozent der Investments – gebrochen. Zur Begründung wird auf Kostenaspekte – auch bei der Überwachung – und ­Reputationsrisiken verwiesen. „Wie bereits erwähnt, waren die Konsequenzen der bis 2016 verfolgten Anlagepolitik erhöhte Kosten für die Verwaltung des Fonds (Total Expense Ratio). Im Vergleich zu unserer Peer-Gruppe in der Schweiz waren unsere Kosten erheblich höher. In einem Umfeld wie dem unseren, in dem tiefe Zinsen und schwache Renditeerwartungen bestehen, ist dies nur schwierig zu rechtfertigen. Diese fixen Betriebskosten nehmen angesichts der niedrigen erwarteten Rentabilität des Fonds in den letzten Jahren denn auch zu grosse Proportionen an“, ist dem Jahresbericht 2016 der Nestlé-Einrichtung zu entnehmen.
Die Performance dieser Anlagen in Hedgefonds und Rohstoffe wird mit „relativ zufriedenstellend“ beschrieben. Allzu ­zufriedenstellend dürfte es jedoch nicht gewesen sein, denn die nun frei werdenden Gelder sollen vor allem – für diese Alternatives wenig schmeichelhaft – in Schweizer Immobilien allokiert werden. Am ­Rande: Die siebenprozentige Allokation in Private Equity soll aber ­bestehen bleiben, allerdings wird SCM/Mercer durch Harbourvest ersetzt. „Elemente wie beispielsweise die Tiefe der Ressourcen und das Netz des Vermögensverwalters, dessen Anlagedisziplin und ­-kohärenz ­sowie die historische Renditen über einen sehr langen Zeitraum ­hinweg haben eine entscheidende Rolle bei dieser Wahl gespielt.“

Bezüglich Kosten haben gerade große Kassen durch ein verstärktes Insourcing große Skalierungsvorteile. Auf diesem Feld zählt Nestlé ­eigentlich zu den Pionieren. Bereits 2007 ging Nestlé Capital ­Management an den Start, eine in Großbritannien ansässige ­operative Asset-Management-Tochter für das Management weltweiter Pensions­gelder. Zudem besteht mit der Gesellschaft Nestlé Capital ­Advisers ein  firmeninterner One-Stop-Shop für strategische Beratung. Nestlé ­Capital Management wird nun aber gemäß Medienberichten demontiert. Laut Inside Paradeplatz landen 14 der internen Asset Manager auf der Straße. Interimsweise kümmert sich nun Blackrock um ­einige der Mandate. Einer gewissen Ironie entbehrt nicht, dass Nestlé die ­Capital Management vor zehn Jahren gründete, um Kosten zu reduzieren und die Performance zu heben.

Der jetzige Strategieschwenk hin zur stärkeren Mandatierung von ­externen Anbietern wird von einem in IPE zitierten Unternehmenssprecher von Nestlé dagegen mit den vier Zielen verbunden, Risiken ­effizienter zu managen, die Governance zu stärken, sich an Best Practices der Industrie zu orientieren und operative Kosten zu reduzieren. Gestärkt werden mit dieser Volte dafür offenbar die internen Kompetenzen für Strategie und Controlling.

Risikomanagement, Governance, Best Practices und Kosten

Nestlés Entscheidung entspricht der Weiterentwicklung beziehungsweise der Rückentwicklung auf die ursprüngliche Idee des gerade in den Niederlanden weitverbreiteten Fiduciary-Management-Gedankens. Lange war es bei niederländischen Pensionsfonds Usus, dass der Fiduziar auch für das ­lukrative Asset Management verantwortlich zeichnet, was jedoch zu Interessenskonflikten führte. Heute wird ­dagegen der Fiduciary ­Manager wieder mehr als treuhänderisches Bindeglied zwischen dem Anleger und sämtlichen Aspekten der Kapitalanlage, zum Beispiel der Festlegung der Strategie, dem Risiko­management oder der Auswahl und Überwachung von Investment ­Managern – Open Architecture –  verstanden. Im Fall von Nestlé ist die Rolle des Fiduziars allerdings intern vergeben. Für ein solches ­Modell spricht nicht zuletzt der Zwang, dass in der Niedrigzinsphase das ­Anlageuniversum immer breiter und ­tiefer werden muss.

Von Patrick Eisele

portfolio institutionell, Ausgabe 06/2017

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