Alternative Anlagen
26. Februar 2018

Private Equity tendiert in Richtung Desinvestitionen

Steigende Anzahl an M&A-Transaktionen mit Beteiligung von Private Equity in Europa. Roland Berger verzeichnet großes Interesse chinesischer Investoren an europäischen Firmen.

Die Private-Equity-Branche erwartet in diesem Jahr mehr M&A-Transaktionen durch Private-Equity-Gesellschaften als 2017. Positive Konjunkturaussichten wiegen dabei wirtschaftspolitische Unsicherheiten wie zum Beispiel die schleppenden Brexit-Verhandlungen auf. Zu diesem Schluss kommt der neue „European Private Equity Outlook 2018“, für den das Beratungshaus Roland Berger im November und Dezember vergangenen Jahres europaweit Vertreter von Private-Equity-Gesellschaften befragt hat. Attraktive Branchen für M&A mit PE-Beteiligung sind vor allem Pharma und Healthcare, Business Services & Logistics sowie Technologie und Medien. Dabei steigt auch das Interesse chinesischer Investoren, die von einem großen Heimatmarkt und guten Finanzierungsbedingungen profitieren können.
„Die Stimmung in der PE-Branche ist insgesamt gut, auch wenn auf dem wichtigsten M&A-Markt Großbritannien die Unsicherheit durch die schleppenden Brexit-Verhandlungen anhält“, erklärt Sascha Haghani, CEO für die Region Deutschland, Österreich, Schweiz und Head of Restructuring & Corporate Finance von Roland Berger. Christof Huth, Partner und Leiter des Investor Support-Teams von Roland Berger erläutert: „Obwohl die Unternehmensbewertungen schon im vergangenen Jahr teilweise sehr hoch waren, suchen die Fonds weiterhin nach attraktiven Übernahmekandidaten.“ Durch das niedrige Zinsniveau können Firmenübernahmen leichter mit Fremdkapital finanziert werden, weiß Huth.
Frankreich ist stark im Kommen 
Das stärkste Wachstum der PE-Aktivität in Europa erwarten die befragten Experten in Frankreich. Grund dafür ist laut Roland Berger das wirtschaftsfreundlichere Klima des Landes. Auch für Spanien und Portugal wird ein hohes Wachstum erwartet, wobei hier vor allem Nachholeffekte wirken. Dagegen nehmen Griechenland und Großbritannien, das weiterhin unter der Brexit-Unsicherheit leidet, die beiden letzten Plätze im Länderranking ein. Die PE-Aktivitäten in Deutschland dürften in diesem Jahr moderat zunehmen, wobei der deutsche Markt bereits von einem hohen Transaktionsniveau ausgeht.
Tendenziell liegt der Schwerpunkt der PE-Gesellschaften dieses Jahr eher bei Desinvestitionen als bei weiteren Akquisitionen. Laut Roland Berger hat der Verkauf existierender Beteiligungen (30 Prozent) im Gegensatz zu den Vorjahren oberste Priorität noch vor Neuinvestitionen (25 Prozent) und der Weiterentwicklung von Portfoliounternehmen (22 Prozent). Ein wichtiger Grund für die Priorität der Desinvestitionen dürfte im derzeit hohen Bewertungsniveau liegen; in der Umfrage stellen 93 Prozent der Teilnehmer eine gewisse Überbewertung bei Unternehmenspreisen fest.
Als Akquisitionsziele nennen die Befragten an erster Stelle Mehrheitsbeteiligungen an Familienunternehmen (58 Prozent), gefolgt von Unternehmen, die bereits im Besitz eines Private-Equity-Fonds sind, sogenannte Secondary Buyouts (54 Prozent). Was die Größe der Übernahmen betrifft, werden die meisten Deals auch in diesem Jahr im Small-Cap- (unter 100 Millionen Euro) und Mid-Cap-Segment (bis 500 Millionen Euro) erwartet.
Chinesische Investoren treten in den vergangenen Jahren verstärkt als Käufer auf und sind dabei – nach Einschätzung von Roland Berger – in vielen Branchen gerne gesehen. „Viele Unternehmen, vor allem kleine und mittelgroße, haben nur einen sehr limitierten Zugang zum wichtigen Absatzmarkt China“, sagt Christof Huth und erläutert: „Ein chinesischer Investor, der dort die Türen öffnet, kann dabei sehr hilfreich sein.“
Mit Add-ons den Wert steigern
Über zwei Drittel der Private-Equity-Experten glauben, dass sich das Geschäftsmodell der PE-Branche mehr in Richtung aktives Portfoliomanagement verändern wird. „Wer einen Mehrwert in seinen Portfoliounternehmen schaffen will, der muss sich an wichtigen Entscheidungen aktiv beteiligen – das haben Investoren schon längst erkannt“, erklärt Sascha Haghani. Um den Wert der Beteiligungen zu steigern, planen deshalb 22 Prozent zusätzliche Akquisitionen – sogenannte Add-ons. 20 Prozent setzen wiederum auf Projekte im Bereich Digitalisierung/Industrie 4.0. Die Digitalisierung wird deutlich häufiger als Aktivitätsfeld genannt als in der Vergangenheit.  Sascha Haghani: „Das zeigt, dass dieses Thema auch bei PE-Gesellschaften immer relevanter wird.“
Family Offices und Stiftungen vertrauen Private Equity
Family Offices und Stiftungen sehen Private Equity weiter optimistisch. 92 Prozent von Private Equity International und Montana Capital Partners, ein auf Secondaries spezialisierter General Partner, im September 2017 befragten Family Offices und Stiftungen haben ihre Private-Equity-Allokation im Jahr 2017 erhöht oder beibehalten. Dies sei der höchste Wert seit Beginn dieser Umfragen im Jahr 2013. 57 Prozent planen für die nächsten zwölf Monate eine konstante Allokation, 38 Prozent eine Erhöhung.
portfolio institutionell 22.02.2018/Tobias Bürger
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