Strategien
6. Mai 2016

Privatplatzierungen? Alles eine Frage der Definition!

Institutionelle Investoren beschäftigen sich laufend mit Fragen der Unternehmensfinanzierung. Zeit ist dabei häufig ein knappes Gut. Dieser Text geht den Facetten einer Privatplatzierung auf den Grund und der Frage nach, wie man binnen weniger Stunden Investoren findet.

Banken treten immer wieder an institutionelle Geldgeber heran, wenn es um Privatplatzierungen geht. Insbesondere bei Aktien. Die Intermediäre haben die nötigen Kontakte, die dem Emittenten den zügigen Verkauf von Anteilen ermöglich sollen. Und Schnelligkeit ist von zentraler Bedeutung bei der Privatplatzierung von Dividenden­titeln. Zumal Transaktionen dieser Art unter Ausschluss einer Börse stattfinden; nur einige wenige Institutionen werden in einem solchen Verkaufsprozess direkt angesprochen.

Den Weg der Privatplatzierung im Rahmen eines solchen ­beschleunigten Bookbuilding-Verfahrens haben beispielsweise die früheren Eigentümer des Chemiekonzerns Evonik Industries, die RAG-Stiftung und von der Private-Equity-Gesellschaft CVC Capital beratene Fonds, gewählt. Sie haben sich Anfang 2013 von Anteilspaketen getrennt und so den Eigentümerkreis noch vor dem inzwischen absolvierten Börsengang erweitert. Der eigentliche Gang aufs Parkett fand wenige Wochen nach der Privatplatzierung auf dem Weg der ­Notierungsaufnahme statt. Ein solcher Transaktionsweg unterscheidet sich von einer klassischen Neuemission. Er kommt ganz ohne ­öffentliches Angebot, Wertpapierprospekt und tagelange Preis­bildungsphase daher; auch Vorstellungsgespräche der Vorstände bei Großanlegern und Pressevertretern bleiben aus. Bei Evonik beispielsweise kamen damals ausschließlich „ausgewählte in- und aus­ländische institutionelle ­Investoren“ zum Zug. Privatplatzierungen wie diese finden aber nicht nur im Vorfeld von Transaktionen statt, die man landläufig als ­Börsengang bezeichnet, wie auch die Neu­emission oder die weniger pompöse Notierungsaufnahme. Vielmehr werden sie auch dann gern gewählt, wenn ein Unternehmen bereits auf dem Kurszettel notiert ist und seine Entwicklung schon allein deshalb von unzähligen Marktteilnehmern verfolgt wird. Das unter­scheidet viele Privatplatzierungen der jüngeren Vergangenheit am deutschen Aktienmarkt von dem skizzierten Ablauf bei Evonik. Nur wenige kannten damals den ­Spezialchemiekonzern.

In blendendem Zustand

Hugo Boss kennt praktisch jeder. Der traditionsreiche Bekleidungshersteller bewegte sich bereits seit 22 Jahren auf dem Börsenparkett, als der Finanzinvestor Permira 2007 die Aktienmehrheit und damit das Ruder im baden-württembergischen Metzingen übernahm. Was folgte, war eine großangelegte Internationalisierung und eine Neuausrichtung hin zu einem der wertvollsten Mode-Retailer der Welt, die an dieser Stelle allerdings nicht weiter thematisiert werden soll. Viel interessanter: Nach Jahren der wertsteigernden Umstrukturierung haben die Londoner ihre Aktien inzwischen wieder versilbert und sind weitergezogen. Beim Verkauf der Anteile schlug man auch hier den Weg des beschleunigten Bookbuilding-Verfahrens ein. Im März 2015 erfolgte der Komplettausstieg per Privatplatzierung; Hugo Boss ging es zu diesem Zeitpunkt – anders als heute – blendend, was auch dafür gesorgt haben dürfte, dass die Transaktion ­binnen kürzester Zeit über die Bühne gehen und Permira den Exit erleichtern ­konnte. Übrigens: Hugo Boss ist seit dem Börsengang im Jahr 1985 durchweg ­Bestandteil des ­hiesigen Kurszettels. Ein Delisting mit ­erneutem „­going public“, wie das zum Beispiel Permira-­Wettbewerber Blackstone im Jahr 2005 beim Chemiekonzern ­Celanese erfolgreich vorgemacht hat, war hier kein Thema.

Zurück zum Kern der Geschichte und der Frage, wie man binnen weniger Stunden neue Investoren anzapft. Denn beim beschleunigten Bookbuilding-Verfahren werden Paketverkäufe nach Börsenschluss eingeleitet und binnen kürzester Zeit abgewickelt. Deshalb spricht man auch von Übernachtplatzierungen. Mit Hilfe einer solchen ­Privatplatzierung soll vermieden werden, dass der reguläre ­Aktienhandel beeinflusst wird und die Aktie aus Ungewissheit über ­Verkaufsabsichten der Großanleger starken Schwankungen ausgesetzt ist. Wenn der Börsenhandel am Morgen nach der Platzierung wieder aufgenommen wird, werden die Marktteilnehmer mit ­Tatsachen konfrontiert. Die neuen Investoren sind an Bord, die ­Fakten liegen auf dem Tisch. Das unterscheidet eine Privatplatzierung von ­einem ­öffentlichen Angebot – mit Wertpapierprospekt, Roadshow und ­wochenlanger Unsicherheit über den Erfolg der Transaktion.

Ein Investmentbanker, der seit über zwanzig Jahren im Bereich „Börsengänge und Privatplatzierungen“ arbeitet, ist Joachim von der Goltz, Head of Equities Capital Markets Northern Europe bei Credit Suisse in London. Von der britischen Hauptstadt aus war und ist er für unzählige Unternehmen aktiv. Kollegen sagen über ihn, er habe insbesondere einen guten Blick über den deutschen Equity-Markt. Im Gespräch mit portfolio institutionell erläutert von der Goltz Privat­platzierungen so: „Die Privatplatzierung richtet sich ausschließlich an institutionelle Investoren. Sie haben berufsbedingt einen deutlich ­höheren Kenntnisstand und regelmäßige Handelsbeziehungen mit ihren Banken.“ Das ist ein wichtiger Ausgangspunkt, sagt von der Goltz, der viel mit institutionellen Kunden zu tun hat und immer wieder Privatplatzierungen initiiert.

Kontakte sind das A und O 
Seine Kunden, die ihre Verkaufsabsichten publik machen, möchten natürlich kein längerfristiges Kursrisiko eingehen, erläutert der Fachmann der Credit Suisse die Beweggründe für Schnelligkeit. „Denn sobald Aktien auf dem Weg des öffentlichen Angebots offeriert werden, muss ein Wertpapierprospekt angefertigt und von der ­Finanzmarktaufsicht freigegeben werden. In diesem Zusammenhang müssen auch eine Vielzahl von Finanzkennzahlen zum Unternehmen veröffentlicht und Schutzvorschriften für Privatanleger beachtet werden. Ein solcher Prozess dauert viele Wochen.“ Vor diesem ­Hintergrund wird häufig der Weg der Privatplatzierung über Nacht gegangen: Der Verkäufer geht auf seine Banken zu und signalisiert, dass er eine bestimmte Anzahl von Aktien abgeben möchte. Im nächsten Schritt spricht die Bank ausgewählte institutionelle Investoren an, von denen bekannt ist, dass sie die betreffende Firma gut kennen und Interesse an ihr haben. „Insofern kann man sagen, dass es sich bei Privatplatzierungen um eine Art Club handelt. Aber ich möchte das ohne eine negative Intonation sehen. Denn wenn ein Großaktionär zügig große Aktienpakete platzieren möchte, muss er sich auf eine kleine Anzahl an möglichen Anlegern konzentrieren“, ergänzt von der Goltz und gibt folgendes zu bedenken: „Auch die Adressaten müssen erhebliche Schutzvorschriften beachten. Wenn Sie zwischen ­Banken agieren oder institutionelle Investoren ansprechen, die als solche registriert sind, und vorab Prüfungsverfahren absolviert ­haben, können Sie solche Aktientransaktionen wesentlich einfacher und schneller durchführen.“

Facettenreiche Privatmarktanlagen
Bei der Ansprache institutioneller Investoren werden die Aktien ausschließlich auf Basis öffentlich verfügbarer ­Informationen vertrieben. Die Investoren erhalten demnach kein ­zusätzliches Material vom Altaktionär beziehungsweise vom betreffenden Unternehmen. Bei Direktinvestitionen in einzelne Aktien sind Privatplatzierungen, wie oben gezeigt, ein Vorgang, der sehr schnell abgewickelt wird, meist über Nacht. Es gibt aber auch Privatplatzierungen, bei denen die ­Abwicklung viele Monate in Anspruch nehmen kann; das ist am sogenannten Privatmarkt der Fall. Und der Ruf nach Informationen ist dort – bevor man sich für oder gegen das Investment entscheidet – viel lauter, wie ein Investment Associate aus dem Bereich Alternatives im Gespräch mit portfolio institutionell berichtet, der nicht öffentlich genannt werden möchte; andernfalls hätte er nicht so offen sprechen können, wie er es im Folgenden tut.

Der Fachmann profiliert sich in jüngster Zeit unter anderem als Anbieter alternativer Anlagen mit dem Schwerpunkt Intellectual ­Property. Dabei handelt es sich beispielsweise um geistiges Eigentum, das rechtlich geschützt ist oder um Patente, etwa auf medizinische Wirkstoffe. Es kann sich dabei aber auch um ein Copyright für ein Musikstück handeln. Oder eine patentierte Erfindung. Den Anlage­objekten ist gemein, dass sie dem Investor Cashflows in Aussicht stellen. „Im Rahmen unseres Intellectual Property Advisory führen wir Privatplatzierungen durch. Das heißt, wir vermitteln als Intermediär zwischen Investoren und Investment Managern und leiten dabei ­Privatplatzierungen ein“, sagt der Spezialist für alternative Anlagen. Die Deals basierten auf einem über Jahre hinweg aufgebauten Netzwerk. Auf die Frage, ob man Privatplatzierungen mit Direktinvestments gleichsetzen könne, entgegnet er: „Es ist immer eine Frage, wie man den Begriff definiert. Zwar könne man zunächst einmal Privatplatzierungen mit Direktinvestments gleichsetzen. Allerdings, und hier taucht ein gravierender Unterschied auf, kann man auch einen Alternativen Investmentfonds (AIF) privat platzieren. Das wäre dann natürlich kein Direktinvestment. Aber das generelle Verständnis in der Industrie sowie auch bei unseren Geschäftspartnern und Kunden bezieht sich auf Direktinvestments“, erläutert der Informant.

Wenn Anbieter an institutionelle Investoren herantreten, läuft in der Regel auf beiden Seiten des Investments ein standardisierter Prozess ab. Zunächst nimmt der Anbieter Kontakt zu den potenziellen Investoren auf, sendet Unterlagen, bekommt einen Termin, stellt sich persönlich vor. Anschließend wird die Idee im Rahmen des Investment-Komitees auf der Investorenseite besprochen. Und das kann dauern. Denn bei den Kunden aus dem Universum der Pensions­kassen oder Versorgungswerke nimmt ein solcher Prozess aufgrund der erforderlichen Entscheidungsprozesse zwischen zehn und 24 ­Monate in Anspruch. Bei Family Offices kann es viel ­schneller gehen. „Wenn der Prinzipal von der Idee überzeugt ist, wird der Standard-Due-Diligence-Prozess mit hoher Priorität durchgeführt und das ­Investment zeitnah umgesetzt“, sagt der Alternatives-Fachmann. Aber über Nacht, wie bei Aktien, gehe auch hier nichts. Auf die Frage, worin der Charme einer Privatplatzierung für die Investorenseite ­besteht, antwortet er vielsagend: „Oft handelt es sich dabei um Private Equity. Bei Family Offices und anderen spezialisierten Investoren kann dieser ­Bereich hausintern aber nur selten abgedeckt werden.“ Es fehle ­einerseits an Know-how und andererseits an den Kontakten. „Bei ­Intellectual Property haben wir viele Kunden, die gern in den Bereich investieren wollen. Typischerweise kennen sie auch eine Handvoll ­Investment Manager in diesem Markt, die ihr Interesse geweckt ­haben. Wir kennen aller­dings weit mehr als 200.“
Das sei ein Grund, warum Investoren den Weg der Privatplatzierung wählen. „Wir stellen den Kontakt individuell her. Natürlich ist dann auch die entsprechende Expertise erforderlich, um sich bietende Opportunitäten richtig einschätzen zu können“, argumentiert er mit Blick auf die Facetten der Privatmärkte. Der betreffende Anbieter ­betreibt permanent ­Inhouse-Research, spricht Unternehmen an und fragt auch Privatpersonen, ob Interesse besteht, bestimmte Assets zu verkaufen oder in eine Kooperation einzutreten.

Unterschiedliche Anforderungen
Während Übernachtplatzierungen von Aktien ganz bewusst ohne Wertpapierprospekt durchgeführt werden, sind Angebotsunterlagen aus dem Fondsbereich nicht wegzudenken. Das beginnt schon bei den sogenannten Private-Placement-Memoranden. Dabei handelt es sich um Dokumente mit einer enormen Informationstiefe. Ein ­Umfang von 100 Seiten ist nicht ungewöhnlich. Diese Memoranden enthalten die Informationen, die man als potenzieller Investor für ein am Privatmarkt angebotenes Asset kennen muss. Angefangen bei steuerlichen Aspekten bis hin zu rechtlichen Fragestellungen, die den ­Investment Manager absichern. Daneben werden Gebührenaspekte aufgelistet. Sogenannte Dead-Man-Klauseln kommen auch immer wieder vor: Sollte eine Schlüsselperson ausfallen, hat man als Investor das Recht, das Investment vorzeitig zu beenden.

Auch das ist ein bedeutender Unterschied zur Privatplatzierung am Aktienmarkt. Während es dort auf Investorenseite nach einer ­Privatplatzierung in aller Regel keine Lock-up-Fristen für die neuen Investoren gibt, sind Anleger im Bereich geschlossener Fonds bei ­einer Privatplatzierung lange an das Investment gebunden. „Privatplatzierungen in Fonds beziehungsweise Direktinvestments in ­nicht-­börsennotierte Unternehmen gehen häufig einher mit Lock-up-Perioden“, sagt der Fachmann mit der Bitte um Anonymität. „Wenn man es mit einer Private-Equity-Struktur zu tun hat, dann hat man üblicherweise mit einer Kapitalbindung von bis zu zehn Jahren zu tun“, fügt er hinzu.

Eine Expertin im Bereich alternativer Anlagen ist Olga Braun-Cangl. Sie berät seit 2008 institutionelle Kunden von Allianz Global Investors (AGI) auf dem Gebiet. Im Interview mit portfolio institutionell ­erläutert sie insbesondere jene Aspekte, die lange vor einem ­Investment geklärt werden müssen: Denn im Grunde genommen hat jeder regulierte Investor spezifische, und im Detail auch unterschiedliche Anforderungen an ein Investment am Privatmarkt. „Die Frage, die ­zunächst einmal beantwortet werden muss, lautet: Für wen wird das Private-Markets-Portfolio implementiert?“, sagt sie. Dann geht es ans Eingemachte: Die maßgeschneiderten Private-Markets-Portfolien stellen typischerweise den Firmen, die nach Fremdfinanzierungen oder Eigenkapital suchen, das Kapital zur Verfügung. Diese wollen die ­Finanzierung aus der privaten Hand erhalten und nicht von ­Banken und schon gar nicht über die Börse. Ein Beispiel: Ein Unternehmen möchte künftiges Wachstum finanzieren. In diesem Fall macht es eher Sinn mit einem Eigenkapitalgeber zusammenzuarbeiten, da ein solcher „Sponsor“ einen langen Atem mitbringt, wodurch er dem Unternehmen mehr Raum für die erfolgreiche ­Realisierung der ­strategischen Pläne lässt. Es sei durchaus denkbar, dass auch noch Fremdkapital­geber mit ebenso langfristiger Perspek­tive ins Boot kommen, erläutert Olga Braun-Cangl. Sponsor und Fremdkapitalgeber verfügen über branchenspezifisches Fachwissen und begleiten die Firmen über die verschiedenen Unternehmens­entwicklungsphasen wie Wachstum, Übernahme, „Distressed“ oder „Turnaround“ hinweg. Eine maß­geschneiderte Private-Markets-­Lösung bietet dem Investor die Möglichkeit, einen präferierten ­Akzent und einen individuellen Fokus hinsichtlich der Unternehmens­entwicklungsphase, Kapitalstrukturpositionierung sowie des länder- und branchenspezifischen Exposure zu setzen.

Unersättliches Informationsbedürfnis 
Noch ein Aspekt, den Allianz-Global-Investors-Expertin Olga Braun-Cangl ins ­Blickfeld rückt: „Wenn wir mit dem Kunden reden, müssen wir seine ­Asset-Liability-Situation hinterfragen und genau verstehen. Wie viel Liquidität braucht der Kunde wirklich? Und ­welcher Anteil seines Portfolios kann in illiquide Anlagen investiert werden? Nachdem ­diese Fragen beantwortet sind, muss man auch die regulatorische ­Seite ­betrachten.“ Optimalerweise hat man es mit ­einer Situation zu tun, bei der der Kunde von Seiten regulatorischer und steuerlicher ­Aspekte nicht allzu eng in Beschlag genommen wird, sondern breit gestreut investieren kann. Breit heißt in diesem Zusammenhang, dass man die Möglichkeit hat, sowohl in Private Equity als auch in ­Private Debt und Private Infrastructure zu investieren. Und zusätzlich, in Bezug auf Regionen, flexibel für globale Investments ist. „Ich denke dabei nicht nur an die USA und Europa, sondern auch an asiatische Märkte.­ Flexibilität ist aber auch in Bezug auf die ­zugrundeliegenden Instrumente wünschenswert“, sagt Olga Braun-Cangl mit Blick auf die Facetten einer Transaktion am Privatmarkt.

Anknüpfend an die Aussagen des anonymen Informanten zur Frage, wie groß das Informationsbedürfnis von Investoren am Privatmarkt denn sei, betont Olga Braun-Cangl, dass ein Anleger im ­Bereich der Private Markets erhebliche Transparenz über die Anlagen habe. Und das liegt an mehreren Faktoren: Einerseits sei hier nur eine ­überschaubare Anzahl von Investoren aktiv. Und diese erhielten ­tiefgründige Berichte und Details über die Deals beziehungsweise die ­Facetten der jeweiligen Transaktionen. Andererseits arbeiteten die ­Investoren in dieser Hemisphäre sehr eng mit den Managern zusammen, wenn es beispiels­weise um die Strukturen der Finanzierung und die Ausgestaltung von Verträgen geht. „Es geht also nicht nur um das Lesen eines Private-Placement-Memorandums, sondern weit ­darüber hinaus. Die ­Informationstiefe ist deutlich größer als am ­öffentlichen Markt.“ Dass Privatplatzierungen bei Alternativen ­Anlagen nicht über Nacht abgewickelt werden können, bestätigt auch sie: „Ich habe schon Transaktionen gesehen, bei denen man jahrelang miteinander zu tun hatte und sich im Laufe der Unternehmens­entwicklung auf bestimmte­ Transaktionen verständigt hat.“

Ganz allgemein dauere eine Privatplatzierung mehrere Wochen und Monate. „Es ist schon deshalb kein Schnellschuss, weil man eine lange Vorbereitungszeit braucht. Ihr ­voraus gehen detaillierte ­Gespräche mit intensiven Analysen. Außerdem nimmt der Aufbau von Finanzierungsstrukturen viel Zeit in ­Anspruch.“ An dieser Stelle ein Exkurs in die Fondsstrukturierung. Denn auch dort war in der Vergangenheit häufig von „Privatplatzierung“ und „öffentlichem ­Angebot“ die Rede, wie Tanja Aschenbeck-Florange von der Kanzlei Osborne Clarke, auf Anfrage von portfolio institutionell erläutert. „Im Bereich der geschlossenen Fonds gab es früher die Unterscheidung genauso wie bei Aktien zwischen öffent­lichem Angebot und Privatplatzierung. Das gibt es wegen des Kapitalanlagegesetzbuches nicht mehr. Das KAGB unterscheidet vielmehr zwischen dem ‚Publikums-AIF‘ und dem ‚Spezial-AIF‘“, ruft die ­Expertin in Erinnerung. Der Spezial-AIF spricht gesetzlich vorgeschrieben – vergleichbar der ­früheren Privatplatzierung – ausschließlich professionelle oder ­zumindest semi-professionelle Investoren an. Abschließend bleibt festzuhalten, dass man als Investor trotz aller Attraktivität der ­Privatmarktanlagen folgendes nicht unterschätzen darf: Der ­Selektionsprozess der Anlagen ist sehr aufwendig. Die Entscheidung und die ­finale Umsetzung ­brauchen Zeit. Bei Übernachtplatzierungen von Aktien ist das, auch wenn es auf den ersten Blick nicht ­danach aussieht, aber ­ähnlich. Auch hier kommen nur Investoren in Betracht, die sich mit den ­Unternehmen im Voraus beschäftigt haben. So oder so kommen im Laufe eines Berufslebens also unzählige Investitions­vorhaben zusammen.

Von Tobias Bürger

portfolio institutionell, Ausgabe 04/2016

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