Versicherungen
9. November 2015

Reporting-Expertise trennt Spreu vom Weizen

Die deutsche Assekuranz sieht sich auf Solvency II gut vorbereitet. Die Berichtspflichten bereiten jedoch noch Bauchschmerzen. Unterstützung erwarten sich die Versicherer von ihren Asset Managern. Die Erwartungen sind hoch.

In nicht einmal mehr zwei Monaten ist es so weit. In Europas Versicherungsbranche bricht dann die Ära des neuen Aufsichtsregimes Solvency II an. Für die deutsche Assekuranz stellt dieses Thema – noch vor dem Niedrigzinsumfeld – derzeit die größte Herausforderung dar, die es zu bewältigen gilt. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie von Axa Investment Managers, für die im Sommer dieses Jahres 56 Entscheider von Unternehmen aus den Bereichen Schaden- und Unfallversicherung, Lebensversicherung und Krankenversicherung mit Kapitalanalgen in Höhe von insgesamt 495,6 Milliarden Euro befragt wurde. Von ihnen gaben 71 Prozent an, dass sie die Umsetzung des neuen Regulierungsrahmens besonders herausfordert. Auf den Plätzen dahinter folgen das Niedrigzinsumfeld (61 Prozent) und die erhöhte Komplexität im Risikomanagement (39 Prozent). 
Für Jörg Schomburg, Leiter des institutionellen Vertriebs in Deutschland bei Axa IM, ist dieses Ergebnis nicht überraschend: „Insbesondere mit Blick auf die in Säule II geregelten Anforderungen an das Risikomanagement und die in Säule III versammelten Berichterstattungspflichten sind gewaltige Anstrengungen nötig.“ Die Säule I, die sich mit den Solvenzkapitalerfordernissen befasst, sei inzwischen weniger wichtig – dank erheblicher Entschärfungen, wie die Einführung von Übergangsfristen für Altverträge. Diese werden von 71 Prozent als sinnvoll beziehungsweise notwendig erachtet. 
Obwohl Solvency II als größte Herausforderung gesehen wird, fühlt sich die Mehrheit der befragten Versicherer gut vorbereitet. Drei Viertel gaben an, dass alle Vorbereitungsarbeiten bis zum Einführungstermin wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich abgeschlossen sein werden. „In Deutschland sind wir relativ weit“, merkte Schomburg an. Das große Thema hierzulande sei das Duration-Gap. 
Insbesondere auf die erste Säule sieht sich die Mehrheit (71 Prozent) gut oder sehr gut gerüstet. Etwas anders fällt die Einschätzung zum Vorbereitungsstand auf die Berichtspflichten aus. Hier bezeichnet sich nur etwa die Hälfte der befragten Versicherungen als gut oder sehr gutvorbereitet. Wenig überraschend ist an dieser Stelle, dass Vertreter kleinerer Versicherungsunternehmen mit weniger als einer Milliarde Euro an Bruttoprämien insgesamt etwas skeptischer sind in Bezug auf ihren Vorbereitungsstand als Entscheider in großen Unternehmen. 
Mit Blick auf die neuen Berichtspflichten unter Solvency II, die eine bisher nie dagewesene Detailtiefe und Ausführlichkeit verlangen, erwarten die Versicherer von ihren Asset Managern und Kapitalverwaltungsgesellschaften entsprechende Unterstützung. Insbesondere im Bereich Reporting und Offenlegung sind die Erwartungen hoch oder sogar sehr hoch. Das gaben zumindest 83 Prozent der befragten Entscheider an. Bei den Lebensversicherungen sind es sogar 93 Prozent. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Vergleich mit der Vorgängerstudie von 2012, in der lediglich 38 Prozent der damals Befragten 50 Assekuranz-Entscheider hohe Erwartungen an das Reporting von Asset Managern hatten. Darin spiegelt sich die stark gestiegene Bedeutung der Säule III in der Wahrnehmung der Versicherer wider. „Das ist ein ganz wichtiger Punkt“, merkte Schomburg an. Sein Haus habe sich deshalb bereits 2014 auf die neuen Reporting-Anforderungen der Versicherungen eingestellt. Das sei jedoch noch nicht überall geschehen. Seines Erachtens können derzeit zwei Master-KVGen Reportings mit der entsprechenden Datentiefe und Fülle liefern. 
Zweifel an der fristgerechten Lieferung
Gewisse Zweifel an den Fähigkeiten ihrer Manager in puncto Reporting hegen auch die befragten Versicherungen, insbesondere in Bezug auf die fristgerechte Datenlieferung. Lediglich 42 Prozent stimmen der Aussage zu, dass ihr gegenwärtig wichtigster Asset Manager momentan dazu in der Lage sei. Grundsätzlich sind die meisten Assekuranz-Entscheider jedoch überzeugt, dass ihr Asset Manager insgesamt gut auf Solvency II vorbereitet ist (96 Prozent). Drei Viertel sehen ihren Asset Manager in der Lage und willens, die benötigten Daten bereitzustellen und zu liefern. Schomburg ist überzeugt, dass Reporting-Expertise für Asset-Manager, die auch künftig im Geschäft mit Versicherungen konkurrenzfähig sein wollen, zur Kernkompetenz avanciert: „Das Reproting ist wichtiger als eine 30 Basispunkte höhere Rendite.“ 
In ihrer Studie ist Axa Investment Managers außerdem der Frage nachgegangen, inwiefern die Versicherungen bereits ihre Asset Allocation an Solvency II angepasst haben. Dabei zeigt sich, dass dies erst lediglich 55 Prozent getan hat. Dieses Ergebnis relativiert sich ein wenig, wenn man einen Blick auf die Vorgängerstudie wirft. 2012 hatten lediglich 40 Prozent ihre Asset Allocation angepasst. Darüber hinaus wies Schomburg auf Unterschiede je nach Größe der Versicherung hin. So seien es vor allem kleine Versicherungen, die vorerst keine Änderungen vornehmen und abwarten, auch wenn ihnen  bewusst ist, dass sie etwas machen müssen. „Sie haben auf Stopp gedrückt“, so Schomburg. Der Leiter des institutionellen Geschäfts bei Axa Investment Managers ist überzeugt, dass bei der Asset Allocation in Zukunft stärker auf den „Return on SCR“ als auf den „Return on Volatility“ geschaut werden wird. Und hier sieht er noch einiges an Optimierungspotenzial: „Innerhalb der Asset-Klassen kann man auf den SCR optimieren. Das ist Millimeterarbeit.“
Welche Maßnahmen die 56 Versicherungsunternehmen infolge von Solvency II in den nächsten zwölf Monaten oder im Anschluss daran planen, wurde in der Studie ebenfalls abgefragt. Das Ergebnis: An oberster Stelle auf der Agenda steht bei 73 Prozent der Versicherungen die Bereitstellung von zusätzlichen Analyse-Ressourcen. Darüber hinaus will eine große Mehrheit (72 Prozent) den Anteil extern gemanagter Anlagen erhöhen. Unter den kleinen Versicherungen sind es sogar 80 Prozent. Des Weiteren plant etwa die Hälfte der Befragten – sowohl bei den kleinen als auch den großen Versicherungen –, die Anzahl der externen Manager zu reduzieren. „Es geht darum die Komplexität zu reduzieren“, merkte Schomburg an.      
portfolio institutionell newsflash 04.11.2015/Kerstin Bendix
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