Schwarzer Schwan
2. Dezember 2016

Santo subito

Zeit für Liebe und Gefühl,

heute bleibt‘s nur außen kühl!

Kerzenschein und Plätzchenduft,
der 
Advent liegt in der Luft!

Dieses wunderschöne Gedicht hat sich offenbar der Super-Banker a. D., Joe Ackermann, zu Herzen genommen. Seinen gerichtlichen Verpflichtungen entronnen, machte sich Mr. 25-Prozent-Eigenkapitalrendite beim heimischen Plätzchenbacken anscheinend große Sorgen um das Wohl und die Daseinsvorsorge ehemaliger Schutzbefohlener bei der Deutschen Bank. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ zitierte Josef „Joe“ Ackermann damit, dass er sich moralisch verpflichtet fühle, auf noch nicht ausgezahlte Boni zu bestehen. Denn er wolle nicht andere Manager unter Druck setzen, die noch aktiv seien und ihre Bezüge „dringender nötig“ hätten als er.
Schöner in den Mantel der Barmherzigkeit hätte man wohl keinen weihnachtlichen Spendenaufruf für in Not geratene Deutsch-Banker wickeln können. Und dies von einer Selbstlosigkeit getragen, bei der einem ganz warm ums Herz wird. Noch selbstloser als Ackermann sind wohl nur noch die Aktionäre der Deutschen Bank, die zum Wohl der Mitarbeiter und zur Unterstützung des Kulturwandels seit Jahren auf Dividenden und Kurssteigerungen verzichten. Die darbenden Aktionäre sollten von Sankt Josef, dem Schutzheiligen der Boni-Banker, wenigstens mit selbst gebackenen Plätzchen abgespeist werden.
Aber vor den Aktionären kommen für Ackermann die Gemeinschaft und Solidarität mit der Deutschen-Bank-Familie: „Dieses Zusammenstehen der Familie, das ist für mich etwas Heiliges.“ Wie schön und herzlich solche Treffen sein können, zeigte sich dieses Jahr beim großen Patentreffen der Deutschen Bank im Landgericht München I, wohin ehemalige und aktuelle Granden zu Verhandlungen geladen waren.
Ackermann ist auch bestens legitimiert, Bundesfinanzminister Schäuble einen Mangel an Anstand vorzuwerfen. Nach all den unzähligen Affären der Deutschen Bank muss es ein ehemaliger leitender Mitarbeiter dieses ehrenwerten Hauses am besten wissen, wem es an Anstand mangelt.
Familie, Patentreffen, ehrenwertes Haus? In welche mafiösen Kreise ist die Bankbranche nur geraten? Da hilft kein Kulturwandel mehr, sondern nur noch Einzelnen die Kronzeugenregelung. Zu diesem Strohalm griff der wegen aufgeflogener Cum-Ex-Geschäfte in Erklärungsnot geratene Privatbanker Eric Sarasin vom Bankhaus Safra-Sarasin und brach das Gesetz der Omertà. Nach Informationen der „Zeit“ packte er gegenüber der Staatsanwaltschaft Köln aus und verpfiff die Hamburger Warburg-Bank und deren Mitinhaber Christian Olearius. Mitglieder der ach so verschwiegenen Bankbranche verdingen sich also wie vor Gericht gestellte Mafiabosse als Pentito und fangen an zu singen.
Der Besuch der Staatsanwaltschaft bei der Privatbank wurde von der Zeitung „minutiös rekonstruiert“: Demnach betraten die Fahnder im Januar 2016 um 8:30 Uhr die Bank und weigerten sich, sich in die Besucherliste einzutragen. Dafür mussten sich die Fahnder bis 10 Uhr gedulden, bis Christan Olearius, der „Inbegriff des honorigen Bankiers“, so „Die Zeit“, im Bankhaus erschien. An Details der Geschäfte konnte sich Olearius dann – natürlich – nicht mehr erinnern. Er gehe aber davon aus, dass – natürlich – weder er noch die Bank illegal gehandelt hätten.
Ob Enrico Sarasino nun in der Bankbranche noch eine Zukunft hat? Möglicherweise bei der Bank of Cyprus. Dort hat Joe Ackermann als Chairman of the Board of Directors sein letztes wichtiges Bankmandat und könnte in seiner neuen Wohltäterrolle einen gefallenen Bankier wieder in den Kreis einer Bankfamilie aufnehmen.
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende und einen geruhsamen zweiten Advent. 
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