Schwarzer Schwan
22. September 2017

Schutzengel des Stellvertreters

Landgericht Bochum bewertet Papst.

Wie viele Engel passen eigentlich auf eine Nadelspitze? Im Mittelalter debattierten Theologen eifrig über diese nicht ganz trivialen Frage und versuchten sich an einer Quantifizierung. Eine vergleichbare Diskussion führen Kapitalanleger im 21. Jahrhundert, wenn sie der Frage nachgehen, welche Duration Aktien haben.
An einer zeitgemäßen Adaption des Engelsthemas versucht sich derzeit das Landgericht Bochum: Was darf ein Schutzengel kosten – und zwar unter der Nebenbedingung, dass es sich bei dem Schützling um keinen Geringeren als Gottes Stellvertreter auf Erden handelt. 
Mit „2,5 Millionen Euro“, beziffert der enttarnte Geheimagent Werner Mauss, dem schwere Steuerhinterziehung vorgeworfen wird, seine Betriebsausgaben für „Maßnahmen zur Rettung des Papstes“. Begründung: Dem Pontifex Maximus Benedikt XVI. habe eine Vergiftung durch eine Geldwäsche-Mafia gedroht. Weil Schutzengel keine Rechnung stellen, sollte man nun aber nicht annehmen, dass deren Dienste keine Kosten verursachen, argumentiert die Süddeutsche Zeitung. Trotzdem, so die Süddeutsche, werde das für Montag erwartete Urteil vermutlich recht weltlich ausfallen. 
Vor Gericht geht es laut der Wochenzeitung „Die Zeit“ vor allem um ein Vermögen, das auf einem nicht beim Finanzamt deklarierten Konto bei der Luxemburger Tochter der UBS geführt wurde, für das wiederum Werner Mauss als Inhaber aufgeführt worden war. Mauss‘ Anwälte argumentieren, bei dem Vermögen handele es sich um einen Treuhandfonds für „humanitäre Zwecke“. Es werde von ihrem Mandanten im Auftrag internationaler Organisationen verwaltet und sei ihm deshalb wirtschaftlich nicht zuzurechnen.
Vorgeworfen wird Deutschlands Antwort auf James Bond allerdings, dass er die Bankverbindung und weitere Konten genutzt habe, um seinen luxuriösen Lebensstil zu bestreiten. Mauss´ Anwälte argumentieren jedoch gegenüber allen Erbsenzählern, dass es ihrem Klienten im Kern doch nur darum ging, die Welt zu retten. Dass er einmal, um zu Verhandlungen zwischen Vertretern der Volksrepublik China und des Vatikans zu jetten, die gesamte 1. Klasse eines Flugzeugs buchte, war eben aus Geheimhaltungsgründen einfach notwendig. Und die nicht ganz billigen Ferraris, Reitpferde und Weihnachtsfeiern haben bestimmt zur Tarnung gedient.
Mit Verlaub, sind 2,5 Millionen Euro zur Rettung des Papstes ein angemessener Betrag? Die gängigen Abschreibungsmodelle können keine Auskunft geben. Sie scheitern am fehlenden Zeitwert, während naheliegende Discounted-Cashflow-Modelle aufgrund der notorischen Intransparenz des Vatikans bezüglich der Zahlungsströme keine Hilfestellung bieten. Im Grunde genommen lassen sich weltliche Maßstäbe bei Papst-Rettungen überhaupt nicht anlegen. Man vergleicht ja auch Äpfel nicht mit Bio-Birnen. Angemessen wäre vielmehr ein Ablasshandel mit dem Bochumer Landgericht. Heute gilt zwar nicht mehr Tetzels „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt“. Aber vielleicht: „Sobald der Mauss die nächste Story singt, der Agent beschwingt in die Freiheit springt.“ 
Mit diesen Worten entlassen wir Sie in ein hoffentlich heiteres Wochenende. 
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