Banken
1. August 2016

Sparkassen neigen zum Spekulieren

Neue Studie kritisiert Anlagepolitik der Sparkassen: Statt Kredite zu vergeben, investieren diese die Einlagen ihrer Kunden lieber am Kapitalmarkt. Schuld ist nicht das Niedrigzinsumfeld.

Viele Sparkassen werden nicht mehr ihrem öffentlichen Auftrag gerecht, Kredite an Unternehmen und Privatpersonen zu vergeben. Stattdessen werden Kundeneinlagen unabhängig vom aktuellen Niedrigzinsniveau zunehmend am Kapitalmarkt investiert. Zu diesem Fazit kommt Professor Dr. Ralf Jasny von der Frankfurt University of Applied Sciences in der neuen Studie „Die Wertpapiergeschäfte der Sparkassen? – Eine Analyse der Anlagepolitik der deutschen Sparkassen “, die gemeinsam mit der Beratungsgesellschaft Metamorf Business Consulting basierend auf einer Analyse aller 413 Jahresabschlüsse der bundesweiten Sparkassen von 2014 durchgeführt wurde.
Wie die Untersuchung zeigt, vergeben 72 Sparkassen (rund 17 Prozent aller Sparkassen) weniger als die Hälfte ihrer Bilanzsumme als Kredite an Kunden, bei acht Sparkassen liegt die Quote bei unter 30 Prozent. Stattdessen werden die Kundengelder überwiegend in Schuldverschreibungen angelegt. „Diese Anlagepolitik hat mit der Erfüllung des gesetzlich verankerten öffentlichen Auftrags der Versorgung der regionalen Wirtschaft mit Krediten nichts mehr zu tun“, kommentierte Jasny. Für ihn entsteht der Eindruck, „dass sich manche Sparkassen mehr auf den Wertpapierhandel konzentrieren als auf das Kreditgeschäft mit regionalen Kunden. Die Filialschließungen vielerorts passen hier ins Bild.“
Manche Sparkassen legen den Studienerkenntnissen zufolge die Kundengelder mittlerweile in spekulativen Anlageformen an. 43 Sparkassen investieren mehr als 15 Prozent ihrer Bilanzsumme in Aktien und andere nicht festverzinslichen Wertpapiere. 13 Sparkassen haben sogar mehr als 20 Prozent in „riskanten“ Anlagen angelegt. Absoluter Spitzenreiter bei den Spekulationsgeschäften ist laut Studie die Verbandssparkasse Goch-Kevelaer-Weeze, die rein rechnerisch die gesamten Spareinlagen in Aktien und anderen festverzinslichen Wertpapieren deponiert und dieses Geld von externen Asset Managern verwalten lässt. „Diese Sparkassen bewegen sich auf gefährlichem Terrain. Ohne die Erträge aus den fremdgemanagten spekulativen Wertpapieranlagen müsste jede achte Sparkasse in Deutschland einen Verlust ausweisen“, so Professor Dr. Ralf Jasny. Und weiter: „Es handelt sich dabei um ein Strukturproblem einzelner Sparkassen, das das ursprüngliche Geschäftsmodell der Sparkassen vielerorts infrage stellt.“

Die Gründe für diese übermäßige Spekulationsneigung konnten die Studienautoren weder im aktuellen Niedrigzinsumfeld noch in der absoluten Größe der einzelnen Sparkassen oder an sonstigen betrieblichen Faktoren ausmachen. „Die Gründe müssen in den sogenannten ‚soften‘ Faktoren liegen, wie Wissen, Erfahrung, Motivation und Kompetenzen des Vorstands und des Verwaltungsrats; zudem zeigt sich, dass die Kontrollgremien die Nichterfüllung des öffentlichen Auftrags tolerieren – wobei die Verwaltungsräte der Sparkassen oftmals mit Bürgermeistern und Landräten besetzt sind“, so Jasny. „Die Neuausrichtung des Geschäftsmodells der Sparkassen muss schnell vorangetrieben werden und die Verwaltungsräte müssen den Veränderungsprozess mittragen“, bekräftigt Marc Letzing, Geschäftsführer von Metamorf Business Consulting.
portfolio institutionell newsflash 29.08.2016/Kerstin Bendix

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