Traditionelle Anlagen
18. September 2013

Staatsanleihen unter der ESG-Lupe

Der globale Markt für Staatsanleihen umfasst ein gigantisches Volumen von 47 Billionen Dollar. Nachhaltigkeitskriterien können Investoren mehr Orientierung geben.

Institutionelle Investoren, die ihr Geld möglichst sicher anlegen wollten, griffen in der Vergangenheit bevorzugt auf Staatsanleihen von Industrienationen zurück. Das Angebot war und ist riesig; allerdings gilt es nach dem vor wenigen Jahren noch undenkbaren Schuldenschnitt für griechische Staatsanleihen mehr denn je, die Spreu vom Weizen zu trennen. Denn den Nimbus eines sicheren Hafens haben viele der Staatsanleihen längst verloren. 
Ein aktuelles Arbeitspapier der Investoreninitiative UN PRI versucht, eine Verbindung herzustellen zwischen Nachhaltigkeitsfaktoren auf der einen Seite und der Kreditwürdigkeit einzelner Nationen beziehungsweise Bonitätsrisiken von Staatsanleihen auf der anderen. Die dafür zuständigen Vordenker stammen aus der vor zwei Jahren gegründeten Fixed Income Working Group der UN PRI, die aus 33 Pensionsfonds, Investment Managern und anderen Signatoren der PRI besteht. Insgesamt haben bislang rund 1.200 Investoren, Asset Manager und Beratungshäuser die UN PRI unterzeichnet. Was die auf Fixed Income konzentrierten Autoren betrifft, sie wollen mit ihrer Arbeit unter Investoren für ein besseres Verständnis der Risiken sorgen, die mit der Asset-Klasse „Staatsanleihen“ einhergehen. Außerdem beleuchten sie die Implikationen, die die Nachhaltigkeitsfaktoren (Environmental, Social und Corporate Governance Issues – kurz: ESG) auf die Performance haben. Im Zentrum der Überlegungen steht die Idee, inwieweit durch die Analyse von ESG-Faktoren potenzielle Risiken reduziert und Renditen gesteigert werden können. 
Zusammengefasst in wenigen Worten zeigt die Analyse, dass Nachhaltigkeitsfaktoren nicht nur mit Bondsrenditen korrelieren, sondern auch mit Credit Ratings und damit letztlich auch der Investment-Performance. Gleichwohl weisen die Studienmacher darauf hin, dass der Markt als Ganzes bislang daran scheitert, wesentliche Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Analyse von Staatsanleihen zu berücksichtigen, obwohl es unzählige Beweise für ihr Gewicht gebe. 
Zu den wesentlichen Erkenntnissen der Analyse zählen folgende Punkte: Die Analyse von Nachhaltigkeitsfaktoren ermöglicht es Anlegern, einen besseren Einblick in die Kreditrisiken von Ländern zu gewinnen. Die Autoren verweisen auf zahlreiche Studien, die bereits auf Zusammenhänge zwischen ESG-Faktoren und Kreditrisiken hingewiesen haben. Weiter heißt es, Staatsanleihen von Emittenten mit vergleichsweise ausgeprägter Nachhaltigkeit haben sich in der jüngsten Finanzkrise besser entwickelt als Anleihen weniger nachhaltig agierender Nationen. Wie dem Arbeitspapier weiter zu entnehmen ist, verlangen Investoren von den großen Rating-Agenturen, Nachhaltigkeitskriterien in ihrer Analyse einfließen zu lassen. 
James Gifford, Executive Director der PRI, erläutert die Untersuchung mit den Worten: „ESG-Kriterien fließen in wachsendem Maße in die Analyse von Aktien ein.“ Bei der Analyse festverzinslicher Wertpapiere sei das bislang nur in wenigen Häusern der Fall, so Gifford, der zugleich betont: „Aufgrund der schwankungsreichen Märkte während der Eurokrise greifen institutionelle Investoren heute bei der Analyse ihrer Staatsanleihenportfolios auch auf Nachhaltigkeitsfaktoren zurück. Daneben kämen ESG-Faktoren nun bei der Asset-Manager-Selektion zum Tragen. „Im Hinblick auf die schiere Größe des Marktes für Staatsanleihen und überwältigenden Beweise dafür, dass sich Nachhaltigkeitsfaktoren sowohl in der Kreditwürdigkeit als auch in der Investment-Performance widerspiegeln“, bestehe die Aufgabe nun darin, zu handeln.
Florian Sommer, Senior Stratege bei Union Investment, ergänzt: „ESG-Faktoren beeinflussen die wirtschaftliche Entwicklung von Nationen.“ Er kritisiert: „Das Investment-Research scheitert in der Gegenwart bislang weitgehend darin, eine Verknüpfung zwischen ESG und Kreditrisiko herzustellen“, obwohl es wachsende Beweise für einen Zusammenhang gebe. 
portfolio institutionell newsflash 18.09.2013/Tobias Bürger
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