Stiftungen
20. April 2016

Stiftungsfonds auf Tauglichkeit geprüft

Stiftungsfonds sind beliebt und erfüllen grundsätzlich ihren Zweck. Allerdings muss bei der Auswahl genau hingeschaut werden. Die Unterschiede sind durchaus beträchtlich, wie eine neue Studie zeigt.

Der Gründungsboom von Stiftungen ist in Deutschland ungebrochen. Im vergangenen Jahr gab es nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen insgesamt 583 Neugründungen und nur 65 Schließungen. Damit stieg die Zahl der Stiftungen bürgerlichen Rechts auf stolze 21.300 mit einem Gesamtvermögen von rund 100 Milliarden Euro. Für soziale Zwecke, Forschung oder Bildung werden jährlich rund 17 Milliarden Euro bereitgestellt – etwa fünf Milliarden Euro stammen aus Vermögenserträgen. Doch wie lange ist das noch möglich – in Zeiten, in denen es den risikolosen Zins nicht mehr gibt? Gerade kleineren Stiftungen fällt es im anhaltenden Niedrigzinsumfeld immer schwerer, ausreichend Erträge aus ihrem Vermögen nach Abzug sämtlicher Verwaltungskosten zu erzielen. Einen Ausweg aus der Ertragsfalle versuchen Anbieter von Stiftungsfonds zu liefern. Doch sind sie tatsächlich ein adäquates Mittel für Stiftungen, um hier gegenzusteuern? Dieser Frage gingen PC Portfolio Consulting und die Performance IMC Vermögensverwaltung in der dritten Ausgabe des Stiftungsfondsberichts 2016 nach. Ein klares Ja oder Nein als Antwort können die Studienmacher jedoch nicht liefern. Denn die Anlageschwerpunkte der 42 analysierten Stiftungsfonds, die Ende 2015 zusammen über ein Anlagevolumen von 9,34 Milliarden Euro verfügten, sind nach wie vor heterogen.
Wie aus dem Bericht hervorgeht, handelt es sich überwiegend um Mischfonds, die mithilfe einer aktiven Steuerung der Aktienquote stetige Wertzuwächse anstreben, dabei aber unterschiedlich risikoreich agieren. Neben zwei reinen Immobilienfonds setzen 67 Prozent der Stiftungsfonds auf eine Strategie, die mit der KIID-Klasse 3 bewertet wird, also in der Regel stärker auf schwankungsarme Anleihen setzt. 29 Prozent entsprechen einer KIID-Klassifizierung von 4, was auf eine relativ ausgewogene Mischung von Aktien und Anleihen schließen lässt. Als äußerst heterogen erweisen sich auch die Kosten der einzelnen Stiftungsfonds. Die Spanne der jährlichen Gesamtkostenquote reicht von 0,54 bis 3,39 Prozent. Im Vergleich zur Vorjahresuntersuchung hat sich daran kaum etwas verändert. Damals lag die Spanne zwischen 0,51 und 3,99 Prozent.
Gemeinsam ist allen Stiftungsfonds wiederum, dass sie grundsätzlich Ertragsausschüttungen anstreben. Nur gelingt dies nicht allen. Wie aus dem Stiftungsfondsbericht hervorgeht, lag die Ausschüttungsrendite 2015 im Schnitt bei 1,73 Prozent. Mit 4,8 Prozent war der Merck Finck Stiftungsfonds der beste. Sieben der 42 untersuchten Produkte brachten hingegen keinen Erfolg, deren Ausschüttungsrenditen lag bei null. Daraus sollte jedoch kein voreiliger Schluss gezogen werden. So merken die Studienmacher an, dass manche Stiftungsfonds statt hoher Ausschüttungen eine „überdurchschnittliche Wertentwicklung“ lieferten, „die einen wertvollen Beitrag zu einer langfristigen Anlagestrategie leisten kann und damit dem Erhalt des Stiftungskapital dient“.     
Langfristig schlechter als die Benchmark
Um nun die Leistung und die Wertentwicklung der Stiftungsfonds zu analysieren, hat PC Portfolio Consulting einen Index entwickelt, der die Performance der in Deutschland zum Vertrieb zugelassenen Stiftungsfonds gleichgewichtet zusammenfasst. Zudem wurde zum Vergleich ein Index aus internationalen Aktien des MSCI World und deutschen Staatsanleihen berechnet – angepasst an die Risikoausrichtung der zugrundeliegenden Fonds. Das Ergebnis: Der Stiftungsfondsindex erzielte seit Januar 2003 kumuliert eine Performance von 4,48 Prozent pro Jahr. Dieser Wert liegt über der Inflation, bleibt aber deutlich hinter der Performance des Vergleichsindexes zurück (9,13 Prozent pro Jahr). Allerdings weisen die Studienautoren darauf hin, dass „im volatilen Verlauf des Jahres 2015 das aktive Fondsmanagement Boden gut machen und auf Zwölf-Monats-Sicht die passive Benchmark übertreffen“ konnte. Die Stiftungsfonds legten 2015 um 1,52 Prozent zu, während der Vergleichsindex praktisch keinen Wertzuwachs verzeichnete.
Ohne einen genaueren Blick auf die einzelnen Produkte sollte man dieses Ergebnis jedoch nicht stehen lassen. Denn die 42 untersuchten Fonds meisterten das herausfordernde Umfeld 2015 unterschiedlich gut: Mit einer Performance von mehr als zwei Prozent warteten 15 Stiftungsfonds auf; weitere zehn lagen zwischen 0,5 und zwei Prozent. Bei 15 Stiftungsfonds fiel die Performance geringer als 0,5 Prozent aus. „Eine gezielte Auswahl der besten Produkte, das sogenannte Fonds-Picking, erscheint vor diesem Hintergrund besonders empfehlenswert“, erklären die Studienmacher. Auch im Vergleich zum deutschen Staatsanleihenmarkt, gemessen im Rexp, konnte die Gesamtheit der Stiftungsfonds zumindest langfristig nicht überzeugen. Hier war mit geringerer Schwankungsanfälligkeit über 13 Jahre eine Rendite von 5,64 Prozent pro Jahr erzielbar, was einer Outperformance gegen über dem Stiftungsfondsindex von 1,16 Prozent entspricht.

Allein aus diesen Zahlen müsste man die Frage, ob Stiftungsfonds nun ein adäquates Mittel in der Vermögensverwaltung von Stiftungen sind, mit Nein beantworten. Ein solch pauschales Urteil würde dem Sektor jedoch nicht ganz gerecht. „Aus Anlageperspektive von Stiftungen erfüllen Stiftungsfonds vor dem Hintergrund der sich abflachenden Zinskurve in den letzten drei Jahren grundsätzlich ihren Zweck: Die Fonds im Stiftungsfondsindex brachten auf drei Jahre eine Performance von 3,56 Prozent pro Jahr und damit eine erheblich höhere Rendite als eine Geldmarktanlage im gleichen Zeitraum“, schreibt PC Portfolio Consulting in seinem Bericht. Das gilt auch über einen längeren Zeitraum. Mit Drei-Monats-Einlagen ließ sich über die vergangenen 13 Jahre nur eine Gesamtrendite von 1,99 Prozent pro Jahr erzielen. Dieses deutlich bessere Ergebnis als der Geldmarkt erzielten die Stiftungsfonds ohne allzu große Wertschwankungen. „Mit einem maximalen Verlust von minus 5,16 Prozent liefert der Stiftungsfondsindex ein für viele Stiftungen akzeptables Ergebnis. Ein breites Investment in Stiftungsfonds hätte also selbst im schwierigen letzten Jahr zu keinen extremen Schwankungen im Depot geführt“, heißt es in dem Bericht. Nur zwei der 34 Stiftungsfonds, die über einen Zeitraum von drei Jahre analysierbar sind, brachten es auf zweistellige Maximum Drawdowns (-10,1 und -10,57 Prozent).
Auch ein genauerer Blick auf die Stiftungsfonds der KIID-Risikoklassen 3 und 4 bestätigte das Bild. Die Größe der Wertschwankung nimmt erwartungsgemäß mit der Aktienquote zu, größere Verluste sind damit jedoch nicht unbedingt verbunden. Die fünf Top-Performer der Risikoklasse 3 erzielten in den vergangenen drei Jahren eine annualisierte Rendite zwischen 4,27 und 5,21 Prozent bei maximalen Verlusten zwischen 6,77 und 4,29 Prozent. Der Stiftungsfonds „FOS Rendite und Nachhaltigkeit“ – einer der Top Fünf – brachte es auf eine Sharpe Ratio von 1,03. Auch in der Risikoklasse 4 findet sich unter den fünf Top-Performern ein Fonds mit einer Sharpe Rartio größer eins, und zwar der Fonds für Stiftungen von Invesco. Seine annualisierte Rendite lag in den vergangenen drei Jahren bei 7,79 Prozent bei einem Maximum Drawdown von 7,54 Prozent. Die anderen vier Top-Performer der Risikoklasse 4 kamen auf eine annualisierte Rendite zwischen 5,32 und 5,70 Prozent. Die maximalen Verluste reichten von 9,15 bis 5,88 Prozent.
„Die vorliegende Analyse zeigt, dass es eine Vielzahl erfolgreicher Stiftungsfonds gibt, aber nicht jeder die Erwartungen erfüllt. Eine fachkundige Auswahl nach der passenden Strategie, über Performance und Risiken bis hin zu den Kosten ist nötig“, resümiert Thomas Schenken, Geschäftsführer von PC Portfolio Consulting, der sich gemeinsam mit Dr. Sezar Aydogan von Performance ICM Vermögensverwaltung, für den Bericht verantwortlich zeigt. „Der Name Stiftungsfonds ist noch kein Garant für ein stiftungsgeeignetes Investment, aber die am Volumenzuwachs ablesbare hohe Nachfrage unterstreicht die steigende Bedeutung dieser Anlageform“, heißt es im Fazit der Studie weiter. Während im ersten Stiftungsfondsbericht 2013 das Volumen noch bei 4,9 Milliarden Euro lag und 2014 auf 6,87 Milliarden Euro stieg, sind es inzwischen fast zehn Milliarden Euro. Die Volumina der einzelnen Stiftungsfonds weisen dabei eine große Spannbreite auf, sie reicht von unter zehn Millionen Euro bis weit über eine Milliarde Euro. Mit 1,64 Milliarden Euro ist der DWS Stiftungsfonds derzeit der größte seiner Art, knapp gefolgt vom Deka Stiftungen Balance mit 1,44 Milliarden Euro. Diese beiden Fonds gehören mit einem Track Record von 13 beziehungsweise zwölf Jahren zugleich zu den ältesten Stiftungsfonds. PC Portfolio Consulting geht davon aus, dass diese Fonds noch weiter wachsen werden und die Zahl der angebotenen Produkte weiter steigt. „Im Prinzip unterscheiden sich aber viele Fonds, die den Begriff ‚Stiftung‘ im Namen tragen, kaum von normalen Investmentfonds und bringen weitgehend die gleichen Chancen und Risiken mit“, merken die Studienautoren an.
Zwei Stiftungen mit einhelliger Meinung zu Stiftungsfonds
Ob die als Stiftungsfonds vertriebenen Produkte weiterhin Zulauf von Stiftungen bekommen, wird die Zukunft zeigen. Eines ist jedoch heute schon klar: Eine Reihe von Stiftungen verzichten ganz bewusst auf Stiftungsfonds – und das sind nicht nur die ganz großen ihrer Zunft. Zu den Ablehnern gehört unter anderem Bernolph Freiherr von Gemmingen-Guttenberg. In einem begleitend zur Studie durchgeführten Interview mit PC Portfolio Consulting sagte der Vorstand der 250 Jahre alten Cronstett- und Hynspergischen evangelischen Stiftung: „Wir investieren nicht in Fonds, weil sie Geld kosten und meiner Ansicht nach die Kosten für ein aktives Fondsmanagement langfristig nicht durch eine Zusatz-Performance ausgeglichen werden. Ich kaufe lieber eine beschränkte Anzahl von Einzeltiteln, bei denen ich das Geschäftsmodell des Unternehmens verstehe und sie lange im Depot liegen lassen kann.“ Das Vermögen seiner Stiftung besteht hauptsächlich aus Immobilien. Ein Teil des Liquiditätspolsters – das maximal 30 Prozent des Gesamtvermögens ausmacht – ist aufgrund des Zinsumfeldes in Industrieanleihen und vor allem Aktien angelegt. „Über die Dividendenrenditen erreichen wir im heutigen Umfeld noch eine ordentliche Verzinsung“, so von Gemmingen-Guttenberg.
Mit dieser Auffassung steht er nicht allein: Auch die Dr. Marschner Stiftung ist mit rund 90 Prozent ihres Vermögens in Immobilien investiert – hauptsächlich in Frankfurt. Das restliche Vermögen ist in Aktien angelegt. Anleihen gehören nicht zum Investmentuniversum. Stiftungsfonds sind für den Vorstand der Stiftung, Peter Gatzemeier, nicht interessant. „Unsere Immobilien bringen eine relativ sichere Rendite um die fünf Prozent, und das müsste uns ein Stiftungsfonds letztendlich netto bieten können, damit er interessant ist“, erklärte er im Interview mit PC Consulting. Der Stiftungsfondsbericht hat aber eben gezeigt, dass sie das nicht können. Das dürfte Gatzemeier in seiner Sicht, auch bei Aktienanlagen auf Fonds zu verzichten, nochmals bestätigen. Diese seien ihm zu teuer. „Wir haben einen Vermögensverwalter, der unser Aktienportfolio managt, hier gibt es weniger versteckte Kosten, die viele Fonds enthalten“, so Gatzemeier.

Den vollständige Stiftungsfondsbericht 2016 können Stiftungen und Vertreter von Stiftungen kostenlos bei PC Portfolio Consulting beziehen.     
portfolio institutionell newsflash 20.04.2016/Kerstin Bendix

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