Versicherungen
3. Mai 2013

Versicherer in der Zinsfalle

Die Niedrigzinssituation führt bei den Lebensversicherern zu steigenden Buchgewinnen und bei den aktuellen Ablaufleistungen zu höheren Renditen – das kann so nicht bleiben, ergab eine Studie zu den jüngsten Ablaufleistungen.

Steigende Ablaufleistungen für jetzt fällige Verträge hat die aktuelle Analyse der Jahre 2002 bis 2013 des Branchendienstes Map-Report (Nr. 826-829) ermittelt. Danach können Versicherte, deren Vertrag in diesem Jahr fällig wird, nach zwölf Jahren Laufzeit und 1.200 Euro Jahresbeitrag im Durchschnitt mit einer Beitragsrendite von 3,29 Prozent rechnen, nach 20 Laufzeit mit 4,29 Prozent und nach 30 Jahren gar mit 5,05 Prozent. Die Renditen auf die Sparanteile betragen 3,72 (zwölf Jahre), 4,86 (20 Jahre) sowie 5,69 Prozent (30 Jahre).

Diese Werte liegen höher als bei Abläufen im vergangenen Jahr. Der Hintergrund: Die Zinsen auf Anleihen sinken zwar weiter. Weil die Versicherer aber überwiegend noch Papiere mit hohen Kupons im Portfolio haben, entstehen Buchgewinne, an denen sie die Versicherten nach geltendem Recht bei Vertragsablauf zur Hälfte beteiligen müssen. Da diese Buchgewinne jedoch nicht real sind und sich vollständig auflösen, wenn die Versicherer die Papiere bis zum Ende der Laufzeit halten, findet also ein ständiger Aderlass statt, der vor allem zu Lasten derjenigen Kunden geht, deren Verträge noch nicht ablaufen und die auf langfristige Gewinne angewiesen sind. Bei anhaltender Niedrigzinssituation – und bisher spricht nichts für eine Änderung – werden die heutigen Langfristsparer also die Verlierer sein.

Hinter den Durchschnittswerten verbergen sich natürlich ganz unterschiedliche Leistungen. Deutlich besser als der Markt – wenn bei den unterschiedlichen Laufzeiten auch in unterschiedlicher Reihenfolge – performen im Wesentlichen die Anlagen bei Neue Leben, Huk Coburg, Europa, Debeka, PB Leben, Interrisk und Targo. Am unteren Ende der vom Map-Report untersuchten 30 Versicherer ist das Bild uneinheitlich.

Angesichts der absurden Situation, dass die Versicherer mehr ausschütten müssen und immer weniger Erträge erzielen, stellt sich natürlich die Frage, wie lange das so weiter gehen kann. Selbst der derzeitige Garantiezins von 1,75 Prozent gerät schon wieder unter Druck, weil der Kontrollwert von 60 Prozent des zehnjährigen Mittelwertes der Umlaufrendite von Staatspapieren, den der Garantiezins nicht überschreiten darf, mit 1,80 Prozent schon wieder in bedrohliche Nähe gerückt ist.

Die von den Versicherern beim Gesetzgeber angemahnte Änderung der hälftigen Beteiligung der Versicherten an den Buchgewinnen ist politisch blockiert. Bleiben nur andere Szenarien: Entweder sind die ersten Lebensversicherer bald pleite, oder es gelingt ihnen, beim Gesetzgeber andere Entlastungen als die Einbehaltung von Gewinnen durchzusetzen. Das könnte beispielsweise die Kappung der vierprozentigen Garantiezinsen auf Bestandsverträge aus dem Zeitraum zwischen Juli 1994 und Ende Juni 2000 sein. Offen fordern die Versicherer die Beteiligung der Kunden an den stillen Lasten.
Ebenfalls in der Diskussion ist die Einführung einer „kollektiven RfB“: Über eine Änderung der Mindestzuführungsverordnung zu Lasten der Verbraucher soll nach den Vorstellungen der Lebensversicherer aus Gewinnanteilen eine weitere Rücklage gebildet werden. Diese Gewinnanteile werden nicht an die Kunden ausgeschüttet, können vom Versicherer aber auch nicht „verfrühstückt“ werden, sondern dienen der Stärkung der Kollektivsolvabilität. Das wäre dann ungefähr so, als würden Banken einen Teil der Sparbuchzinsen einbehalten, um ihr Überleben zu sichern.

Ganz gleich, wie es kommt: In jedem Fall wäre das Vertrauen in die Lebensversicherung als Vorsorge erschüttert.

portfolio institutionell newsflash 29.04.2013/hp

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