Immobilien
7. Juni 2016

Versicherer nähern sich der Zehn-Prozent-Marke

Die deutsche Assekuranz hat ihre Immobilienquote 2015 unerwartet deutlich auf 9,3 Prozent ausgebaut. 2016 sind Zukäufe in Höhe von fast einer halben Milliarde Euro geplant – allen voran in Deutschland und in höheren Risikoklassen, wie das Trendbarometer von E&Y zeigt.

Deutsche Versicherungen wollen in diesem Jahr im Durchschnitt 417 Millionen Euro in Immobilien investieren und ihre Immobilienquote von aktuell 9,3 auf 9,8 Prozent (marktwertbasiert) erhöhen. Zu diesem Ergebnis kommt das neue Trendbarometer „Immobilienanlagen der Assekuranz 2016“ von Ernst & Young Real Estate, an dem 30 deutsche Versicherungsunternehmen teilnahmen, die für 80 Prozent aller Immobilieninvestitionen der gesamten Assekuranz stehen. Im Schnitt beläuft sich der Wert des gehaltenen Immobilienbestandes inklusive offener Kapitalzusagen auf rund 3,7 Milliarden Euro. 
Ein Blick zurück auf die Ergebnisse der Vorjahresstudie zeigt, dass die Versicherungen ihre Pläne übererfüllt haben. So gaben die Befragten 2015 an, durchschnittlich 298 Millionen Euro in Immobilien investieren und damit ihre Immobilienquote von damals 7,6 aus 8,2 Prozent erhöhen zu wollen. Das ist den meisten gelungen – und sogar deutlich darüber hinaus. „Es ist viel mehr passiert, als ursprünglich geplant war. Das hat uns überrascht“, bemerkt Dietmar Fischer, Partner bei E&Y Real Estate. Dies sei die erste signifikante Steigerung seit der ersten Erhebung des Trendbarometers im Jahr 2008. Von 2008 bis 2012 bewegte sich die Immobilienquote zwischen 6,0 und 6,6 Prozent. Danach kletterte sie allmählich auf 7,6 Prozent, bevor es im vergangenen Jahr einen kräftigen Sprung gab. Fischer ist zuversichtlich, dass sich der Trend weiter fortsetzt und die Assekuranz noch näher an die Zehn-Prozent-Marke heranrückt.     
Verdrängungswettbewerb ist spürbar
Einen Strich durch die Rechnung könnte den Plänen der Assekuranz der starke Verdrängungswettbewerb durch die zunehmende Aktivität internationaler Investoren machen, den fast alle Befragten (95 Prozent) im deutschen Immobilienmarkt verspüren. Vor allem asiatische Staatsfonds suchen nach Investments in Europa und gehen dabei verstärkt auch im „sicheren Hafen“ Deutschland auf Einkaufstour. Fischer berichtet von einem asiatischen Staatsfonds, der Investments in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro plant. Es soll dabei um ein Wohnungsportfolio gehen. Namen könne er aus Vertraulichkeitsgründen nicht nennen, weil E&Y Real Estate an dieser Transaktion beteiligt ist. Ungeachtet des zunehmenden Wettbewerbs ist und bleibt Deutschland für deutsche Versicherer die bevorzugte Zielregion für Investments. Immerhin 88 Prozent planen hierzulande Zukäufe. Eine Immobilienblase sehen zwei Drittel der Befragten in Deutschland nicht. Diese Meinung teilt auch Fischer: „Zu einer Blase gehört mehr als nur steigende Preise.“ Allerdings: Im Vorjahr waren es noch drei Viertel der Befragten, die in Deutschland keine Immobilienblase aufkommen sahen.
Der größte Teil der geplanten Investitionen soll direkt in Immobilien fließen. Im Durchschnitt soll ein Volumen von 275 Millionen Euro in Direktanlagen, vornehmlich fremdgenutzt, investiert werden. Damit bleiben Direktinvestments bei Immobilien auch weiterhin die beliebteste Anlageform für die Assekuranz. Ihre Quote im Portfolio soll von derzeit 7,3 auf 7,7 Prozent erhöht werden. Als jährliche Gesamtrendite erwarten die befragten Unternehmen für 2016 von diesen Investments netto 4,3 Prozent. Bei indirekten Investments, deren Quote von aktuell 2,0 auf 2,1 Prozent ausgebaut werden soll, liegt die Renditeerwartung um 0,6 Prozentpunkte höher, was laut Fischer auf den Leverage-Effekt zurückzuführen ist. Ein erneuter Blick zurück auf das Trendbarometer von 2015 zeigt, dass die Versicherungen ihre Renditeerwartungen an indirekte Investments leicht um 0,2 Prozentpunkte gesenkt haben. Für Fischer sind jedoch selbst die nunmehr angepeilten 4,9 Prozent „unglaublich hoch“. Mit Blick auf den bereits erwähnten Verdrängungswettbewerb wäre mit höheren Korrekturen in den erwarteten Renditen zu rechnen gewesen.  
Mehr Risikobereitschaft, aber nicht bei der Lage 
Dass sich die Renditeerwartungen kaum verändert haben, mag mit der gestiegenen Risikobereitschaft zusammenhängen, die sich in dem neuen Trendbarometer zeigt. Zwar fokussiert sich die Assekuranz nach wie vor auf sichere Immobilienanlagen in den Segmenten Core und Core+, die Gewichtung hat sich jedoch verschoben. Core+-Objekte sind für Zukäufe, die in diesem Jahr getätigt werden sollen, zur favorisierten Risikoklasse mit 74 Prozent aufgestiegen. Auch das Interesse an Value-added-Investitionen hat deutlich zugenommen. Immerhin 47 Prozent der Befragten gaben an, Zukäufe in diesem Bereich zu planen. „Das Core-Segment ist so gut wie ausverkauft. Wenn es doch Angebote gibt, dann sind diese so teuer, dass die erwartete Rendite nicht möglich ist“, erklärt Fischer die gesunkene Risikoaversion. Bei 45 Prozent stehen für 2016 sogar Investments in Projektentwicklungen auf der Agenda. Allerdings muss an dieser Stelle festgehalten werden, dass die Risikobereitschaft in Bezug auf die Objektqualität zugenommen hat, nicht in Bezug auf die Lage. Rund drei Viertel der Befragten schließen trotz des aktuellen Marktumfeldes Investitionen in B- und C-Lagen als Anlagealternative aus.    
Nicht nur an deutschen Immobilien besteht seitens der Assekuranz Nachfrage, sondern auch an europäischen Core-Immobilien außerhalb der Landesgrenzen. 63 Prozent planen hier Zukäufe. Außerdem steht für ein Drittel Nordamerika auf dem Einkaufszettel. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr, als 25 Prozent Zukäufe in dieser Region planten. Die bevorzugte Nutzungsart ist erstmals seit drei Jahren wieder Büro, hier wollen 75 Prozent im laufenden Jahr als Käufer aktiv werden. Damit ist Einzelhandel nicht mehr die beliebteste Asset-Klasse, auch wenn das Interesse nach wie vor hoch ist. 65 Prozent planen in dieser Nutzungsart Zukäufe.          
portfolio institutionell newsflash 08.06.2016/Kerstin Bendix
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