Banken
4. Juni 2014

Versicherer und Kreditinstitute warnen gemeinsam vor weiterer Zinssenkung

Zusätzliche geldpolitische Lockerungen wären gefährlich für die Spar- und Stabilitätsstruktur, sind sich der GDV und die Verbände der Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken einig. Sie fordern eine Rückkehr zum geldpolitischen Normalmodus.

Die deutschen Kreditinstitute und Versicherer sind sich einig: Der Patient Europa befindet sich inzwischen auf einem langsamen, aber fortschreitenden Kurs der Besserung. Die von vielen Ökonomen für dieses und nächstes Jahr erwartete wirtschaftliche Erholung im Euroraum spreche klar gegen weitere geldpolitische Maßnahmen. Deflationsgefahren seien nicht erkennbar. Mit Blick auf die Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am 5. Juni warnen die Spitzenverbände der Versicherungen, Sparkassen, Raiffeisen- und Volksbanken in einer gemeinsamen Erklärung vor weiteren Zinssenkungen in Europa. Zusätzliche geldpolitische Lockerungen wären gefährlich für die Spar- und Stabilitätskultur, so der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) und der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV). 
Anstatt weiterer Zinssenkungen fordern die Verbände die konsequente Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in Europa. Nur so komme die Kreditvergabe in wachstumsschwächeren Ländern wieder auf Touren. Die EZB solle sich nicht an Experimenten wie einem negativen Einlagenzins versuchen. „Ein in der EU noch nie dagewesener Strafzins würde die Kreditvergabe nicht beleben“, warnt BVR-Präsident Uwe Fröhlich. Er könne die Konditionen für Kreditnehmer sogar verschlechtern. „Die Medizin würde keine Wirkung zeigen. Die Risiken und Nebenwirkungen wären dagegen umso größer“, führt Fröhlich weiter aus. Eine Erleichterung der Refinanzierungsbedingungen für zu hoch verschuldete Staaten und Banken durch Niedrigzinsen sei nicht Aufgabe der EZB. Unwägbare Risiken sehen die Genossenschaftsbanken, Sparkassen und Versicherer auch in dem Versuch, durch geldpolitische Maßnahmen die Wechselkurse zu beeinflussen. Das gehöre ohnehin nicht zu den Aufgaben der EZB.
Leidtragende der Politik der niedrigen Zinsen sind nach Auffassung der Verbandspräsidenten vor allem die Sparer. „Die anhaltende Niedrigzinspolitik beschädigt die dringend notwendige Altersvorsorge. Sie fördert Kapitalfehlleitungen, bepreist Risiken falsch und schafft gravierende Stabilitätsgefahren“, sagt DSGV-Präsident Georg Fahrenschon. Gerade die Menschen in Deutschland legten ihr Geld traditionell sicher an und litten daher besonders unter den Niedrigzinsen.
Mit Sorge sehen die Verbände, dass die Sparquote in Deutschland zurückgeht. „Die Menschen leben immer länger, doch die gesetzliche Rente leistet immer weniger. Deshalb muss gerade die junge und mittlere Generation vermehrt privat vorsorgen“, betont GDV-Präsident Alexander Erdland. Die lockere Geldpolitik setze seines Erachtens gefährliche Fehlanreize: „Weniger Sparanstrengungen bei gleichzeitig niedrigen Zinsen reißen massive Lücken in der Altersversorgung künftiger Rentner.“ 
Rückkehr zum geldpolitischen Normalmodus 
Die drei Verbandspräsidenten fordern die EZB zu einer behutsamen Wende in der Geldpolitik auf; man solle den Krisenmodus verlassen und wieder zur Normalität zurückkehren. Zwar sei es in Zeiten der Finanzkrise richtig gewesen, die geldpolitischen Schleusen zu öffnen. „Doch je weiter wir die akute Krise hinter uns lassen, desto dringender wird es, langsam die Weichen für die Rückkehr zu einem geldpolitischen Normalzustand zu stellen, statt die Geldpolitik weiter zu lockern“, erklären die Präsidenten. 
Allzu große Hoffnungen auf die gewünschte Rückkehr zum geldpolitischen Normalmodus dürften sich die drei Verbände jedoch nicht machen. Im Markt herrscht weitgehend die Meinung, dass es am Donnerstag zu einer erneuten Zinssenkung seitens der EZB kommt. Für Swisscanto wäre alles andere als eine weitere geldpolitische Lockerungsübung sogar eine Enttäuschung. „Das schwache Wachstum der Eurozone wird die EZB veranlassen, weitere Anschubhilfen zu verabreichen“, heißt es im Swisscanto Investment Update Juni 2014. 

portfolio institutionell newsflash 04.06.2014/Kerstin Bendix
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