Versicherungen
10. September 2014

Versicherungen hängen am Tropf der Kapitalmärkte

In den Kapitalerträgen der europäischen Versicherungen hat sich die Staatsschuldenkrise bemerkbar gemacht, wie eine neue Studie von Roland Berger zeigt. Es gibt aber große Unterschiede in der Versicherungswirtschaft.

Die europäische Versicherungswirtschaft ist gut durch die Finanzkrise gekommen. Wie Roland Berger in seiner neuen Studie „Financial Performance of European Insurers“ feststellt, haben die Top-30-Versicherungen Europas in den vergangenen fünf Jahren stabile Umsätze erzielt. Gänzlich spurlos ging die Staatsschuldenkrise aber nicht an ihnen vorbei. 
Laut der Studie sank das Kapitalanlageergebnis der Top 30 zwischen 2009 und 2011 um fast 50 Prozent von 245 auf 128 Milliarden Euro. Anschließend ging es wieder bergauf. Ende 2013 lag das Kapitalanlageergebnis mit 237 Millionen Euro leicht über dem Niveau von 2010. „Die Staatschuldenkrise hat deutlich gemacht, wie stark die europäische Versicherungswirtschaft am Tropf der Kapitalmärkte hängt“, sagt Wolfgang Hach, Partner von Roland Berger. Denn Kapitalerträge werden vor allem durch die Renditen für Staatsanleihen bestimmt, wohingegen sich die Prämieneinnahmen am Bruttoinlandsprodukt orientieren. Und so erwiesen sich die Prämieneinnahmen zwischen 2009 und 2013 als weitgehend stabil. Lediglich 2011 fielen diese unter die 600-Milliarden-Grenze auf 597 Milliarden Euro. Im vergangenen Geschäftsjahr waren es 629 Milliarden Euro.   
Wie die Studienmacher von Roland Berger ferner feststellen, konnten die Top-30-Versicherer durch eine verbesserte Profitabilität das operative Ergebnis um durchschnittlich drei Prozent und das Nachsteuerergebnis um sieben Prozent steigern. Verbessert hat sich auch die Eigenkapitalrendite: Nach einem starken Rückgang 2011 auf 4,9 Prozent, lag diese Ende 2013 mit 8,5 Prozent wieder in etwa auf dem Niveau von 2009 (neun Prozent). 
Innerhalb der Versicherungswirtschaft gibt es allerdings große Unterschiede bei der Entwicklung von Umsatz, Profitabilität und Eigenkapitalrendite. Während die spezialisierten Sach- und Lebensversicherer eine hohe Profitabilität aufweisen und ihre Eigenkapitalrenditen in den vergangenen fünf Jahren um durchschnittlich zehn beziehungsweise acht Prozent pro Jahr steigern konnten, verzeichnen Versicherer mit einem breiten Produktportfolio eine geringere Profitabilität. Regional betrachtet konnten Versicherer aus Deutschland, Spanien und der Schweiz sowohl ihre Umsätze als auch die Eigenkapitalrendite überproportional steigern.
Die Studie hat darüber hinaus drei zentrale Faktoren für Wachstum ermittelt: Akquisitionen, Internationalisierung und innovative Geschäftsmodelle. „Viele Versicherer haben ihr Wachstum vor allem durch gezielte Akquisitionen oder Ausweitung ihrer internationalen Präsenz vorangetrieben“, erklärt Hach. Die größten Gewinner waren allerdings Versicherer mit innovativen Vertriebskonzepten und Produktangeboten. Sei es durch strategische Partnerschaften in wichtigen Regionen, den Einsatz von Internetplattformen oder maßgeschneiderten Angeboten. „Besonders erfolgreich entwickelten sich kleine Versicherer, die in den letzten Jahren ein globales Vertriebsnetz mit starken Partnern aufgebaut oder ihre Produkte früh online angeboten haben“, so Hach. „Diese kleinen Champions waren als einzige in der Lage, sowohl ihren Umsatz als auch ihre Eigenkapitalrendite um zweistellige jährliche Zuwachsraten zu steigern. Das zeigt: Flexibilität und Transparenz wird auch für die Versicherungsbranche immer wichtiger.“
In der Studie wurden die Jahresabschlüsse von 2008 bis 2013 der 30 größten Versicherungen Europas, die im vergangenen Jahr zusammen Bruttoprämien von 663 Milliarden Euro verbuchten, analysiert. Mit der Allianz, der Talanx und der Ergo finden sich auch drei deutsche Adressen unter den analysierten Top 30.  
portfolio institutionell newsflash 10.09.2014/Kerstin Bendix
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