3. Dezember 2015

Von Risiken und Chancen: Podiumsdiskussion portfolio masters 2015

Wie funktioniert ein ALM, wenn Garantiezins und Solvency II drücken? Warum sind welche Asset-Klassen interessant? Und welche Asset Manager sind nützlich? Viele Fragen und viele (gute) Antworten ergab die Podiumsdiskussion mit ­Investoren der Barmenia, ­Provinzial Rheinland, Verka und der Zahnradfabrik (ZF).

Ein kurzer Rückblick vor dem Jahresendspurt: Wie lief 2015 bislang?

Dieter Schorr (ZF Friedrichshafen AG): Um eine Anleihe beim Fußball zu nehmen: Gefühlt führten wir zur Jahresmitte schon 3:0. Dann schlugen die Treffer von Griechenland, China und vom Dieselgate ein. Der Oktober brachte unserem Portfolio aber eine Recovery. Das stimmt für die restlichen Wochen optimistisch.

Hat sich denn aktives Management gelohnt? Konnten sich Ihre Asset Manager vom ­Verlauf der Indizes freilaufen?

Schorr: Beim Stand von 3:0 lagen unsere Asset Manager mehr oder weniger hinter der Benchmark, beim Stand von 3:3 aber deutlich vor der Benchmark, so dass insgesamt eine deutliche Outperformance zu Buche steht. Es ist typisch für unsere Mandate, dass diese Aufwärtsphasen des Marktes nicht voll mitgehen, sich Abwärtsphasen des Marktes aber einigermaßen entziehen. Die aktive Rendite über alle Mandate hinweg sieht auch nach Kosten gut aus.     

Dr. Anton Buchhart (Barmenia): Das Anlagejahr war im Großen und Ganzen okay. Wir sind, wie wahrscheinlich viele Marktteilnehmer, von dem heftigen Zinsanstieg im April und Mai überrascht worden. Für uns als ein auf Fixed Income orientierter Anleger war das ein sehr relevantes Thema. Als strategischer Investor machen wir keine Prognosen zum weiteren Verlauf oder zu Aktienkursen. Aus meiner Sicht sind Aktien aber im Vergleich zu Anleihen sehr günstig. Für das Restjahr wäre ich für Aktien also nicht allzu pessimistisch.

Eine Erhöhung der Aktienquote steht aber trotzdem nicht zur Debatte?

Buchhart: Nein. Wir haben ­entsprechende Budgets und Allokationen. Wir laufen dem Markt nicht hinterher. Die Allokationsquoten werden taktisch nur leicht an Volatilitäten und Bewertungen angepasst. Prognosen spielen bei uns keine Rolle. Wir sind also ein eher defensiver Investor.

Christian Schick (Provinzial Rheinland): Dem kann ich eigentlich nur beipflichten. Es wird einer Versicherung nicht gerade leichtgemacht, ­vernünftige Aktienquoten aufzubauen. Wir kommen nun aber zunehmend auf eine im Portfolio­kontext vernünftige Quote.
Zur Aktiv-passiv-Debatte: Auch wenn ich weiß, dass insgesamt aktives Management nach Kosten nicht ­erfolgreich sein kann, ­befürworte ich einen aktiven Investmentstil, weil viele Manager es doch schaffen, Alpha zu generieren. Wenn die Märkte fallen, ist ein passiver Investor zwangsläufig dabei. Ein ­aktiver Investor hat aber zumindest eine Chance, sich der Talfahrt zu entziehen.

Wird die Assekuranz mehr Aktien halten?

Schick: Kaum einer in der Branche hat mehr Aktien als vernünftig wäre. Die meisten bewegen sich, wenn überhaupt, gerade erst in Richtung einer vernünftigen Aktienquote. Das hat regulatorische, historische und innerhalb der Unternehmen liegende Gründe. Bezüglich Aktien ist der Wohlfühlfaktor nicht sonderlich ausgeprägt. Schlechte Erfahrungen bleiben eben deutlich länger im Gedächtnis.

Ewald Stephan (Verka): Tore fallen oft erst in der Schlussphase. Darum möchte ich für das ­Gesamtjahr noch keine Bewertung abgeben. Über unsere Asset-Liability-Management-Modellierungen wissen wir aber schon, dass wir unsere Anforderung, einen Rech­nungszins von 3,3 Prozent zu erzielen, ­erfüllen werden.
Unsere Aktienquote liegt bei fünf ­Prozent. Wenn es schlecht läuft, können wir diese Quote gut abfedern. Mehr als fünf Prozent Aktien würde uns aus Risikokapital-Gesichtspunkten schwerfallen. Wie für meine ­Vorredner ist auch für uns ­eine defensive Ausrichtung wichtig.(portfolio masters 2015: Hier gelangen Sie zur Bildergalerie dieser Veranstaltung.) 

Zum Dieselgate-Gegentreffer: Die Verka und die Barmenia haben sich auch über die UN PRI dem Nachhaltigkeitsgedanken verschrieben. Kann man den Betrug so interpretieren, dass Corporate Governance wichtiger als Soziales­ und Ökologie ist?

Buchhart: Nein, das sind gleich­gewichtete Kriterien. Was man an diesem Fall sieht, ist, dass Nachhaltigkeit eine Art Risiko­management impliziert. Diese Kriterien ­helfen, wenn auch nicht immer, von solchen Überraschungen verschont zu bleiben. Das ist auch ein Grund, warum sich die Barmenia der Nachhaltigkeit verpflichtet hat.

Stephan: Von dieser Hiobsbotschaft wurden wir überrascht. Vergangenes Jahr hatten wir Volkswagen besucht und waren von ­deren Nachhaltigkeitsansatz überzeugt. Wir haben uns aber nach dieser Nachricht entschieden, bis auf Weiteres nicht in VW-Aktien zu investieren, das Unternehmen auf die Watchlist zu setzen und erst einmal die Aufräum­arbeiten bei Volkswagen abzuwarten. Ein wichtiges Ereignis war auch die Erleichterung für Infrastrukturinvestments gemäß Solvency II. Ist Solvency II nun rundum zu begrüßen?
Buchhart: Die Diskussionen um Infrastrukturinvestments und Eigenkapital-Hinterlegungen in dieser Intensität und diesem Umfang habe ich nie verstanden. Die Infrastrukturquote liegt bei Versicherungen nicht einmal bei einem halben Prozent. Die Senkung­ der Anforderungen von 49 auf 30 Prozent ist schön, hat insgesamt aber keine große Bedeutung. Wir investieren schon seit einiger Zeit in Renewables und öffentliche Infrastruktur und liegen deutlich über dem Branchendurchschnitt. Wenn man mit Infrastruktur Geld verdienen will, muss man auch ein Equity- und Illiquiditätsrisiko eingehen. Von daher ist der aktuelle Stressfaktor auch gerechtfertigt.  
Aus unserer Sicht hätten andere Solvency-­II-Aspekte mehr Relevanz. Beispielsweise sehen­ wir bei Immobilien deutlich, dass wir bei unseren Strategien nicht annähernd Risiken haben, die die Eigenmittel-Unterlegung von Immobilien rechtfertigen. Das werden wir auch in den Assessments thematisieren.
 
Wie sieht die Provinzial Rheinland ­Infrastruktur und Solvency II?

Schick: Die Definition von Infrastruktur ist auch nicht eindeutig. Wir könnten in ­unserem Portfolio einige Assets als Infrastruktur markieren, welche wir schon einige Jahre vor der Infrastrukturmode gekauft ­haben. Möglicherweise wäre es aus Solvency-II-Sicht schlauer, manches nicht als Infrastruktur zu bezeichnen.
Bei unseren ersten Schritten kommen zunächst nur eigenkapitalähnliche Investments infrage. Fremdkapital macht meines Erachtens aus Renditegesichtspunkten aktuell wenig Sinn. Außerdem handelt es sich um sehr illiquide und individuelle Assets, so dass der Arbeitsaufwand auch nicht zu unterschätzen ist.
Volkswirtschaftlich ist zudem zu hinterfragen, warum der Staat nicht selbst viel günstiger für die Finanzierung aufkommt. Der Aufwand spielt auch auf der ­Eigenkapitalschiene eine wesentliche Rolle.
Größenbedingt können wir das Einzelprojektmanagement nicht selbst stemmen. Aber auch beim Outsourcing müssen wir die für eine Controllerfunktion nötige Expertise intern aufbauen, um zu erkennen, ob das zu uns passt und ob die Manager das machen, was sie uns versprochen haben. Von daher sind für uns zurzeit nur Private Equity und ähnliche Infrastrukturinvestments in noch geringem Ausmaß relevant.

Was Eigenkapital nach Solvency II richtig ­teuer macht, sind die geschrumpften Rendite­erwartungen. Ist denn in Ihren Organisationen das große Ziel, die Rendite zu steigern oder die Verbindlichkeiten zu senken?

Stephan: Wir orientieren uns an einem ALM-Ansatz, der sich auf die Gesamt­entwicklung bezieht. Unser Fokus liegt also ­sowohl auf der Aktiv- als auch auf der ­Passivseite. Auf der Aktivseite sind wir dabei, die ­Duration zu verlängern, um den Mismatch zu den Verbindlichkeiten zu reduzieren. Auf der Aktiv­seite haben wir eine Duration­ von neun bis zehn, auf der Passivseite von 32 Jahren. Zur Durationsverlängerung auf der ­Aktivseite passen uns auch ­illiquide Anlagen recht gut. An Infrastruktur haben wir 2,5 Prozent.     
Da wir ein Gegenseitigkeitsverein sind, ist unseren Kirchen bewusst, dass sie nicht nur Versicherungsnehmer, sondern auch Mitglieder sind und somit eventuelle Verluste­ zu tragen haben. Wenn wir auf der Aktivseite den Rechnungszins dauerhaft nicht erwirtschaften, müssen die Mitglieder im Verlustfall, nachdem das Eigenkapital aufgebraucht ist, die Kassen wieder auffüllen, um Leistungskürzungen zu vermeiden.
Das wollen sie natürlich nicht. Darum machte es auch für die Mitglieder Sinn, den Rechnungszins zu senken. Den Rechnungszins von im Schnitt 3,3 Prozent senkten wir für die Anwärter auf 0,5 und für die Rentner auf 1,25 Prozent.
Geholfen hat uns, dass wir unseren ­Mitgliedern verdeutlichen können, dass sich für sie eigentlich im Ergebnis nicht viel ­ändert, da sie jetzt mehr an Überschussbeteiligungen partizipieren. Statt einer höheren Deckungsrückstellung haben die Mitglieder nun eine zusätzliche Rückstellung für ­Beitragsrückerstattung (RfB). Wir haben den Vorteil, keine Zinszusatzreserve aufbauen zu müssen.

Wohin entwickelt sich der Garantiezins bei der Barmenia? Und wie schnell entwickelt er sich dahin?

Buchhart: Wegen des Neugeschäfts sinkt der Garantiezins im Durchschnitt des ­Bestands natürlich. Wir wachsen ­etwas ­stärker als die Branche. Glücklicherweise sinkt der Garantiezins schneller als die Nettoverzinsung auf der Asset-Seite.
In der Lebensversicherung ist die Situation relativ eng. Wir müssen einen hart garantierten Rechnungszins verdienen. In der Krankenversicherung haben wir die Möglichkeit, laut Kalkulationsverordnung die Tarifbeiträge anzupassen, was wir natürlich nicht wollen. Von daher ist Kranken mit Leben vergleichbar, wobei in der Kranken die Duration sogar etwas länger als in der Leben ist. Wir sind überzeugt davon, dass die Kapitalanlage zur langfristigen Beitragsstabilität einen ­Beitrag leistet. Im Sachbereich haben wir dagegen fast keine langlaufenden Liabilities.

Wie ist die Situation bei der Provinzial?

Schick: Unsere Garantieverzinsung eröffnet uns eine relativ gute Ausgangsposition, da wir im Branchenvergleich vergleichsweise wenig Vierprozenter haben. Auch aus Sicht der Kapitalanlage ist die Entwicklung so, dass wir uns relativ sicher fühlen, über die nächsten Jahre das Versprochene und noch etwas mehr erwirtschaften zu können.
Leichter wird es aber nicht. Nicht nur wegen der Zinsen, sondern auch weil Solvency II dann nicht mehr abstrakt, sondern konkret ist. Wir merken nun, wie Solvency II in die strategische Allokation eingreift und zur Restriktion reift. Wir müssen nun potenziellen Mehrertrag mit Solvency-Kapital aufwiegen. Bei der Duration würde es im aktuellen Zinsumfeld meiner Ansicht nach ökonomisch Sinn machen, nach unten abzuweichen. Das würde Solvency II aber bestrafen.

Wie frei kann man denn noch agieren? Ist noch Platz für Opportunitäten?

Schick: Solvency II wirkt sich auf strate­gische Möglichkeiten aus. Anlageentscheidungen müssen nun viel intensiver mit ­Aspekten wie beispielsweise dem Storno­risiko abgewogen werden. Entscheidungen sind nun langwieriger. Das hat strategisch ­eine sehr hohe Relevanz.   

Stephan: Wir schauen natürlich immer auch auf Chancen. Grundsätzlich orientiere ich mich aber an einem ALM-Ansatz und fahre diesen auch konsequent. Damit sind mir jegliche Opportunitäten zunächst egal.
Kurzfristige Ertragschancen nimmt jeder gerne mit. Diese haben aber auch eine Downside. Als Kapitalanleger muss ich die jederzeitige Erfüllbarkeit der Versicherungspflichten sicherstellen. Wenn ich in einem Vertrag eine Verpflichtung über 30 Jahre abschließe, muss ich idealerweise eine 30-jährige Staatsanleihe oder Ähnliches suchen, die mir genau die Zinsanforderung bedeckt, die ich eingegangen bin. Die Krux ist, dass in der Ver­sicherungsbranche den Außendienstlern eine­ 3,5 nicht reicht und man dann anfängt zu versuchen, Opportunitäten mitzunehmen und dafür hohe Risiken in Kauf nimmt. Das ging leider oft in die Hose. Bislang zahlte sich ein konsequenter ALM-Ansatz immer aus. Die ein oder andere kleine Opportunität gehen wir auch ein. Am Ende sind unsere Kirchen zufrieden, wenn wir die ­versprochene Zielrendite erwirtschaften.

Wie wäre ein ALM plus einem Risikobudget?

Stephan: Das ist das, was wir machen. Unser Risikobudget gibt mir zurzeit die Möglichkeit, je fünf Prozent in Aktien und Immobilien und drei Prozent in Infrastruktur zu investieren.

Buchhart: Herr Stephan hat völlig recht. Letztendlich muss man die Zielsetzung ­sehen. In der Lebensversicherung ist die Zielsetzung, ein langfristiges Renditeversprechen zu erfüllen. Sehr interessant ist für mich, dass in der Lebensversicherung immer die Rendite betont wird, dass Lebensversicherungen immer als Investment verkauft werden. Wenn man als Ablaufleistung statt 50.000 vielleicht 53.000 Euro bekommt, ist das schön. Viel wichtiger ist aber: Wenn man nur ein Jahr länger lebt als gedacht, helfen 3.000 Euro mehr ziemlich wenig. Eine Lebens­versicherung oder eine Pensionseinrichtung garantiert eine Rente bis zum Tod. Wenn man sehr alt wird, spielen in der ­Verzinsung ein paar Basispunkte mehr oder weniger keine Rolle. Bei Opportunitäten geht man aber Risiken ein, um etwas zu erreichen, was in einem langen Kontext relativ egal ist. Das Risiko ist nicht, ob ich ein paar Aktien mehr oder weniger kaufe, sondern ob die Leute im Kollektiv länger leben als gedacht. Um diese lebenslange Rente auch auszahlen zu können, muss die Zielsetzung darin liegen, stabile Erträge zu erwirtschaften.

Welche Assets sind für die ALM-Berechnung der Stabilitätsanker? Ist das immer noch der risikolose Zins? Oder auch Core-Immobilien oder Unternehmensanleihen guter Bonität?

Schorr: Wir rechnen im Dezember unsere­ Yield to Worst aus und nehmen diese dann als Puffer für das ALM, das wir im Januar verabschieden. Das Risikobudget schrumpft also­ mit dem Kupon. Um dem entgegenzuwirken, nehmen wir auch Immobilien mit in die ALM-Berechnungen auf.

Auf Jahressicht sind auch Dividendenausschüttungen relativ sicher. Könnte man Dividenden ansatzweise auch berücksichtigen?

Schorr: Das haben wir diskutiert. Wir ­berücksichtigen die Dividende aber nur als Bestandteil der Ertragserwartung für Aktien. Nicht aber für Risikopuffer.

Eine Pufferfunktion haben bei ZF sicher auch die Waldinvestments. Wie kommt denn ein Treasurer zu Timber?

Schorr: Wegen der Finanzkrise haben wir uns mit illiquiden Asset-Klassen beschäftigt. Bei Infrastruktur traut sich weder meine Kollegin noch ich mir eine fundierte Meinung zu; und mehr sind in der Abteilung nicht für Kapitalanlagen zuständig. Wenn uns aber Expertise fehlt, investieren wir nicht. Darüber hinaus hat uns Wald seinerzeit deutlich mehr angesprochen, und in diese­ Anlageklasse haben wir uns eingearbeitet. Hierfür haben wir uns mit Partnern zusammengetan. Damals hieß es, dass man in die Asset-Klasse nicht reinkommt und die ­Erträge zu gering sind. Das kann ich nach drei Jahren deutscher Forst nicht bestätigen. An unseren Waldinvestments haben wir ­große Freude. Die Erträge sind auch relativ sicher. Auch weil diese Allokation klein ist, lösen wir natürlich so unser Dilemma mit den Pensionsverbindlichkeiten nicht. Timber ist aber ein schöner Baustein.

Stephan: Wir sind auch vor drei Jahren in Timber eingestiegen. Als Beimischung ist Wald sehr empfehlenswert. Hintergrund dieser Entscheidung war auch, dass wir die Duration­ auf der Aktivseite verlängern wollten. Unsere Wälder rentieren mit etwas mehr als dreieinhalb Prozent, was daran liegen dürfte, dass wir international investiert haben. Wir haben Wälder in Australien, Schottland und Finnland. Wir wollen den Fonds noch weiter mit Investments in Südamerika und in den USA ausbauen. Über die Nachhaltigkeit von Wald haben wir lange diskutiert. Bezüglich zum Beispiel Landraub kann sich ein Investment in Wald auf Nachhaltigkeit auch sehr negativ auswirken. Wir lassen uns hier von Rating-Agenturen helfen.

Von Holz zum Brot- und Buttergeschäft. Welche Anleihesegmente sind für Sie attraktiv?

Schick: Mit Duration, Credit und Illiquidität bestehen verschiedene Dimensionen, um Zusatzrenditen zuerzielen. Die Duration haben wir deutlich ausgebaut. Das war auch notwendig, um das Durations-Gap auf ein akzeptables Maß zu reduzieren. Unser Credit-­Portfolio haben wir in den vergangenen drei bis vier Jahren auch ausgebaut. Nun bewegen wir uns in Richtung illiquidere Asset-Klassen. Wir schauen uns zum Beispiel Flugzeugfinanzierungen oder Private Debt an. Mit Blick auf unsere Ressourcen suchen wir uns drei bis vier Asset-Klassen aus und machen dann auch Folgeinvestments, so dass eine sinnvolle Größenordnung entsteht. Man sollte sich ja nicht zu Tode diversifizieren.

Wenn Sie sich auf drei bis vier Fixed-Income-Segmente konzentrieren, ist dann noch ein Asset Manager vonnöten?

Schick: Eigentlich ist immer ein Asset Manager involviert. Aber wir müssen das neue Thema auch verstehen. Das sind Sonderthemen, die man in den althergebrachten Job Descriptions wahrscheinlich nicht findet. Damit müssen wir uns aber beschäftigen. Kerngeschäft sind und bleiben aber die klassischen Anlageklassen. Diese sind in den vergangenen Jahren nicht einfacher geworden.

Wie investiert die Barmenia in Bonds?­

Buchhart: Wir legen stärker global an. Die US-Zinskurve ist nun mal wesentlich steiler. Den Dollar sichern wir komplett ab. Vor etwa drei Jahren haben wir begonnen, in den Emerging Markets zu investieren, und zwar überwiegend in Unternehmensanleihen. 2013 lief es in dieser Asset-Klasse nicht besonders glücklich, die zudem bei uns ­relativ neu war. Wir hatten aber genug Mut, nachzukaufen, als die Schwellenländer-­Corporates günstiger wurden. Bei Staatsanleihen überwiegt bei uns die Skepsis. Schließlich hat man selbst in der Eurozone gelernt, dass Staatsanleihen ein größeres Risiko als Unternehmensanleihen haben könnten.         
In den Schwellenländern sind die Volatilitäten­ zwar höher, aber wir sehen dort relativ große Chancen. Für diese Staaten spricht auch die Demografie. Die Barmenia hat zwar ihre Verbindlichkeiten in Deutschland, wir wollen aber eine Alternative zum umlagefinanzierten System sein. Als kapitalgedeckte Alternative zum Umlageverfahren möchte ich in Regionen ohne Demografieproblem investieren. Kapital kann eigentlich nur wachsen, wenn die Erwerbsbevölkerung wächst. Ich bin immer erstaunt, wie naiv und teilweise auch arrogant manche Europäer auf diese Staaten blicken, die viel niedrigere Arbeitslosenraten­ und Verschuldungen bei viel höheren Wachstumsraten haben.   

Ihre Argumentation spricht sehr für Afrika.

Buchhart: Dieser Kontinent hat zum Teil politische Risiken, die aus unserer Sicht deutlich größer als in Südamerika oder Asien sind. Im Moment beschränken wir uns auf sehr geringe Investitionen. Künftig wird Afrika­ sicher ein größeres Thema, wenn auch ESG-Kriterien stärker erfüllt ­werden.

Aus Kostengründen neigen viele Anleger gern zu einem Buy-and-Hold-Ansatz. Ist dieser­ Ansatz auch für Emerging Market Corporates­ ein Thema?

Buchhart: Das kann man auch in dieser Asset-Klasse machen. Es ist bei Bonds keine schlechte Strategie, ein qualitativ gutes Portfolio zu kaufen und dieses laufen zu lassen. Mit Blick auf die Outperformance von Asset Managern und die teilweise aufgerufenen Gebühren fahre ich mit einem Buy and Hold besser. Ein Risiko-Overlay ist aber nötig. Hin und wieder muss eine Emission rausgenommen werden. In manchen Sektoren ist auch eine gute Selektion wichtig. Viel mehr braucht es an aktivem Management bei Bonds aber nicht.  

Stephan: Das sehe ich ganz genauso. Wir haben früh begonnen, in Staats- und Unternehmensanleihen der Emerging Markets mit wachsenden Volkswirtschaften zu investieren und halten heute auch aus demografischen Gründen eine Quote von fast zehn Prozent. Unsere Zielquote ist noch etwas höher.
Wir verfolgen hier im Prinzip ebenfalls einen Buy-and-Hold-Ansatz und sehen die Notwendigkeit, gegebenenfalls das Portfolio anzupassen. Lokale Währungsanleihen kaufen wir keine, das Dollar-Risiko sichern wir ab. Diese Anlageklasse entspricht zudem gut unserem­ Nachhaltigkeitscredo. Allerdings muss man genau hinschauen. Schließlich gibt es viele Schurkenstaaten.  

Wie zufrieden sind Sie mit Asset Managern bezüglich Vertrieb und Kundenbetreuung?

Schick: Der Aufbau an Personal in den sogenannten Solution-Teams bei Asset ­Managern und Banken, mit denen wir uns austauschen, hat zu einer deutlich größeren Versicherungsfachkompetenz geführt. Dass dieses Verständnis wächst, ist sehr hilfreich.
Bei uns ist es nicht so, dass wir immer mit einer fertig entwickelten Meinung nach draußen gehen, nur um passende Produkte zu suchen. Für eine wirklich detaillierte Analyse der Liabilities durch Externe sind aber viele Interna nötig, und wir sind auch nicht bereit, alles offenzulegen.   

Buchhart: Es ist auch für uns angenehm, dass sich Teams bilden, die die Anforderungen von Versicherern verstehen. Die Teams brauchen sich aber nicht die Mühe zu ­machen, für uns irgendwelche Asset-Liability-Modelle zu rechnen oder mir zu erzählen, wie einzelne Assets gestresst werden sollen. Schließlich kennen diese Teams weder die Verbindlichkeiten noch den Rest des Port­folios, der über Korrelationen das Modell ­mitbestimmt.
Unser Anspruch ist, selbst zu wissen, welche Asset-Klassen wir in welcher ­Mischung vertragen. ALM-Expertise haben wir intern genug. Wenn wir das Asset-Liability-Management und die strategische Asset-Allokation nicht selbst machen können, dann braucht es uns auch nicht mehr.
Anregungen zur Modellierung und Strukturierung von bestimmten Assets nehmen wir aber gerne auf. Allerdings sind wir von der Verpackung von Risiken keine großen Freunde.  

Stephan: Es stimmt, dass sich die Qualität sukzessive gebessert hat. Ich erwarte auch von meinen Gesprächspartnern, dass sie uns verstehen. Was leider immer noch vorkommt, ist, gerade bei angelsächsischen Häusern, dass sofort 25 Hochglanzbroschüren ausgepackt werden und auf Englisch losgeredet wird. Ich darf doch erwarten, dass man mit uns auf Deutsch spricht.
Besser gefällt mir, wenn jemand beim ersten Kontakt nicht gleich Unterlagen ­auspackt, sondern sich eine­ Stunde zum ­Kennenlernen Zeit nimmt, um zu verstehen, in welchem Umfeld ich ­arbeite, was mich umtreibt und ob wir ­zusammenpassen könnten. Mit einem ­solchen Haus sind wir ­letztlich auch ins ­Geschäft gekommen. Wenn wir ein neues Mandat eingehen, will ich diese Gesellschaft mit ihren Portfolio- und Risikomanagern auch vor Ort kennenlernen.

ZF investiert primär über Publikumsfonds. Wie zufrieden sind Sie mit Transparenz und Reporting, Herr Schorr?

Schorr: Grundsätzlich geht das Reporting bei Publikumsfonds mittlerweile sehr tief. Informationen sind auch zu kleinen Einzel­titelpositionen erhältlich. Kritisch ist die Schnelligkeit. Die Informationen müssen früh kommen, weil wir unseren Monats­bericht am fünften Arbeitstag nach Ultimo verschicken. Dafür genügen mir Informationen zumindest über die wesentlichen Kontributoren und Punkte. Mittlerweile fragen wir vor einem Investment auch, ab wann man uns Unterlagen zur Verfügung stellen kann.      

Die Gesprächsrunde moderierte Patrick Eisele. 

portfolio institutionell, Ausgabe 11/2015

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