Strategien
6. Dezember 2016

Vorsicht vor Reputationsrisiken nachhaltiger Investments

Wer ESG-Faktoren im Investmentprozess berücksichtigt, setzt neue Impulse im Risikomanagement. Doch gegen sogenannte Headline Risks sind auch nachhaltige Investments nicht komplett immun, wie jüngst die Allianz erfahren musste.

Nachhaltige Investments verzeichnen einen rasanten Zuwachs. Das Forum Nachhaltige Geldanlagen zählte Ende 2015 in Deutschland, Österreich und der Schweiz 256,6 Milliarden Euro, die in nachhaltige Investmentfonds und vor allem in Mandate investiert sind. Das sind 112 Prozent mehr als im Jahr 2014. Dieser steile Anstieg dürfte einmal auf die wachsende Einsicht zurückzuführen sein, dass mit nachhaltigen Investments mindestens die gleiche Rendite wie mit klassischen erzielbar ist, auch weil die Berücksichtigung von ESG-Faktoren neue Impulse für das Risikomanagement birgt. Zum anderen motiviert die Hoffnung, mit nachhaltigen Mandaten Reputationsrisiken oder sogenannte Headline Risks zu vermeiden. So berichtet beispielsweise Coller Capital in seinem Private Equity Barometer, dass über ein Drittel der befragten europäischen Investoren Kapitalzusagen hauptsächlich aus ESG-Gründen abgelehnt haben. Coller befragte für das Barometer 110 Limited Partner weltweit.
Übermaß an Komplexität, Mangel an Konsequenz
Diese Hoffnung hat sich bei der Allianz nun nicht bewahrheitet. Mit Blick auf einen kritischen Spiegel-Artikel zu Nachhaltigkeitsfonds, darunter auch zwei AGI-Fonds, sah sich die Versicherung zu einer Stellungnahme genötigt. Der Fall zeigt, dass auch nachhaltige Investments Schlagzeilenrisiken bergen. Gründe hierfür können die mit Nachhaltigkeit verbundene Komplexität oder ein Mangel an Konsequenz sein. 
Der Spiegel bemängelte, dass der Fonds Allianz Euroland Equity SRI in den Waffenhersteller Thales investiert und der Fonds Allianz Global Sustainability keine harten Ausschlusskriterien für Kinderarbeit und Kriegsgerät habe. Die Allianz entgegnet mit dem Verweis, dass man dem Best-in-Class-Ansatz von Sustainalytics folge. Dieser Dienstleister sehe Thales als zweitnachhaltigsten Waffenhersteller. 
Best in Class versus Best of Class
Diese Argumentation erinnert an BP, das vor der Explosion einer Ölplattform in vielen ESG-Rankings weit oben platziert war. Oder an die Volkswagen AG, die Robeco SAM vor dem Abgasskandal laut Süddeutscher Zeitung in puncto Nachhaltigkeit als klassenbesten Autokonzern führte. Dabei können Ölunternehmen und Massenauto-hersteller ohne erkennbare Ambitionen bezüglich Elektromotoren aus ökologischen Gründen schlichtweg nicht nachhaltig sein. Zudem ist VW für Corporate-Governance-Defizite bekannt. 
Weiter räumte die Allianz ein, dass es in den beiden Fonds neben dem Verbot von Investitionen in von den Vereinten Nationen geächtete Waffen keine weiteren Ausschlusskriterien gibt. Es mag mit Blick auf Polizei und Landesverteidigung überlegenswert sein, Waffen nicht prinzipiell zu verdammen, was wiederum die Komplexität von Nachhaltigkeit aufzeigt. Kinderarbeit jedoch nicht auszuschließen, zeugt wiederum eher von mangelnder Konsequenz.  
portfolio institutionell newsflash 06.12.2016/Patrick Eisele
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