Immobilien
11. Februar 2015

Warten auf die Rotation ins Risiko

Das Zinstief lässt die Erwartungen an Immobilienrenditen sinken. Viele Investoren fürchten, ihre Renditeziele nicht mehr zu erreichen, so eine neue Studie. Dennoch lässt der Shift zu deutlich risikoreicheren Investments weiter auf sich warten.

Unter Immobilieninvestoren ist Ernüchterung eingekehrt. Es herrschen zunehmend Zweifel, die selbst gesteckten Renditeziele in den nächsten drei Jahren zu erreichen. Wie die neue Investitionsklimastudie von Union Investment, für die 164 Immobilienunternehmen und institutionelle Immobilieninvestoren aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien befragt wurden, zeigt, dominiert bei Immobilienanlagen zwar weiterhin der Aspekt der Sicherheit und des Werterhalts. Das anhaltende Niedrigzinsumfeld lasse jedoch ein weiteres Nachgeben der Renditen erwarten: Nur noch jeder Zweite der Befragten glaubt, seine selbst gesteckten Renditeziele in den kommenden drei Jahren zu reichen. Für den ebenfalls abgefragten Anlagezeitraum von fünf Jahren ist das Erwartungsbild nur geringfügig besser.
„Der Druck zur strategischen Neujustierung von Immobilieninvestments ist mit der jüngsten EZB-Entscheidung noch einmal gestiegen", sagte Olaf Janßen, Leiter Immobilienresearch bei der Union Investment Real Estate. „Die sinkenden Ankaufsrenditen belasten in zunehmendem Maße die Anlageergebnisse. Um die Performance ihrer Anlagen vor weiteren Rückgängen zu schützen, sind Investoren, die grundsätzlich wenig Risiko mögen, gezwungen viele Stellschrauben gleichzeitig zu justieren", fügt er hinzu.
Wie die Studie weiter aufzeigt, bleiben die europäischen Immobilieninvestoren in ihrer Strategie jedoch zunächst noch zurückhaltend. Der angesichts des Zinsdilemmas zu erwartende Shift zu deutlich risikoreicheren Investments lasse weiter auf sich warten. Eine stärkere Gewichtung von außereuropäischen Investitionen zieht nur eine verhältnismäßig kleine Investorengruppe in Betracht. Das Gleiche gelte für das Ausweichen in das höher rentierliche Hotel- oder Logistiksegment. Insgesamt verharrt der Anteil der Profianleger, die infolge des Preisdrucks auf den europäischen Investmentmärkten höhere Risiken in Kauf zu nehmen bereit sind, mit 37 Prozent auf dem Niveau der Erhebung aus dem Sommer 2014. Mit 52 Prozent sind die Investoren mehrheitlich nicht bereit, dem starken Konkurrenzdruck auszuweichen oder in andere Risikoklassen zu investieren.
„Das Core-Segment ist weiterhin der sichere Hafen, von dem sich Investoren trotz der derzeit hohen Preise einen stabilen Performancebeitrag versprechen“, so Janßen. Und weiter: „Die Mietmärkte in den meisten europäischen Kernländern zeigen sich derzeit in einer relativ guten Verfassung. Den Unternehmen geht es gut. Solang die Basis der Investition – die Mietvertragssituation und das Potenzial des Standorts auf der Ertragsseite – stimmen, sehen die Investoren keinen Anlass, ihren Investmentstil anzupassen bzw. regional oder sektoral zu diversifizieren.“
Mehr Akzeptanz für kürzere Mietverträge
Doch es hat sich in der Einstellung der Investoren auch etwas verändert. Gegenüber der Vorjahresbefragung gestiegen ist laut der neuen Studie die Bereitschaft, beim Ankauf von Objekten kürzere Mietvertragslaufzeiten zu akzeptieren, sich über Projektentwicklungen etwas höhere Renditemöglichkeiten zu erschließen und hier auch geringere Vorvermietungsquoten zu akzeptieren. Eine Absicherung ihrer Performance durch eine stärkere Beimischung von B-Städten in ihr Portfolio und die Konzentration der Investments auf die europäischen Kernmärkte erwarten gut die Hälfte der befragten Investoren.
Auf der anderen Seite merken die Studienautoren an, dass die weltweit hohe Nachfrage nach Immobilien dazu geführt hat, dass Bestandshalter Marktgelegenheiten für Objektverkäufe mit einer noch höheren Intensität prüfen wollen als vor einem halben Jahr. Für 76 Prozent der deutschen, 79 Prozent der britischen und 51 Prozent der französischen Investoren ist das Ausnutzen von Marktchancen, um Portfolios zu bereinigen oder Gewinne mitzunehmen, das Gebot der nächsten zwölf Monate. „Die Umschlaggeschwindigkeit wird in den Portfolios der europäischen Bestandshalter zulegen, weil internationales Kapital derzeit deutlich größere Wagnisse in Europa einzugehen bereit ist als lokales Kapital", erwartet Olaf Janßen.
Im Vergleich zum Sommer 2014 hat sich das Klima für Immobilieninvestments in allen drei Befragungsregionen eingetrübt, wie die Studie zeigt. Bedingt durch den Rückgang des Erwartungsindikators verlor der Investitionsklimaindex in Deutschland 1,8 Punkte und erreicht nun 68,1 von 100 möglichen Punkten. Die Stimmung unter den französischen Investoren verschlechterte sich um 2,9 auf 66,4 Punkte. Nur die Briten zeigen sich etwas optimistischer als ihre kontinentaleuropäischen Kollegen. Der in Großbritannien gemessene Index verlor nur 0,3 Punkte und erreichte mit 70,3 Punkten den höchsten in den drei europäischen Ländern gemessenen Wert.
portfolio institutionell newsflash 11.02.2015/Kerstin Bendix 
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