Pension Management
15. Februar 2016

Zweistelliger Rechnungszins

Eine aktuelle Untersuchung der S&P Global Market Intelligence stellt die Frage in den Raum, ob sich die weltweit zum Teil drastisch steigenden Rentenansprüche in der Zukunft über Erträge am Kapitalmarkt decken lassen. Im Idealfall müssten Aktienkurse und Anleihen zweistellige Jahresrenditen abwerfen.

Die globalen Aktienmärkte haben in den vergangenen Wochen zum Teil erhebliche Kursverluste eingefahren. Wer mit Dividendentiteln einen auskömmlichen Ruhestand plant, dürfte heute schlaflose Nächte haben. Einen Zusammenhang zwischen Alterseinkommen und Wertpapierentwicklung macht der aus S&P Capital IQ und SNL hervorgegangene Finanzmarktdienstleister S&P Global Market Intelligence in seinem aktuellen „Global Aging Report“ auf. Die Analyse fasst dabei das Jahr 2050 ins Auge. Reichen die Erträge der angesparten Gelder aus, um der weltweit stark wachsenden Gruppe der Rentner, die in der Zwischenzeit auch einen Anstieg ihres Lebensstandards verzeichnet, einen auskömmlichen Lebensabend zu finanzieren? Im Blickfeld stehen neben der Bundesrepublik die USA, Japan, Indien, Großbritannien und China.
Ihrer Analyse anhand eines hypothetischen Modells legen die Autoren um Michael G. Thompson zunächst Annahmen der Weltbank zugrunde, nach denen die Zahl der Rentner bis zur Mitte dieses Jahrhunderts von derzeit acht auf dann 18 Prozent der Bevölkerung wächst. In Deutschland beispielsweise wird der Anteil der über 65-Jährigen zwischen 2014 und 2050 von 21 auf 32 Prozent anwachsen. In Indien wird er von fünf auf 14 Prozent zulegen. In China wird sich der Anteil der Rentner auf 28 Prozent in etwa verdreifachen. In keinem Land der Erde wird der Anteil der Senioren an der Gesamtbevölkerung in dem Zeitraum sinken.
Vor dem Hintergrund des enormen Wachstums der Gruppe der über 65-Jährigen scheinen staatliche Rentensysteme nicht geeignet zu sein, um den Lebensstandard der Betroffenen aufrechterhalten zu können, meinen die Autoren. Auch die von Unternehmen in der Vergangenheit häufig ausgesprochenen, aber auf dem Rückzug befindlichen Leistungszusagen („Defined Benefit“) sehen die Autoren weiter auf dem absteigenden Ast. Demnach müssten die Rentner der Zukunft anhand eigener Sparanstrengungen und Investitionen für einen auskömmlichen Ruhestand vorsorgen.
Ungelöstes Finanzierungsproblem
Der Untersuchung der S&P Global Market Intelligence liegt die Annahme zugrunde, dass die künftigen jährlichen Einkünfte aus Altersvorsorgeleistungen die Hälfte des gesamten jährlichen Einkommens ausmachen und in ein Portfolio investiert wird, das je zur Hälfte aus Aktien und Anleihen besteht. Eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des künftigen Rentenniveaus spielt dabei zunächst einmal das Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens. Mit zunehmendem Lebensstandard, wie ihn insbesondere die Schwellenländer mittelfristig verzeichnen, steigen auch die Erwartungen an die spätere Rente. Hierzulande ist dieser Aspekt von untergeordneter Bedeutung.
Die Autoren prognostizieren für Deutschland, dass sich das jährlich zur Verfügung stehende Einkommen für die künftigen Senioren von zuletzt (2013) 397 Milliarden US-Dollar auf dann 816 Milliarden US-Dollar etwas mehr als verdoppeln müsste, um den Lebensstandard der Rentner zu sichern. Das scheint machbar zu sein. Wesentlich problematischer fällt dagegen die Einschätzung für China und Indien aus. Beide Nationen stehen vor einem enormen Wachstum der Pro-Kopf-Einkommen und beim Zuwachs der Rentner. Das heißt, um die Renten in der Zukunft aus Kapitaleinkünften begleichen zu können, sind erhebliche Kapitalzuwächse nötig. Und zwar von über 1.400 Prozent in China und mehr als 2.300 Prozent in Indien.
Vor diesem Hintergrund stellen die Analysten folgende Frage: Können die globalen Aktien- und Anleihenmärkte überhaupt so stark steigen, um für die kumulierten Ersparnisse der steigenden Zahl von Pensionären eine adäquate finanzielle Unterstützung gewährleisten zu können? Es könnte eng werden!
Eine Hochrechnung ergibt, dass in Japan angesichts des schon hohen Pro-Kopf-Einkommens die Herausforderung am geringsten ist, die Alterseinkünfte über Marktrenditen zu finanzieren. Um die Alterseinkünfte aus dem Kapitalstock decken zu können, sind in reifen Nationen am Aktienmarkt jährliche Renditen von um die fünf Prozent erforderlich. Am Anleihenmarkt sollten es schätzungswiese drei bis sechs Prozent per annum sein. Ganz anders dagegen die Renditeanforderungen in China. Um den steigenden Lebensstandard auch im Alter finanzieren zu können, sind dort am Aktienmarkt Renditen von etwa 17,5 Prozent pro Jahr nötig. Anleihen müssten 13 bis 14 Prozent Rendite erzielt werden. Nach dieser Lesart wären Länder wie die USA und Japan in einer guten Ausgangslage, auch künftige Einkommensbedürfnisse von Pensionären über den Kapitalmarkt abdecken zu können. Anders gesagt deutet alles auf ein ungelöstes Finanzierungsproblem in Schwellenländern wie China und Indien hin.
portfolio institutionell newsflash 15.02.2016/Tobias Bürger

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