Immobilien
10. Februar 2017

Aus Mangel wird Übermaß

Wohin mit der übermäßigen Liquidität? Mit dieser Frage sehen sich offene Immobilien-Publikumsfonds derzeit konfrontiert. Auch Immobilien-Spezialfonds strömen Mittel zu.

Es ist nur wenige Jahre her, als Liquiditätsmangel mehreren offenen Immobilien-Publikumsfonds zum Verhängnis wurde. Sie mussten schließen und ihre Assets verkaufen. Den überlebenden Fonds bereitet Liquidität derzeit neuerlich Kopfzerbrechen. Das Problem ist nicht der Mangel, sondern Übermaß, wie Scope in einer jüngsten Analyse von 18 offenen Immobilienfonds mit einem Fondsvermögen von 77,7 Milliarden Euro feststellt.

Das Ergebnis: Im vergangenen Jahr ist die durchschnittliche nach Fondsvermögen gewichtete Bruttoliquiditätsquote deutlich von 21,0 auf 22,9 Prozent angestiegen. Das entspricht einem absoluten Liquiditätszuwachs von drei Milliarden Euro. Als Hauptgrund für die Liquiditätsschwemme macht die Rating-Agentur Rekordzuflüsse aus. Netto seien allein 2016 in sämtliche offene Immobilienfonds geflossen. Zahlreiche Anleger betrachten laut Scope offene Immobilienfonds im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld als lukrative Anlage, wenngleich die Performance der Fonds aktuell nur bei durchschnittlich 2,3 Prozent pro Jahr liege. Das sei immerhin noch deutlich mehr, als Rentenpapiere von Emittenten hoher Bonität derzeit abwerfen.

Den meisten Fonds sei es nicht möglich, Objekte im Umfang der Nettomittelzuflüsse anzukaufen. Auch für 2017 erwartet Scope ein ungebrochenes Anlegerinteresse. Fondsmanager stehen daher auch in diesem Jahr vor der Herausforderung, Mittelzuflüsse zu begrenzen und Liquidität effektiv zu steuern. Ein Ende der hohen Nachfrage nach offenen Immobilienfonds erwartet Scope erst, sobald das Zinsniveau spürbar ansteigt und Rentenpapiere wieder auskömmliche Renditen ermöglichen.

Spezialfonds verdoppeln AuM
Die Analyse von Scope basiert zwar auf offenen Immobilienpublikumsfonds. Diese Thematik dürfte jedoch auch manch Fondsmanager von Immobilien-Spezialfonds nicht ganz fremd sein. Denn auch institutionelle Investoren aus Deutschland haben eine große Vorliebe für Immobilien und lassen entsprechend viele Gelder in diese Asset-Klasse fließen. Laut den jüngsten Zahlen des Fondsverbands BVI waren Ende November 2016 insgesamt 62,8 Milliarden Euro in offene Immobilien-Spezialfonds investiert. Damit habe sich das Nettovermögen in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt. Und es dürfte weiter wachsen.

In diversen Umfragen zeigt sich, dass die Mehrheit der institutionellen Anleger in Deutschland ihre Immobilienquote weiter ausbauen will. So bestätigte beispielsweise das jüngste Trendbarometer „Immobilienanlagen der Assekuranz 2016“ von Ernst & Young Real Estate, an dem 30 deutsche Versicherungsunternehmen mit einem Immobilienvermögen von rund 3,7 Milliarden Euro teilnahmen, dass die Immobilienquote bis Ende 2016 auf 9,8 Prozent (marktwertbasiert) erhöht werden sollte. Ob dies gelungen ist, wird das nächste Trendbarometer zeigen. Es besteht jedoch durchaus Grund zur Skepsis. Denn es wird immer schwieriger, Objekte mit attraktivem Rendite-Risiko-Profil zu finden, insbesondere auf dem deutschen Immobilienmarkt im Core-Segment. „Wir sehen eine extreme Übertreibung am deutschen Markt. Ich bin seit 26 Jahren in der Immobilien-branche tätig, aber so extrem wie derzeit habe ich den Markt noch nie erlebt“, bemerkte Mathias Gross, Head of Asset Management bei der Allianz Real Estate Germany, bereits im April 2016 während einer Podiumsdiskussion auf der Jahreskonferenz von portfolio institutionell. Auch Dr. Stefan Krausch, der bei der Meag das Portfoliomanagement für die gesamte Immobilienkapitalanlage der Munich Re verantwortet, blickte bereits damals zurückhaltend auf den derzeitigen Immobilienzyklus: „Der Markt ist bereits weit gelaufen. Als Anleger muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Werte zurückgehen können und – wie ich glaube – auf Sicht auch werden.“

Seit dieser Podiumsdiskussion sind einige Monate ins Land gegangen. Die Lage hat sich seither allerdings nicht entspannt, sondern sogar noch verschärft. Der aktuelle Immobilienmarktzyklus dauert bereits acht Jahre, ist allerdings noch längst nicht am Ende. Dieser Auffassung ist zumindest die Mehrheit der 175 Immobilieninvestoren aus Deutschland, Frankreich und England, die zwischen Oktober und Dezember 2016 für die jüngste Immobilien-Investitionsklimastudie von Union Investment befragt wurden. Fast jeder zweite befragte Anlageprofi richtet sich darauf ein, dass der aktuelle Marktzyklus noch ein bis zwei Jahre anhalten wird.

portfolio institutionell newsflash 10.02.2017/Kerstin Bendix

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