Schwarzer Schwan
1. Juni 2018

Ein richtig gutes Gefühl

Motiv-Investing sorgt für mehr Nachhaltigkeit – und zwar bei den Gebühren.

Die Comdirect Bank bietet neuerdings ihren Kunden ein Angebot, dass deren Selbstbewusstsein schmeichelt und deren Eitelkeit fördert. Das Schlagwort lautet „Motiv-Investing“. Das bedeutet, dass man als Anleger in persönliche Überzeugungen und Interessen investiert. Man hat also niemanden, der einen bevormundet, keinen neunmalklugen Anlageberater, keinen Finanz-Heini. Man selbst dreht das ganz große Rad an der Börse. Wallstreet grüßt Wuppertal!
Zur Auswahl stellt die börsennotierte Comdirect Bank unter Vorstandschef Arno Walter die sechs Themen Gesundheit, Nachhaltigkeit, Technologie, Deutschland, Emerging Markets und Konsumtrends – und als guter Dienstleister gleich auch die passenden Fonds. Der Online-Broker erläutert etwa mit Blick auf die Nachhaltigkeit: „Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass man mit seinem Geld nicht nur etwas für sich, sondern auch für die nächsten Generationen tut. Mit einem ‚grünen Investment‘ setzen Sie auf Nachhaltigkeit und Fairness.“
Nachhaltig ist in dem Fall vor allem eins: Der Gebührenstrom. Aber fair? Wer sich dazu entschließt, mittels Sparplan in persönliche Überzeugungen und Interessen zu investieren, muss bei den von Comdirect auf diese Weise angebotenen Investmentfonds mit satten Gebühren rechnen. So erreichen die Kosten je Ausführung ohne weiteres 2,5 Prozent. Eine Reihe von Fonds schlägt sogar mit 3,75 Prozent je Ausführung zu Buche. Spätestens jetzt zeigt sich, dass die Szene ganz besonders von der Gesundheit ihrer Kunden und ihrer zunehmenden Alterung profitiert. Denn dann kaufen die Kleinanleger länger denn je teure Fonds unter der irrigen Annahme, ihre persönlichen Überzeugungen und Interessen seien die Quelle für Vermögen.
Der Ansatz bietet jedenfalls noch reichliche Ausbaumöglichkeiten, beispielsweise mit geschlossenen Fonds. Wie wäre es, wenn leidenschaftliche Autofahrer mittels Infrastrukturfonds in Autobahnen investieren. Oder Techies per Venture-Capital-Fonds in die Digitalisierung. Solche Fonds für Privatanleger sorgen für Anbieter dank eines fünfprozentigen Ausgabeaufschlags und des bewährten 2+20-Fee-Modells für einen noch nachhaltigeren Gebührenstrom. Der Kleinanleger kann sich außer mit einem richtig guten Gefühl damit trösten, dass die Performance Fee in der Praxis keine große Rolle spielt.
Ganz unrecht hat die Commerzbank-Tochter mit ihrem verkappten Fondsvertriebsangebot aber nicht: Es ist ein ganz spezielles Gefühl zu wissen, dass man mit seinem Geld nicht nur etwas für sich tut, sondern auch für die nächsten Generationen. Nämlich für die Nachfahren der Comdirect-Aktionäre.
Ein schönes, provisionsarmes Wochenende wünscht Ihnen Ihre portfolio-Redaktion.
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