Traditionelle Anlagen
18. Juli 2018

Schuldscheinmarkt schwächelt

Jumbos fehlen. Lange Laufzeiten beliebt.

Nach zwei Rekordjahren in Folge schrumpfte der Corporate Schuldscheinmarkt (SSD-Markt) im ersten Halbjahr 2018 deutlich. Wie die LBBW publizierte, wurde bei einer Stückzahl von 47 ein Volumen von 7,6 Milliarden Euro begeben (abgeschlossene Transaktionen). Damit lagen Stückzahl wie Volumen um rund 40 Prozent unter dem starken Vorjahreshalbjahr. Allerdings gebe „der starke Juni Hoffnung auf Besserung“, so Senior Analyst Hans-Peter Kuhlmann. „Es gibt Anzeichen für eine deutliche Trendwende.“
Das hohe Vorjahresergebnis werde aber trotz der Aufholjagd nicht wieder erreicht werden. Die LBBW senkt ihre Erwartungen und rechnet für 2018 nur mit 15 Milliarden bis 20 Milliarden Euro Gesamtvolumen. „Die Belastungsfaktoren durch den Handelsstreit zwischen den USA und China sowie Europa bleiben und die Unternehmen haben sich in den vergangenen Jahren mit Liquidität vollgesogen“, urteilt Kuhlmann.
Gefehlt hätten insbesondere die im Vorjahr recht zahlreichen großen Emissionen mit einem Volumen von über 500 Millionen Euro. Entsprechend ging das Durchschnittsvolumen im Halbjahr von 172 Millionen Euro auf 161 Millionen Euro pro Transaktion zurück. Im ersten Quartal hatte noch eine Jumbo-SSD von Rewe im Volumen von einer Milliarde Euro den Durchschnitt hochgehalten.
Lange Laufzeiten weiter beliebt
Bei den Laufzeiten ergaben sich keine großen Änderungen zum Vorjahreszeitraum bzw. zum gesamten Vorjahr. Der Anteil der kurzfristigen Laufzeiten legte gegenüber dem ersten Halbjahr 2017 von acht Prozent auf zwölf Prozent ebenso wie die fünfjährige Laufzeit von 29 Prozent auf 31 Prozent etwas zu, während die siebenjährige Laufzeit sowie der Anteil der langfristigen SSD etwas verloren. Unverändert dominant sind die fünf- und siebenjährigen Laufzeiten. Dazu haben die zehnjährigen SSD mit einem Anteil von 23 Prozent deutlich zugelegt, während die früher wichtige dreijährige Laufzeit mit sechs Prozent nur noch eine geringe Rolle spielt.
Auslandsanteil deutlich rückläufig
In den letzten Jahren hatte sich ein Trend zu einer steigenden Zahl von Emittenten aus dem Ausland etabliert, der dann 2017 gestoppt wurde. Im ersten Halbjahr 2018 war nun die Zahl der ausländischen Unternehmen deutlich rückläufig und der Anteil der deutschen Unternehmen stieg stark von 61 Prozent im Vorjahreszeitraum auf 72 Prozent an. Auf die deutschsprachige Dach-Region entfielen sogar 88 Prozent. Auf andere Länder entfiel nur noch ein Anteil von zwölf Prozent. Hierbei war insbesondere der Rückgang von Frankreich auffällig. 2016 hatte das Land noch einen Anteil von zehn Prozent, der im ersten Halbjahr auf nur noch zwei Prozent fiel.
Wie Thomson Reuters berichtet, war die deutsche Tourismusbranche im ersten Halbjahr 2018 der aktivste Sektor – den größten Schuldschein gab hier im Juni mit 425 Millionen Euro Tui aus. Mit 300 Millionen Euro kam Nummer zwei vom Gesundheitsunternehmen B Braun Melsungen. Nummer drei wurde von Trans Austria Gasleitung ausgegeben. Im Mittelstand habe die Ausgabe von Schuldscheinen mit einem Volumen von 2,4 Milliarden Euro in der ersten Hälfte des Jahres stagniert. Den größten Schuldschein im Mittelstand platzierte im April mit 260 Millionen Euro die Trans Austria Gasleitung. Der zweitgrößte Schuldschein über 215 Millionen Euro kam im März von Scout24.
Novitäten: Grüner Schuldschein und digitaler Marktplatz
Die LBBW berichtete zudem von zwei Neuerungen am Schuldschein-Markt: Im zweiten Quartal 2018 platzierte mit Volkswagen Immobilien das erste Immobilienunternehmen einen „grünen“ Schuldschein mit einem Volumen von mehr als 100 Millionen Euro. Im Vorfeld hatte das Unternehmen durch Oekom Research ein „PRIME“ Rating für nachhaltiges unternehmerisches Handeln erhalten. Die Laufzeit war für einen Schuldschein überdurchschnittlich lang und stieß auf reges Interesse der Investoren. Es wurden mehrere Tranchen mit Laufzeiten zwischen fünf bis 15 Jahren begeben und die durchschnittliche Laufzeit betrug rund 10,5 Jahre.
Zudem teilt die LBBW mit, dass Debtvision, ein Gemeinschaftsunternehmen der LBBW und Börse Stuttgart, die erste Schuldschein-Transaktion über 58 Millionen Euro mit exklusiver Vermarktung auf dem digitalen Marktplatz mit dem Darlehensnehmer Baywa und einer zweistelligen Investorenanzahl umgesetzt habe. Andreas Helber, Finanzvorstand der BayWa AG: „Wir sind sehr zufrieden mit dem Verlauf und dem Ergebnis der Vermarktungsphase unseres Schuldscheindarlehens und haben die ursprünglich geplante Höhe von 50 Millionen Euro aufgestockt, um alle interessierten Investoren zu bedienen. “Gerade der direkte Zugang zu den relevanten Investoren, die hohe Transparenz über den jeweils aktuellen Status der Transaktion, aber auch die direkte digitale Kommunikation mit unseren Investoren machen Debtvision zu einer innovativen neuen Finanzierungsoption. Es hat sich gezeigt, dass dies ein neues Instrument für Standardtransaktionen sein kann.“
portfolio institutionell, 18.07.2018/Patrick Eisele
Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert