Strategien
28. September 2017

Sparen und streuen

Je unsicherer die Renditen, desto mehr rückt in den Vordergrund, was sicher ist: die Kosten. In welchen Zusammenhängen Kosten mit ­Diversifikation stehen, zeigten zwei Asset-Management-Konferenzen, bei denen Vertreter verschiedener Anlegergruppen miteinander diskutierten.

Hedgefonds können sich derzeit über ein mangelndes Interesse seitens Investoren nicht beklagen. Mangels renditeträchtiger Fixed-Income-Alternativen pilgerten zahlreiche Absolute-Return-Interessenten Anfang September nach Bad Homburg zum 6. Feri Hedgefonds Investmenttag. Noch mehr mit Hedgefonds würden sich Anleger beschäftigen, wenn diese auch tatsächlich einmal zeigen könnten, dass sie in einer Krise das Kapital schützen, zur Diver­sifikation beitragen und Ucits-Varianten auch tatsächlich liquide sind.
Doch dafür bräuchte es eben mal wieder richtige Markteinbrüche. „Bislang wirken Hedgefonds diversifizierend. Ob die Korrelation auch niedrig ist, wenn es wieder einmal kriselt, bleibt abzuwarten“, erklärte Dr. Andreas Müller, der das Family Office der Verlegerfamilie Bauer leitet. Bis dahin kosten Hedgefonds im Vergleich zu Aktien im Bullenmarkt Renditen aber auch Ressourcen und sind immer noch vergleichsweise teuer.
Kosten und die effiziente Umsetzung der Hedgefonds-Allokation waren darum größere Diskussionspunkte – obwohl das 2+20-Gebührenmodell mittlerweile eher zu einem 1,5+20-Modell mutiert ist. „Die Kosten müssen erst einmal verdient werden“, so Müller. Die Lebensweisheit, dass man nur sparen kann, wenn man Geld hat, gilt auch für das Portfoliomanagement. Wer großvolumig allokiert, ist in einer deutlich besseren Fee-Verhandlungsposition und fährt auch mit fixen internen Kosten günstiger als mit variablen externen Kosten. Den ­Luxus eines eigenen Hedgefonds-Teams für jedes Subsegment können sich aber die wenigsten Anleger leisten.
Bei der Linde AG setzt man für das Management der Pensionsgelder auf Fokussierung, um die internen Kosten im Zaum zu halten, und konzentriert die Hedgefondsgelder auf liquide, systematische Strategien. „So behalten wir den Überblick und können Managerrisiken vermeiden. Dadurch, dass die Strategien liquide sind, können wir auch Sensitivitäten recht einfach kontrollieren“, erklärte Peter Pramstaller, Lindes Manager Pension Investments. Weiterer Effizienzvorteil von liquiden ­Strategien: „Auf KVG- und Masterfondsebene sind Ucits einfacher in der Umsetzung. Bei liquiden Strategien ist der Performance-Unterschied zu Offshore-Strategien auch weniger groß“, so Pramstaller. Um direkt bei den Fees zu sparen, ist Linde bereit, sich auch neuen Anlageangeboten zu öffnen. „Wenn man früh investiert, lassen sich Gebühren reduzieren“, sagte Pramstal­­ler.
Das Vorgehen der Lebensversicherungs-Run-off-Plattform Viridium, ehemals unter Heidelberger Leben firmierend, erläuterte Chief Investment Officer Peter Oser wie folgt: „Zu uns passt ein eher quantitatives Vorgehen. So können wir auch mit weniger Ressourcen viel Monitoring und Research betreiben.“ Zu den Ressourcen der Viri­dium-Gruppe zählt aber auch Feri als strategischer Partner. Oser: „Entweder muss man selbst tief in die Materie einsteigen oder sich Hilfe suchen. So kann man auch als kleinerer Investor in Hedgefonds investieren.“
Eher problematisch sind für Oser wegen der doppelten Gebührenstruktur dagegen Dachfonds, und auch Ucit-Fonds sieht Oser kritisch: „Strategien, die von ihren Freiheitsgraden leben, in einen regulierten Mantel zu packen, ist ein Widerspruch.“ Viridium hat dieses Jahr den Lebensversicherungsbetrieb von Protektor übernommen. Bereits zur Gruppe gehören die Heidelberger Lebensversicherung und Skandia Deutschland. Zusätzlich werden Verträge von Scottish Widows betreut. Damit verwaltet Viridium ein Vermögen von etwa 15 Milliarden Euro, wobei nur für die fondsgebundenen Lebensversicherungen Hedgefonds gemanagt werden. 
Kosten und Diversifikation
Einsparmöglichkeiten bieten aber auch illiquide Strategien. „Wir traden Illiquidität gegen Fees, sind also für einen Gebührennachlass bereit, uns zu Beginn länger einzulocken“, sagte Florian Plepla vom BTV-Family-Office. Plepla hält Hedgefonds trotz des Preisrückgangs für immer noch nicht günstig, rät aber auch, es mit Kostenein­sparungsanstrengungen nicht zu übertreiben: „Ein Hedgefonds mit kleinem Volumen, aber guten Mitarbeitern in New York kann nicht günstig sein. Außerdem ist generell am Ende nur wichtig, was unter dem Strich steht.“
BTV hält etwa 15 Prozent in Hedgefonds und nutzt seine Ressourcen auch für qualitatives Research. Das mit den Hedgefonds verbundene Anlageziel ist eine geringe Korrelation zur größten Anlageklasse, den Aktienrisiken. Diversifikation nannten auch die ­anderen drei Investoren als Hauptargument für ihr Engagements in verschiedene Hedgefonds-Strategien. 
Ortswechsel nach Hamburg: Dort tagte ebenfalls Anfang September die Berenberg-Asset-Management-Konferenz. Wie am Rande des Taunus wurde auch am Ufer der Elbe die Diskussionsrunde von zwei Themen bestimmt: Kosten und Diversifikation. „Diversifikation wurde immer wichtiger, und es gilt immer mehr, auf das Preis-Leistungs-Verhältnis zu achten“, blickte Rainer Jakubowski, Vorstandsmitglied des BVV, in Vergangenheit und Zukunft. Bei der größten deutschen Pensionskasse ist die Diversifikation seit der Finanzkrise deutlich ­gestiegen.
Auf Grund von jüngsten, noch nicht abgeschlossenen ­Umschichtungen, bei denen vier Milliarden Euro neu allokiert werden, steigt die Diversifikation im Anlageportfolio weiter. Zehn Prozent der in Anleihen allokierte Gelder fließen hälftig in Private Debt und Aktien. „Das ist ein zwangsläufiger Prozess“, so Jakubow­ski mit Blick auf Renditeziele. „Die mit der Umschichtung steigenden Volatilitätsrisiken sind der Preis, den wir für höhere Return-Potenziale bezahlen müssen.“ 
Das Material für die noch laufenden Umschichtungsmaßnahmen stammt aus Fälligkeiten, Beitragseinnahmen und dem Ausnutzen von Opportunitäten. Das „Hochfahren“ von illiquiden Assets, wo die Pensionskasse mit Sitz in Berlin auch Commitments ausgesprochen hat, braucht aber Zeit. Im Worst Case, so Jakubowski, könne es bei Infrastruktur oder Real Estate auch drei Jahre dauern, bis man sich an Zielquoten annähert. 
Den von Jakubowski erwähnten Zwangsläufigkeiten kann sich auch die Kirchliche Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands (KZVK) in Köln nicht entziehen. Vorstand Dr. Thomas Treptow sieht die Entwicklung aber auch aus einer anderen Perspektive: „Ein zu konservatives Portfolio erhöht bei bestehenden Garantien tendenziell die Gesamtrisikoposition.“ Deshalb macht es gerade im Niedrigzinsumfeld Sinn, sich mit Aktien, Credits oder alternativen Anlageformen zu beschäftigen.
Eine damit verbundene Herausforderung ist für Thomas Treptow das operative Thema, wie schnell die Zielquoten für diese Assets erreicht werden können. Explizit erwähnt der KZVK-Vorstand Infrastruktur-Investments, bei denen zwischen Anbahnung und Kapitalabruf schon einmal eine längere Zeit verstreichen kann. Zudem seien Anlageklassen immer darauf hin zu beurteilen, ob sie im geplanten Endausbau im Gesamtportfolio auch spürbar werden.
Interessanterweise sprachen beide Häuser die Themen Kosten und Diversifikation auch noch in einem anderen Zusammenhang an: Kostet ein durch die Berücksichtigung von nachhaltigen Überlegungen reduziertes Anlageuniversum Rendite oder Diversifikation? Beide Anleger sprachen die Gefahr eines Verlusts an Return und Streuung an. Thomas Treptow: „Nachhaltigkeit kann auch kosten. Wenn ich nachhaltig investieren will, stellt sich dann lediglich die Frage, in welcher Höhe ich bereit bin, diese etwaigen Kosten zu tragen.“   
Anders gelagert sind die Diversifikationsüberlegungen der Ostsee-Sparkasse Rostock, die über Vorstand Karsten Pannwitt ebenfalls auf dem Podium bei der Berenberg-Konferenz vertreten war. Die Grundüberlegung für die Diversifikation kreist um die Duration im Kundengeschäft. „Im Kundenkreditgeschäft fahren wir bereits eine lange Duration. Somit suchen wir im Depot-A Renditen ohne große Durationsrisiken“, sagte Pannwitz.
Die größte Asset-Klasse seien nun nicht mehr Pfandbriefe und Covered Bonds, sondern Unternehmensanleihen und Schuldscheindarlehen. „Müsste man nicht jedes Jahr bewerten, hätten wir mehr Aktien“, so Pannwitz. Die Bewertungsproblematik dürfte ein Grund sein, mit Unterstützung eines Consultants auch in Private Equity zu investieren. „Es hat auch Vorteile, dass man nicht sofort aus einer Asset-Klasse herauskommt.“ Die Illiquiditätsprämie sei ausreichend. 
Gesucht: Aktien ohne Aktienrisiken 
Grundsätzlich ist man auch beim BVV gegenüber Aktien und Private Equity aufgeschlossen. Vor der Aktien eigenen Schwankungsbreite verschließt man bei der in Berlin ansässigen Pensionskasse aber nicht die Augen. Aktienrisiken werden darum nicht nur long, sondern auch long-short, über Wandelanleihen und Balanced-Mandate gesucht. Zudem wacht seit einigen Jahren über dieser Allokation noch ein ­prognosefrei arbeitender Overlay-Manager, der mit fallenden Märkten die Aktienquote verringert. 
Bei Aktien und wie bei jedem anderen Mandat auch, steht die Kostenfrage im Raum. Der BVV geht die Kosten-Nutzen-Problematik mit dem Ausloben von Erfolgsprämien und externen Kostenanalysen an. Bei großer Unzufriedenheit bei bestehenden Mandaten drückt der BVV auch Reduzierungen der bestehenden fixen Fee durch, einmal sogar bis auf null Prozent. Kosteneinsparpotenziale durch Insourcing sieht Jakubowski unter Berücksichtigung der Gesamtvolumina von 27 Milliarden Euro nicht. Jakubowski: „Unsere Kompetenzen sind die ­Strategische Asset-Allokation, Controlling und Managerselektion. Im Vergleich zu vor zehn Jahren hat sich mein Aufgabenspektrum völlig geändert.“ 
Auch für die KZVK spielen Kosten selbstredend eine Rolle. „Auch externe Asset Manager können keine exorbitanten Renditen erwirtschaften. Also sind deren Kosten wichtig“, so Thomas Treptow. Eines ist auf jeden Fall klar: „Gute Performance ist wichtig, denn schlecht kann ich selber billiger.“ 
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