Versicherungen
16. September 2019

Norbert Rollinger: Garantiezins könnte weiter sinken

R+V-Chef Norbert Rollinger kritisiert die expansive Geldpolitik der EZB. Versicherer durch Niedrigstzinsen stärker unter Druck.

Der Vorstandschef der R+V Versicherung, Norbert Rollinger, hat im Interview mit dem Handelsblatt die expansive Geldpolitik der EZB kritisiert. „Für uns als Branche sind das extrem schwierige Rahmenbedingungen. Wir hatten eigentlich gedacht, dass wir durch die Entlastungen bei der Zinszusatzreserve das Thema Lebensversicherung stabilisiert haben. Doch in der Branche merken wir nun, dass alle Entlastungen durch die neue Zinssituation wieder aufgezehrt werden“, konstatierte der R+V-Chef im Vorfeld der EZB-Sitzung am vergangenen Donnerstag im Handelsblatt.

Am Donnerstag hatte die Europäische Zentralbank eine neue Senkung der Strafzinsen für Banken von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent beschlossen. Auch die Anleihenkäufe will die EZB wieder aufnehmen. Ab November will die Zentralbank wieder Staatsanleihen im Wert von 20 Milliarden Euro montalich kaufen und das „so lange wie nötig“, kündigte EZB-Präsident Mario Draghi an. Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte die Entscheidung des erneuten Quantitative Easing am Freitag in der Bild-Zeitung kritisiert. „Ein so weitreichendes Paket wäre nicht nötig gewesen“, sagte Weidmann. Die EZB sei „über das Ziel hinausgeschossen“.

Norbert Rollinger befürchtet, dass die Finanzierungsschwierigkeiten der Branche durch eine anhaltende Niedrigzinspolitik der EZB zunehmen. „Wir sind ein sehr langfristig orientierter Investor. Es ist sicher richtig, dass es zunehmend schwierig wird, die Garantie von 0,9 Prozent noch zu halten“, sagte er dem Handelblatt. Die Deutsche Aktuarvereinigung werde in den kommenden Monaten darüber reden müssen, ob der Garantiezins noch einmal gesenkt werden müsse. „Wir als Versicherer können uns von der allgemeinen Renditeentwicklung nicht einfach abkoppeln. Das heißt auch, wir werden in der Gesamtverzinsung – und zwar als R+V und als Branche – weiter heruntergehen müssen.“

Auch die Zahl der Versicherer, die von der Finanzaufsicht Bafin beobachtet würden, werde unter diesen Umständen nicht abnehmen. „Mich würde es wundern, wenn die Zahl der Versicherer, die unter verstärkter Beobachtung stehen, kleiner wird. Wie dramatisch die Situation ist, sehen Sie ja daran, dass die Banken nun schon laut über Minuszinsen für Kleinsparer nachdenken.“

Rollinger sprach von einem „dramatischen Zinsverfall“, der sich darin niederschlage, dass inzwischen für 30-jährige Bundesanleihen keine Zinsen mehr gezahlt würden. „Das lässt die Probleme in der Branche natürlich wachsen.“ Er sieht die Branche dadurch einem wachsenden Finanzierungsdruck ausgesetzt: „Den Banken schnürt es die Luft zum Atmen ab und den Lebensversicherungskunden beschert das auf lange Sicht niedrigere Renditen – und das ist kein gutes Signal.“

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