Traditionelle Anlagen
4. Oktober 2019

Smarte Credits

Die Jagd auf Faktorprämien ist bei Aktien mittlerweile weit verb­reitet. Ein Mittelweg zwischen aktivem und passivem Management ist für Investoren aber auch im Credit-Universum interessant. Smart Beta bei Unternehmensanleihen weist aber diverse Besonderheiten und Unterschiede zu den typischen Aktien-Faktorprämien auf, die es zu beachten gilt.

Lucette Yvernault, Head of Systematic Fixed Income & Portfolio ­Manager bei Fidelity, macht noch auf einen weiteren Unterschied ­zwischen Aktien- und Anleihen-Smart-Betas aufmerksam: „Die ­meisten Aktien werden mit einem Faktor beschrieben. Anleihen ­weisen dagegen mehrere Faktoren auf. Die große Frage ist somit, ­welches Gewicht die einzelnen Faktoren haben.“ Fidelity stützt sich auf Valuation, Fundamentals und Momentum auf Ebene des ­Emittenten. Insgesamt seien es 200 Faktoren, die auch mit Hilfe von künstlicher Intelligenz analysiert werden.

Ein Smart-Beta-Pionier ist Robeco. Bereits Mitte der 90er ­entwickelten Robecos Quantexperten ein Modell zur Aktienselektion. Durch die ­Zusammenarbeit mit den Bond-Spezialisten von Lehman Brothers gewann man Zugang zu historischen Unternehmensanleihen-Daten und destillierte auf dieser Basis Low Risk, Quality, Value, Momentum und Size als Faktorprämien. „Unsere erste Credit-Faktorinvesting-Strategie ging 2005 live und bezog sich auf High Yields“, erklärt ­Patrick Houweling, Lead Portfolio Manager und Researcher Quant Credits bei Robeco. „Wir nutzen die gleichen Faktordefinitionen für Investment-Grade-Anleihen sowie High Yields und kamen in beiden Segmenten auf ähnliche Ergebnisse.“ Auch für in Dollar und in Euro denominierte Bonds kam Robeco auf konsistente Ergebnisse. „Heute setzen wir unsere Multi-Faktor-Credit-Strategien in einem globalen Universum ein, das Bonds umfasst, die in verschiedenen Währungen emittiert wurden.“

Höhere Sharp Ratios für niedrigere Management Fees

Geschätzt werden Faktor-Investing-Strategien nach Erkenntnissen von Robecos Patrick Houweling von ­vielen Kunden zur ­Diversifikation zu traditionell fundamentalen ­Credit- oder High-Yield-Allokationen. Im Schnitt liege diese ­Korrelation bei minus 0,2. Neben dem Diver­sifikationsargument spräche die Verbesserung der Risiko-Rendite-­Eigenschaften dafür – und dies auch nach Kosten. „Factor-Credit-Fonds kommen auf höhere Sharpe Ratios und niedrigere Management Fees als fundamental ­gemanagte Fonds“, so Houweling. Im ­Investment-Grade-Universum will der Asset Manager die Global ­Credit Benchmark im Schnitt über einen ­Kreditzyklus vor Kosten um ein Prozent schlagen – ohne mehr Risiko bezüglich Bonität, Duration oder ­Währungen einzugehen. Bei High Yields sei das Outperformance-­Potenzial etwas höher.

Sinnvoll könne aber auch sein, abhängig von Kundenbedürfnissen einzelne Faktoren überzugewichten. Je nach Gusto können dann höhere Renditen bei gleichem Risiko oder gleiche Renditen bei niedrigerem Risiko ­angepeilt werden. Im Falle von beispielsweisen konservativen Credit-Strategien geht der Asset Manager ein Übergewicht bei Low Risk und Quality ein. „Eine solche Strategie, die langfristig keine Abstriche beim Return macht, eignet sich wegen der reduzierten ­Volatilität ­insbesondere für Solvency-II-Investoren“, so Houweling. Diese ­konservative Credit-Strategie erziele eine hohe Rendite auf das ­geforderte Solvenzkapital.

Weniger vorteilhaft ist eine solche defensive Strategie jedoch, dass Low Risk und Quality typischerweise in Bullenmärkten under­performen. Value wiederum kann nicht überzeugen, wenn ­Mean ­Reversions länger als erwartet auf sich warten lassen. Momentum schwächelt bei einem abrupten Trend-Wechsel. Size bekommt ­Probleme, wenn am Markt Liquiditätsrisiken auftreten. „Generell ist festzustellen, dass es bei geringer Cross-Sektionaler-Dispersion und wenigen Credit Events für jede aktive Investment-Strategie schwierig ist, mit einer Bottom-Up-Emittenten-Selektion den Markt zu ­schlagen“, erklärt Patrick Houweling. Auch der 2018 gestarteten ­Quality-Strategie von Ossiam fällt es im aktuellen Marktumfeld schwer, ihre Qualitäten auszuspielen und liegt seit Auflegung hinter dem Index.

Transaktionskosten sind ein kritischer Punkt

Der große Knackpunkt der Faktorprämien-Ernte sind aber nicht ­Bullenmärkte oder wie sich ein einzelner Faktor entwickelt, sondern die Liquidität. Mit dieser sind Credits und High Yields bereits in ­normalen Marktphasen nicht gesegnet, so dass ein größerer Turnover im Portfolio kostspielig wird. Der Select Credit ETF von Ossiam bildet die Wertentwicklung des zugrunde liegenden Index auch wegen der Transaktionskosten synthetisch ab. Bei der Selektion eines Asset ­Managers sollten die Transaktionskosten ein wichtiges Kriterium sein. Fidelity betont, dass es sich bei der Rendite von acht bis neun ­Basispunkten im Monat um ein Resultat nach Transaktionskosten handle und dass ein Ausweis nach diesem Kostenblock in der ­Branche eher ungewöhnlich sei. Ein Bond sollte also nicht nur interessante Faktorprämien haben, sondern auch relativ liquide und zu geringen Transaktionskosten zu handeln sein.

Mit Blick auf die Index-Innovationen bei Aktien und darauf, dass Fixed Income ein viel größerer Markt ist, sowie auf die Schwächen von aktivem und passivem Asset Management, spricht viel dafür, dass sich Smart-Beta-Strategien auch bei Credits ihren Platz erobern. ­Institutionelle Investoren dürften das Diversifikationselement und die Möglichkeit schätzen, Anpassungen an die individuellen ­Bedürfnisse vorzunehmen. Kritisch sind jedoch die Transaktions­kosten. Offensichtlich ist zudem: Auch die möglichen Zusatzerträge von smarten Credit-Strategien werden mit hoher Wahrscheinlichkeit die allgemeinen Rendite­probleme nicht lösen und Bewertungsrisiken eher dämpfen als absorbieren.

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