Schwarzer Schwan
9. November 2018

Swiss Banking at its finest

Abflug eines Tieffliegers

Geldwäsche, Milliardenverluste im Eigenhandel, Libor-Manipulation, Boni für Verluste oder Schwarzgeld: Die beiden Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse schaffen es immer wieder in die Schlagzeilen. Hut ab. Aus deren Schatten auch einmal ans Licht der Öffentlichkeit zu kommen, ist schwierig. Der Raiffeisen Schweiz gelingt diese aber nun locker seit Monaten. Über sich selbst schwärmt die Raiffeisen, dass man sich in den vergangenen Jahren als führende Retail-Bankengruppe und drittgrößte Bankengruppe der Schweiz etabliert hat. „Unsere einmalige Stärke ist die lokale Verankerung.“

Zur einmaligen Stärke der genossenschaftlichen Bank zählt aber auch deren Führungspersonal, mit dem sich die Genossen zumindest in den Schlagzeilen etabliert haben. Es begann mit dem „Fall Vinzenz“, über den Inside Paradeplatz ausführlich berichtete. Pierin Vincenz saß im Vorsitz der Geschäftsleitung und dann in U-Haft, weil er sich privat an Firmen beteiligt hat, die dann von Raiffeisen oder einer Raiffeisen-Tochter übernommen wurden. Irgendwo muss man die Millionen-Gehälter als Vorsitzender der Geschäftsleitung eben nun einmal investieren.

Bei der Festnahme von Vincenz bewies dessen langjähriger Vize und Nachfolger Dr. Patrik Gisel seine Wendigkeit. Gisel mimte den maßlos Enttäuschten und reichte Strafanzeige gegen Vincenz ein. Vor der Festnahme verzapfte Gisel die Story, dass „nur“ ein Reputationsschaden vorliegt und Vincenz immer noch ein guter Freund sei. Wenn es stimmt, dass Gisel die Transaktionen aushandelte, hätte er es besser wissen müssen.

Gisel hat sicher nichts dagegen einzuwenden, mit seinem Konterfei diese Schwan-Ausgabe zu zieren. Solange Vincenz im Knast saß postete Genosse Gisel nämlich auf Facebook stolz und stilsicher Fotos seines Privatflugzeugs. Für die Fliegerei war offenbar nach der Beendigung seiner Partnerschaft mit einer Raiffeisen-Chefsekretärin wieder Zeit. Und man kann sich auch nicht jeden Tag um die Ermittlungen der Aufsicht oder um das IT-Debakel der Raiffeisen kümmern, das Kosten von 500 Millionen Franken verursacht haben soll.

Nun hat aber der Verwaltungsrat komischerweise die Faxen dicke. Laut Schweizer Medien soll Gisel nun den Abflug machen. Grund ist seine jüngste Liebelei, bei der er nicht mehr top-down eine Sekretärin sondern bottom-up eine Verwaltungsrätin der Bank geliebt haben soll. Der Hobbypilot war wohl auf der Suche nach einem neuen Kick. Die Dame war zwar bereits laut Tagesanzeiger auch „aus persönlichen Gründen“ aus dem Verwaltungsrat ausgeschieden und Gisel beteuert, dass er mit der attraktiven Verwaltungsrätin erst nach deren Rücktritt geschnackselt habe. Der amtierende Verwaltungsrat bezweifelt aber diese Darstellung. Für Gisel hat der Rausschmiss ernsthafte finanzielle Konsequenzen: Seine Gage von kolportierten 150.000 Franken im Monat soll er nun bis kommenden Juli fürs Nichtstun bekommen.

Oh, là, là Lachappelle

Apropos Verwaltungsrat: Die Raiffeisen Schweiz braucht auch einen neuen Verwaltungsratspräsidenten. Über den alten scheint man etwas stinkig zu sein, weil sich dieser eine Erhöhung der Tantiemen mit der Begründung gegönnt hat, dass wegen der Vincenz-Verhaftung die Zahl der Sitzungen zugenommen hat. Einziger Kandidat: Guy Lachappelle. Über dessen Wahl bestehen keine Zweifel. Eine passende Personalie, die der interessierten Öffentlichkeit weiteres Entertainment garantieren sollte. Lachappelle kommt nämlich von der Basler Kantonalbank gegen die laut Tagesanzeiger ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Verdachts der Geldwäsche läuft. Außerdem verliebte er sich laut Inside Paradeplatz als wichtige Führungskraft einer anderen Bank in eine wichtige Kundin. Da konnte man dann bestimmt auch völlig unbefangen über einen gefährdeten Immobilienkredit verhandeln.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen Ihre Redaktion von portfolio institutionell!

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