Immobilien
8. Mai 2025

Die Stimmung am Bau und die Zinskosten sind negativ korreliert

Beim Immobilienpanel ging es in diesem Jahr vor allem um die Frage, ob die Bewertungen inzwischen ihren Boden gefunden haben. Eine eindeutige Antwort darauf gibt es nicht. Doch die Erholungstendenzen sind offenkundig. Aber: Wer finanzieren muss, wird es künftig schwerer haben.

Immobilien und ihre Nutzungsarten standen auch in diesem Jahr wieder im Zentrum einer der Expertensessions der Jahreskonferenz; die Moderation des Panels mit dem Arbeitstitel „Austarieren des neuen Immobilien-Gleichgewichts“ übernahm zum mittlerweile dritten Mal Dr. Stephan Kloess, Gründer und Geschäftsführer der Investmentberaters KRE Kloess Real Estate. In Berlin begrüßte er mit Daniel Maric (Principal Asset Management), Kerstin Struckmann (Commerz Real AG) und Claudia Reich Floyd (Hazelview Investments) meinungsstarke Vertreter der Anbieterseite. Das Investorenlager wurde repräsentiert durch Stefanie Pfister (Head of Portfolio Management und Deputy Head of Real Estate von der Bayerischen Versorgungskammer, BVK) sowie Tilo Kraus, einer von drei Geschäftsführern von Vedra Pensions.

Fünf Thesen zum Einstieg

Bevor Immobilienprofi Stephan Kloess mit seinen Gästen in die Diskussion einstieg, um die Aussichten auf eine Bodenbildung bei den Bewertungen und die Chancen eines Turnarounds zu erörtern, forderte er die Panelisten zunächst dazu auf, jeweils eine aussagekräftige These in den Raum zu stellen. Tilo Kraus machte daraufhin deutlich, dass es auskömmliche risikoadjustierte Renditen nur bei Value-Add-Investments gebe. Mit dem Begriff „Value-Add“ wird eine Risikoklasse bezeichnet, bei der ein Großteil der Rendite durch Wertsteigerungsstrategien und damit durch aktives Asset Management erzielt wird.

Stefanie Pfister von der BVK vertrat die These, dass Nischeninvestments anderer Strukturen bedürfen als Core-Investments. Claudia Reich Floyd bemerkte, dass es keine guten oder schlechten Immobilien gebe, sondern nur über- und unterbewertete, während Kerstin Struckmann zu bedenken gab, dass die Märkte sich weiter ausdifferenzieren werden – und zwar sowohl regional als auch sektoral im Hinblick auf die Nutzungsarten. Und nach Einschätzung von Daniel Maric suchen europäische Investoren Renditen vermehrt in den USA und in Asien.

Immobilien und die Zinsentwicklung

Die Preisbildung bei Immobilien wird einerseits durch den Nutzermarkt und die Nachfrage nach Flächen beeinflusst und andererseits durch den Kapitalmarkt, wie Stephan Kloess anmerkte. Mit dieser Einschätzung spannte er den Bogen zum Thema Zinsen, die ebenfalls einen Einfluss auf die Bewertung haben, und kam auf aktuelle Entwicklungstendenzen zu sprechen: „Bis 2020 liefen Nutzer- und Kapitalmarkt in die gleiche Richtung, was die hohen Preise, die überschaubaren Renditen und die hohen Multiplikatoren erklärt hat. In jenem Jahr hat sich die Entwicklung gedreht.“

Kloess rief die Corona-Pandemie in Erinnerung und deren Auswirkungen auf den Markt für Büroimmobilien. „Aber auch im Wohn- und im Logistikbereich haben sich die Multiples seither stark reduziert.“ Mit Blick auf die Finanzierungsseite vertrat er die These, dass die langfristigen Zinsen in Zukunft vermutlich eher höher sein werden als niedriger. Kerstin Struckmann von der Commerz Real teilte diese Einschätzung. Man müsse abwarten, wie sich das auf die Bewertungen auswirken werde.

Stefanie Pfister von der Bayerischen Versorgungskammer erwartet langfristig eine Inflation bei etwa drei Prozent p.a. Auch das spricht für höhere Zinsen am langen Ende. Tilo Kraus warf ein, dass sich das auf die Refinanzierung bestehender Finanzierungsstrukturen auswirken werde. Zugleich ändere sich aber auch die Finanzierungslandschaft, so der Vedra-Pensions-Geschäftsführer, der es für möglich hält, dass die Banken risikoaverser werden. „Das schlägt natürlich in der Kapitalstruktur auf die Gesamtfinanzierungskosten der Immobilie durch.“

Kerstin Struckmann von Commerz Real sagte im Hinblick auf die Investitionsseite, dass die Banken heute deutlich genauer hinsehen würden, was sie finanzieren. Von daher erwartet sie, dass es für den einen oder anderen schwieriger werde, eine neue Bankenfinanzierung oder eine Refinanzierung in gleicher Höhe mit ähnlichen Konditionen zu bekommen.

Immobilienberater wie CBRE und JLL haben sich in letzter Zeit verhalten optimistisch gezeigt hinsichtlich einer Bodenbildung bei den Bewertungen. Stephan Kloess merkte an, dass das für den einen oder anderen Markt sicherlich zutrifft. Dennoch wollte der Fachmann mit Blick auf das Thema Zinsen/Finanzierung weitere Abwertungen nicht ausschließen. Stefanie Pfister sieht das ähnlich, aber im Großen und Ganzen sei man durch das Schlimmste durch, wie sie in Berlin hervorhob. Wichtig ist nach ihrer Auffassung mehr denn je die Lage einer Immobilie.

Danach gefragt, wo sie selbst noch Abwertungspotenzial sehe, gab die Immobilienspezialistin der BVK eine differenzierte Antwort; man könne das nicht pauschal beantworten. Beim Thema Büro, so Pfister, „gibt es Immobilien, die sehr gut funktionieren. Aber es kann vorkommen, dass es ein Objekt in 100 Meter Entfernung gibt, das im Gegensatz dazu überhaupt nicht funktioniert.“ Der Unterschied liege in der Qualität der Ausstattung begründet. Und die Spreu trenne sich gerade im Bürobereich vom Weizen bei der Frage, ob eine Immobilie auf dem neusten technischen und ökologischen Stand sei und bereits alle Annehmlichkeiten aufweise, die Firmenkunden heute erwarten.

Daniel Maric merkte mit Blick auf die USA an, dass die Nachfrage nach Real-Estate-Debt-Fonds dort deutlich steigt. Ein Grund dafür seien regulatorische Änderungen bei den US-amerikanischen Banken. Er machte deutlich, dass sich dadurch eine Lücke für Real-Estate-Debt-Fonds auftue, die diese schließen könnten.

Eine Frage des Bewerters

Das Immobilienpanel kam im weiteren Verlauf auf das Thema Abwertungsbedarf zurück. Dabei arbeiteten die Teilnehmer heraus, dass das immer auch eine Frage des jeweiligen Landes, des lokalen Bewerters und der örtlichen Gepflogenheiten sei. Manche Akteure seien in ihren Abwertungen schneller und aggressiver als andere, so der Tenor. „Die Volatilität im angelsächsischen Raum ist viel höher als im nicht-angelsächsischen Bereich“, stellte Kloess fest und erntete dafür Zustimmung bei den Panelisten.

Tilo Kraus merkte an, dass das auch mit der Finanzierungsseite zu tun habe, wenn Banken einen klaren Schnitt machen wollten, statt zunächst Zahlungsmoratorien zu verhängen. Stattdessen realisierten sie ihre Verluste. Auch das wirke sich auf die Preisbildung aus, weil diese Immobilien anschließend auf den Markt kommen. Europäische Banken reagierten an dieser Stelle langsamer, wie Kraus mit Blick auf die Jahre 2008/09 und in der Gegenwart beobachtet hat. „Wir teilen die Meinung, dass die Bodenbildung in den USA deutlich weiter ist als in Europa. Und wenn ich heute aufgrund eines bestimmten Szenarios einen Fonds zeichne, dann möchte ich nicht, dass dieser bis ins nächste Szenario braucht, bis er investiert ist. Denn ich möchte in das heutige Szenario investieren.“

Außerdem tauschten die Gesprächsteilnehmer ihre Erfahrungen aus, die sie mit Investments in Datenzentren gesammelt haben. Dabei handelt es sich um ein Nischenthema, das vor dem Hintergrund der zunehmenden Verbreitung von Künstlicher Intelligenz bei Investoren auf große Aufmerksamkeit gestoßen ist. Aber es ist kein Selbstläufer. Zuletzt hatte das auf die Entwicklung fortschrittlicher Sprachmodelle und Künstlicher Intelligenz spezialisierte chinesische Start-up Deepseek den Markt durchgeschüttelt und für Volatilität in der Bewertung gesorgt. Es werden noch mehr Data Center gebraucht, heißt es.

Allerdings muss man differenzieren zwischen den einzelnen Standorten wie Hongkong oder innerhalb der USA – und weiter mit Disruptionsrisiken rechnen. Das beginnt schon bei der Stromverfügbarkeit. Mancherorts könne es Jahre dauern, bis ein Stromanschluss gelegt werde.

Die BVK ist selbst nicht in Rechenzentren (Data Center) investiert, sondern über Real Estate Investments Trusts in die großen, gelisteten Data-Center-Unternehmen, wie Stefanie Pfister erklärte. Vedra Pensions adressiert Datenzentren indirekt über Fondsmanager beziehungsweise über Investments in geschlossene Fonds. „Wir haben Manager gefunden, die relativ zügig investieren können.“ Zusammenfassend kann man sagen, dass die Stimmung von einem gesunden Realismus geprägt gewesen ist. Das passt zur allgemeinen Erwartung, wonach 2025 kein großer Turnaround zu erwarten sei.

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