Corporates
8. Mai 2025

„Manche haben noch sehr viele Hausaufgaben zu machen“

Die Resultate im neuen Corporate-Governance-Ranking von Union Investment sind schwächer als im Vorjahr. Dauerbrenner sind die Themen Unabhängigkeit und Ämterhäufung.

Mit dem Ziel, das abstrakte Thema Corporate Governance für den Investmentprozess nutzbar zu machen, haben Union Investment und der Stimmrechtsberater Ivox Glass Lewis zum siebten Mal ihr Corporate-Governance-Ranking für die großen börsennotierten Unternehmen aus Deutschland veröffentlicht. Darin liegt der Notenschnitt der Firmen im Dax bei 2,8 (Vorjahr: 2,7) und im M-Dax bei 3,6 (Vorjahr: 3,3). Beide Werte für „gute Unternehmensführung“ haben sich damit im Vergleich zur letzten Erhebung verschlechtert.

Weil die Corporate-Governance-Wächter ihr Ranking überarbeitet und die Latte bei den Anforderungen höher gelegt haben, lassen sich die Zahlen jedoch nur bedingt miteinander vergleichen. Vanda Rothacker, Senior-ESG-Strategin mit Schwerpunkt Corporate Governance bei Union Investment, ordnet die neuen Ergebnisse ein. Sie sagt: „Wir konzentrieren uns auf Kriterien, bei denen wir noch Verbesserungspotenzial sehen. Bei Aufsichtsratszusammensetzung, Vorstandsvergütung und dem Frauenanteil im Topmanagement schauen wir noch genauer hin.“ Dauerbrenner im Blick auf Governance-Defizite seien die Themen Unabhängigkeit und Ämterhäufung.

Infineon liegt an der Spitze

Spitzenreiter im Dax mit Note 2 ist Infineon mit 85 von 100 maximal möglichen Punkten. Dahinter liegen Deutsche Post DHL (84) sowie Deutsche Börse, Eon, Mercedes-Benz, Merck und RWE mit jeweils 83 Zählern. Schlusslichter sind die Porsche AG mit Note 5+ (49 Punkte) sowie – abgeschlagen – die Porsche Automobil Holding SE mit Note 5 (41). Schon im Vorjahr hatte Union Investment ihnen ein schlechtes Zeugnis ausgestellt.

Im M-Dax führt TAG Immobilien das Feld mit 81 Zählern und Note 2- an, während hier gleich acht Unternehmen die für eine ausreichende Leistung nötige Mindestpunktzahl von 50 Zählern nicht erreichen: Bechtle, Rational, United Internet, Auto1 Group, Hypoport, Nemetschek, CTS Eventim und Traton. Mit Blick auf die großen Notenunterschiede im M-Dax bemängelt Rothacker: „Wenn man im Ranking weiter nach unten schaut, wird es düster. Hier haben die Unternehmen noch sehr viele Hausaufgaben zu machen.“

Sieben Themenfelder und 80 bewertete Fragen

Das Ranking basiert auf 80 bewerteten Fragen zu sieben Themenfeldern, die für Union Investment bei der Bewertung der Corporate Governance von Unternehmen relevant sind: 1. Kapital, 2. Vorstand, 3. Aufsichtsrat, 4. Vorstandsvergütung, 5. Aufsichtsratsvergütung, 6. Abschlussprüfung und 7. Transparenz und Aktionärsrechte.

Die erhobenen Datenpunkte werden auf einer Bewertungsskala von 0 bis 3 gewichtet. Maximal können 100 Punkte erreicht werden. Die Gesamtpunktzahl wird in ein Schulnotensystem übersetzt: Für eine ausreichende Leistung (Note 4) müssen mindestens 50 Punkte erreicht werden. Das Ranking sei im Sinne bestmöglicher Objektivität und Vergleichbarkeit rein quantitativ angelegt und beruhe auf breiter Datengrundlage. Bewertungsbasis bei allen Unternehmen seien die öffentlich verfügbaren Daten per Januar 2025.

Dass die Corporate Governance in Deutschland noch Luft nach oben hat, zeigte jüngst auch eine Mitteilung von ISS Stoxx. Demnach müssen gleich drei Unternehmen den S-Dax und den Tec-Dax zumindest vorübergehend verlassen. Grund für den Index-Bann ist, dass diese Unternehmen ihre geprüften Geschäftsberichte für 2024 nicht rechtzeitig vorlegen können.

Autoren:

Schlagworte:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert