Strategien
2. Juni 2025

Auf Marco Polos Spuren

Mit asiatischen Speisen kann man sich die Zunge verbrennen – und mit asiatischen Assets die Finger. Für Renditen und vor allem Diversifikationsbestrebungen ist Asien jedoch ein sehr attraktiver Kontinent. Anspruchsvoll ist die Umsetzung. Über die Erfahrungen, die sie auf ihren Asien-Expeditionen gemacht haben, berichteten Investoren auf dem Asia Day von Faros Consulting.

Private-Equity-Anleger zieht es lieber nach Westen als nach Osten. Laut Fundraising-Daten von McKinsey entfielen von den in 2024 insgesamt eingesammelten 589 Milliarden Dollar 60 Prozent auf die USA und 27 Prozent auf Europa. Nur jede zehnte Milliarde wurde in Asien investiert. Auch mittelfristig ist Asien Schlusslicht. Bei den durchschnittlichen jährlichen Fundraising-Wachstumsraten von 2019 bis 2024 weisen Nordamerika und Europa mit minus drei beziehungsweise plus sechs Prozent einigermaßen stabile Niveaus auf. In Asien hingegen ist ein heftiger Rückgang von 24 Prozent zu verzeichnen. Allein im vergangenen Jahr belief sich das Minus gegenüber 2023 auf 32 Prozent.

In starkem Kontrast zu dem schrumpfenden Fundraising steht das Wachstum dieser Region. Auf dem Faros Asia Day Ende April präsentierte der Private-Equity-Dachfonds Asia Alternatives Management volkswirtschaftliche Daten, laut denen auf China und Indien im Jahr 2033 26 Prozent des globalen GDP entfallen. 2013 waren es noch nur 14 Prozent. Im Zeitraum von 2022 bis 2033 sollen diese beiden Länder die sogenannte Konsumentenklasse um zusätzliche 535 Millionen Menschen vergrößern.

In Asien müssen sich Limited Partner also wenig Sorgen machen, dass zu viel Geld zu wenige Targets jagt. Diese sind auch entsprechend niedrig bewertet. Lag das Price-Earnings-Ratio von chinesischen Growth- und Buyout-Bewertungen im Durchschnitt der Jahre 2019 bis 2023 bei 12,3, sank die Kennziffer 2024 auf 8,8. „Eine deutliche Korrektur der Bewertungsmultiplikatoren auf den privaten Märkten öffnet GPs ein großartiges Zeitfenster für ‚buy-the-dip-Strategien‘“, schlussfolgerte Melissa Ma, Mitgründerin von Asia Alternatives. Ein interessantes 2025er-KGV weisen auf dem Aktienmarkt auch Chinas Tech Giants mit 18,6 und damit ein Niveau auf, das um 48 Prozent niedriger ausfällt als das von großen amerikanischen Tech-Titeln. Neben den weiteren Argumenten Demographie und Diversifikation werben nun auch noch Innovationen wie Deep Seek und ein irrlichternder US-Präsident für den asiatischen Kontinent.

Eine Expertenrunde auf dem Faros Asia Day musste man von den Vorzügen Asiens nicht mehr überzeugen. „Als institutioneller Investor mit langlaufenden Verpflichtungen muss man nach Asien. Nicht ‚ob‘ ist die Frage, sondern das ‚wie‘“, erklärte Gregor Asshoff, scheidender Vorstand Kapitalanlage der Soka-Bau. „Wir wollen dort investieren, wo es Wachstum gibt, wo wir langfristige Chancen sehen. Die Industrie- und Schwellenländer Asiens sind daher ein wichtiger Teil unserer Strategie und Bestandteil in jeder Asset-Klasse“, sagte KZVK-Vorstand Dr. Oliver Lang. Die Zielquoten für Asien belaufen sich in der Kölner Zusatzversorgungskasse je nach Asset-Klasse auf zehn bis 25 Prozent.

Bernd Franken, Geschäftsführer Kapitalanlage der Nordrheinischen Ärzteversorgung (NÄV), betonte den Diversifikationsaspekt, der nicht nur zwischen Kontinenten bestehe: „Amerika bildet mit dem Dollar einen Wirtschaftsblock. Dagegen ist Asien auch in sich gut diversifiziert.“ Innerhalb von Asien bestehen große Unterschiede beispielsweise zwischen Indien und Japan, Kambodscha und Südkorea oder Australien und China. Dagegen scheinen in Lateinamerika Länder wie Brasilien, Mexiko sowie die Andenstaaten Chile, Peru und Kolumbien vergleichsweise homogen.

Trotz attraktiver Makro-Daten wartet Asien für Anleger aber auch mit unliebsamen Überraschungen auf. So, wie man sich mit asiatischen Speisen die Zunge verbrennen kann, kann man sich mit asiatischen Assets die Finger verbrennen. Aktieninvestoren haben nicht vergessen, wie Chinas Präsident Xi dem Alibaba-Gründer Jack Ma vor knapp fünf Jahren die Gunst entzog und damit chinesischen Tech-Titeln den Stecker zog. Heute sind Xi und Jack Ma wieder Freunde und sollten es nach Einschätzung von China-Experte Professor Dr. Sebastian Heilmann auch erst einmal bleiben: „Chinas Parteiführung ist besessen von Technologie und arbeitet am technologischen Decoupling.“ Deshalb plädierte Heilmann dafür, sich auf ein disruptives Handeln einzustellen.

Gerade für Infrastrukturinvestoren stellt die Einheitspartei ein regulatorisches Risiko dar. Auf der Veranstaltung riet darum Verena Lim, CEO der Macquarie Group Asia, zu Vorsicht: „In China sind regulierte Assets gefährlicher als unregulierte.“ Zur Begründung verwies Lim auf versprochene, aber ausbleibende staatliche Kompensationen oder willkürliche Entscheidungen, wie die Gratisnutzung von Mautstraßen anlässlich bestimmter Ereignisse. „Politisch und makroökonomisch macht China für uns derzeit keinen Sinn“, so Lim.

Auch in demographischer Hinsicht fällt Macquaries China-Bestandsaufnahme kritisch aus. Das Vorgehen der Kommunistischen Partei Chinas findet zum Leidwesen von Investoren Nachahmer in anderen Ländern. „Wir investieren in Vietnam in Renewables“, berichtete Gregor Asshoff. „Die dortige Einheitspartei hat von Xi gelernt und macht nun auch Säuberungen. Dies hat zur Folge, dass die vietnamesischen Beamten, um jeden Ruch von Korruption zu vermeiden, nichts mehr entscheiden wollen. Genehmigungsprozesse sind nun extrem langsam.“

Wenig Freude macht in China auch der Immobilienmarkt: Schwierig sind nicht nur leere Wohnungen in Geisterstädten, sondern auch vollvermietete Büros. Letztere hat die Nordrheinische Ärzteversorgung im Angebot. „Wir kommen da aber nicht raus, weil uns aktuell potenzielle Käufer wie zum Beispiel Family Offices nur 50 Prozent vom NAV bieten“, so Franken. „Locked-in“ ist auch die Soka-Bau. „In China gibt es keinen internationalen Markt mehr. Die einzige Käufergruppe sind große chinesische Versicherer – und die wissen um die beschränkte Konkurrenz und bieten den halben Wert“, lamentiert Asshoff. „Hinzu kommen Sperenzchen, dass man von Kauf-Interessenten über anderthalb Jahre hingehalten wird. Im Moment ist Office ein schrecklicher Markt.“

Ist ein Land nicht nur groß an Fläche und Einwohnern, sondern auch an Problemen, stellen sich Fragen für die Benchmark. „Die übliche Benchmark lautet Asia ex-Japan. Dieser Index wird aber stark von China dominiert“, warnte Andy Suen, Co-Head of Asia Fixed Income bei Pinebridge. Also empfehlen sich andere Indizes. Im JP Morgan Asia Credit Index kommt China beispielsweise nur auf knapp 20 Prozent. Auf den Private Markets können Investoren Marktkapitalisierungen und BIPs so abmischen, dass sich das Gewicht Chinas (und das der USA) reduziert. Oder auch gleich ganz auf China verzichten. So hat sich die Soka-Bau bei neuen Investments eine China-Pause verordnet.

Neben dem Benchmarking stellen sich Investoren noch weitere Umsetzungsfragen. Beispielsweise sollten Renditeziele eher offensiv formuliert sein. Wie die Investoren berichten, präferiert man bei Real Estate wegen der FX-Kosten Value add gegenüber Core. Bezüglich der Mandate werden auf Asset-Manager-Ebene ressourcenbedingt Pan-Asia-Ansätze verfolgt. Ein Nachteil der Private Markets in Asien ist (noch), dass es wenig Optimierungsmöglichkeiten gibt. „In Asien kommen jetzt erst Secondaries und Continuation Vehicles auf. Somit gestalten sich bislang Umschichtungen im Vergleich zu Europa oder den USA schwieriger“, so Franken. Mit Blick darauf – und auf den Extremfall China Real Estate – und das Diversifikationspotenzial Asiens gibt es für Oliver Lang noch eine interessante Alternative zu geschlossenen Fonds: „Im Immobilienbereich ist Asien eine Region, in der für uns auch Reits ein wichtiger Strategie-Baustein sind. Reits bieten auch Zugang zu Nischenthemen wie Rechenzentren und erhöhen dadurch die Diversifikation.“ Ein weiterer Vorteil von Reits: Man bestimmt die Investmentgeschwindigkeit selbst.

Auch wenn das eine oder andere noch gewöhnungsbedürftig ist, möchten die Investoren spicy Asian Assets nicht missen. „Unsere Renditeerwartungen haben sich in Asien erfüllt, ein Extra-Premium konnten wir allerdings nicht erwirtschaften“, zieht Bernd Franken ein (vorläufiges) Fazit. „Vor allem bietet Asien uns aber eine Diversifikation, die nichts kostet. Asien stellt für uns ein strategisches Standbein dar, das uns in dieser geopolitischen Lage noch sehr nützlich werden kann.“

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