Drum prüfe, wer sich lange bindet

Peter Herrmannsberger, Vorstandsvorsitzender der Philips Pensionskasse, referierte auf der Alternative Investor Conference (AIC) des BAI über die sich wandelnde Rolle von Alternatives im Portfolio. Bild: Screenshot, BAI 2023.
Wenn Lösungsanbieter ebenso ausführlich wie begeistert ausgefallene Produktinnovationen für die Strategische Asset-Allokation für das nächste halbe Jahr präsentieren sowie Downside Protections und Upside Potentials mit passenden Backtests demonstrieren, haben sie von ihrer institutionellen Kundschaft bestimmt schon einmal diese Antwort bekommen: „Das müssen wir prüfen.“ Besonders viel Prüfungsbedarf fällt auf den Private Markets an. Auf der diesjährigen BAIC berichteten die Protagonisten, wie sie ihre Dienstleister prüfen, wie sie den Prüfungsaufwand reduzieren – und wie sie sich auch selbst auf den Prüfstand stellen.
Wie immer liegt im Fokus der Due Diligence der Track Record und das Team des Asset Managers. „Beim Track Record achten wir nun besonders darauf, ob der GP schon einmal durch eine Krise gegangen ist“, berichtete Rebecca Rösing von der PKDW auf dem Investor Panel der Alternative Investor Conference (AIC) des BAI. Bezüglich des Teams achtet die PKDW verstärkt darauf, wie lange dieses schon zusammenarbeitet und konkret, wie in die von meist männlichen Managern mit jahrzehntelanger Erfahrung geprägte Branche frisches Blut reinkommt beziehungsweise, wo man Juniors findet und wie man diese für das Unternehmen motiviert. Zudem formulierte Rösing einen Wunsch an die General Partner: „GPs sind immer über alle Zyklen hinweg Top Quartile und haben nie Fundraising-Probleme – etwas mehr Ehrlichkeit wäre schön.“
Zustimmung bekam Rösing von Dörthe Vogt von der NRW-Bank. Die Förderbank investiert bereits seit 2008 in Private-Equity- und Venture-Capital-Fonds. Wichtig ist für Vogt in der Due Diligence zudem, mit den einzelnen Mitarbeitern des Fondsanbieters zu sprechen, Reference Calls zu machen – und gemeinsam Probleme zu diskutieren. „Etwas Reibung ist gut, weil man ja langfristig zusammenarbeiten möchte“, so Vogt. Fündig wird die Bank auch für Venture Capital bei hiesigen Teams. „Die Qualität der Venture-Capital-Fonds in Europa und Deutschland ist gut. Es gibt extrem gute Teams, die die Unternehmen begleiten können.“ Das Manko sei jedoch, dass die großen Exits in den USA erfolgen. „Beim Finanzierungsumfeld kann Europa bislang nicht mithalten.“ „Team USA“ ist dagegen Dajana Brodmann von Eon. Aus ihrer Sicht liegen die USA bei der Qualität der Asset Manager vor Europa. Die Pensionsgelder des Energiekonzerns sind darum, zumindest was Private Equity und Infrastruktur betrifft, mehr in den Vereinigten Staaten investiert.
Peter Herrmannsberger, Vorstandsvorsitzender der Philips Pensionskasse, referierte über die sich wandelnde Rolle von Alternatives im Portfolio. Er erläuterte, dass Alternatives bis 2012 primär eine Beimischung darstellten, die auf Diversifikation und die Erzielung von Komplexitätsprämien abzielte. Danach folgte bis 2022 die Phase, in der Anleger in alternativen Anlagen fast ausschließlich eine positive Realrendite suchten. Seit 2023 befänden sich die LPs in einer gewissen „Schockstarre“ und widmen sich bei ausgereizten Anlagequoten der Neubewertung. „Nun fällt die Motivationslage investorenspezifisch aus“, erklärte Herrmannsberger.
In diesem langen Zeitraum hat die Branche, so Herrmannsberger, einen erheblichen Reife- und Professionalisierungsprozess durchgemacht. Dessen Nebenwirkung: Die Zahl der alternativen Asset-Klassen in den Portfolios ist teilweise recht hoch oder – gerade bei kleineren Investoren – sogar schon eher überdimensioniert. Herrmannsberger verwies auf den Investor Survey 2024 des BAI, laut dem knapp die Hälfte der Anleger in mindestens sechs verschiedene Asset-Klassen allokiert sind, fast ein Fünftel sogar in mindestens acht. „Many years of experience and investments are reflected in highly diversified alternative portfolios”, titelt der Verband. Herrmannsberger sieht diese Statistik etwas kritischer und erkennt eine „tendenzielle Überdiversifizierung und zu viel Komplexität“. Diese Streuung sei oft nur passend, solange keine Probleme auftauchen.
Im Weg steht eine zu breite alternative Allokation zudem deren gezielteren Nutzung. „Welches Problem will ich mit Alternatives lösen und kann das nicht mit traditionellen Anlagen?“, stellte der Pensionskassen-Vorstand als Frage in den Raum. Eine mögliche Antwort: Um sich gegenüber einem ökonomischen Risiko, wie einer Stagflation, zu rüsten. Im Weg steht eine zu breite Allokation aber auch dem Ziel, Komplexität und Aufwand zu reduzieren. Dabei helfen aus seiner Sicht vor allem Strukturen und Partnerschaften. „Ich bin ein Verfechter von Evergreens“, sagte Herrmannsberger. „Denn mit Evergreens habe ich weniger Due-Diligence-Aufwand.“
Als Praxisbeispiel für eine sinnvolle Struktur schildert Herrmannsberger ein Multi-Manager-Konzept mit einem Advisor. Das klingt teuer, ist jedoch strategisch und finanziell gerechtfertigt. Zum einen handelt es sich nämlich um eine globale Strategie mit US- und asiatischen Zielfonds, die keinen Bezug zur deutschen Regulatorik haben. Zum anderen: „Wir haben damals bewusst einen großen Partner ausgewählt, der verschiedene Commitments bündeln und so die Management Fees der Zielfonds reduzieren konnte. Diese Reduktionen kompensieren die Gebühr für den Advisor.“ Strategisch spricht aus Sicht von Herrmannsberger für dieses Konstrukt noch ein weiterer Grund: „In der Phase, die uns jetzt bevorsteht, braucht ein Investor zunehmend stärkere Partner.“
Auf den Prüfstand kommen aber auch die Investoren selbst – nämlich, wenn die Bafin anklopft oder wenn ein Investor seine eigene Strategie abklopft. Einblicke in das Procedere der Aufsicht gab auf der BAI-Konferenz Marc Wolbeck, Referatsleiter VA 25, Bafin. „Die Bafin beschäftigt sich eher mit Risiken als mit Chancen“, so Wolbeck zu Beginn seines Vortrags. Dieses Vorgehen findet seine Entsprechung in den Paragrafen 124 VAG – Prudent Person Principle – und 294, Absatz 4 VAG, der festhält, dass die Kapitalanlage eine den Verpflichtungen dienende Funktion hat. Jüngst war vor allem die Finanzierung von Projektentwicklern den Verpflichtungen wenig dienlich. Dies könnte auch bei anderen Kreditnehmern der Fall sein.
Alle Alarmglocken läuteten bei Wolbeck beispielsweise, als von einem Versicherungsunternehmen bekannt wurde, dass dieses Darlehen an eine griechische Reederei vergeben hatte. Schlussendlich handelte es sich jedoch um einen Fehlalarm, da die Aufsicht bei dem Versicherer im Prinzip nur prudent persons identifizierte. „Das geforderte Verständnis für das Geschäftsmodell war in diesem Fall gegeben. Die Darlehen wurden mit einem Hair Cut und gemeinsam mit der Bank erworben, der LTV liegt unter 50 und es bestehen Sicherheiten, deren Werthaltigkeit ebenfalls gegeben war“, berichtete Wolbeck. Grundsätzlich sei für Alternatives ein leistungsstarkes Risikomanagement mit entsprechender Personalausstattung vonnöten.
Selbstkritisch ist der Kenfo – und benchmarkte darum sein Private Markets Portfolio. Einen Erfahrungsbericht gaben Verena Kempe und Dr. Alexander Witkowski. Für die Selbstanalyse stützte man sich auf Studien, Datenanbieter und den Austausch mit anderen Investoren. Für die pro Quartal erfolgende Analyse konkret genutzt werden das ‚Public Market Equivalent‘, das ‚Direct Alpha‘ und eine Mischung dieser Kennzahlen. Ein solcher Vergleich ist nicht frei von Schwierigkeiten. Witkowski erwähnte unter anderem, dass die liquiden Vergleichsmaße nicht der Strategie der geschlossenen Fonds entsprechen oder Biase bei den Datenanbietern.
Das Ergebnis ist aber eindeutig: Private Equity liegt etwa vier Prozent über dem Aktienvergleichsportfolio. Erkennbarer Mehrwert ergibt sich auch für Infrastruktur und Private Debt. „Das Benchmarking auf Ebene der Asset-Klassen zeigt einen eindeutigen Mehrwert der Private Markets“, konstatierte Witkowski. Erfreulich für Anbieter ist aber nicht nur dieses Ergebnis, sondern nicht zuletzt auch der Einblick in die aktuellen Allokationszahlen der 2017 gestarteten Einrichtung. „Unsere Private-Markets-Zielquote liegt bei 29 Prozent. Aktuell liegen wir bei 13 Prozent“, erklärte Verena Kempe.
Laufend geprüft wird von den LPs auch das Liquiditätsmanagement. Grund ist, dass Ausschüttungen und Rückzahlungen versiegten, die Investoren jedoch trotzdem oft gecallt wurden. Zum Verdruss der alternativen Anlagespezialisten trägt zudem oft bei, dass man derzeit einige Opportunitäten sieht, die Gelder „von oben“ jedoch eher den Fixed-Income-Kollegen zugeteilt werden. Dieses Dilemma betrifft aber nicht alle. „Glücklicherweise haben wir eine größere Private-Equity-Allokation bekommen“, so Dajana Brodmann. „Auch weil sich für die Branche das Fundraising derzeit eher zäh gestaltet, können wir nun leichter in wirklich gute Fonds reinkommen.“
Eine Ausnahme ist Eons Altersvorsorge auch insofern, dass bei Private Equity in 2024 „starke Rückflüsse“ zu verzeichnen waren. Dies lag laut Brodmann an der Reife des Portfolios und an der Allokation im Bereich US Small to Lower Middle Market Buyout-Fonds. „Rückflüsse kamen auch von den Large Caps. Diese waren aber eher auf die Kreativität der GPs als auf echte Exits zurückzuführen.“ Auch bei der Arag kamen zumindest von den Small-Cap-Fonds Rückflüsse. „Aber 2024 war definitiv kein Rekordjahr“, so Thore Wackermann von der Arag. Zumal sich auch bei Infrastruktur das Steady-Cashflow-Versprechen nicht erfüllte. Künftig will man wieder mehr auf Cash Yields achten und darum stärker in Core und Core plus gehen.
Der Sorge von Moderator Rolf Dreiseidler, ob Core Yields denn ausreichen, entgegnete Wackermann: „Zumindest was uns bei Core versprochen wird, würde reichen.“ Grundsätzlich vertraut Wackermann trotz niedriger Rückflüsse und Geopolitik einem agnostischen Ansatz: „Wir halten an Pace und Ticket Size fest.“ Eine Erleichterung für das Liquiditätsmanagement und eine Exit-Hilfe könnten Markt-Zuflüsse aus Eltifs sein. Peter Herrmannsberger begrüßt, dass perspektivisch neue Käuferschichten hinzukommen. „Ein verbesserter Zugang für kleinere Investoren schafft Nachfrage und hilft institutionellen Anlegern, Bewertungen zu stabilisieren.“
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Private Assets
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