Alternative Anlagen
4. August 2025

Tritt aufs Gaspedal

Der Bedarf an Batterien wächst – aber auch an Gaskraftwerken. Asset Manager Ikav erzielt mit Verkauf von Gasfeld hohes Multiple.

In die Energiewende zu investieren, mag löblich sein, ist aber komplex. Für institutionelle Investoren gilt es, Physik und Politik sowie Ökonomie, Ökologie und Ideologien je nach Region zu sortieren und daraus einen Investment Case abzuleiten. Keine leichte Übung, insbesondere wenn noch ein Politikwechsel hinzukommt. Schwierig erschient derzeit zuvorderst die Meinungsbildung zu Gaskraftwerken. Der fossile Energieträger ist in den USA gefragt, um dem nach allgemeiner Erwartung weiter steigenden Energiebedarf nachzukommen. In Deutschland ist Gas als Back-up für Dunkelflauten, um das Netz stabil zu halten, gefragt. Fraglich aber, in welchem Maße, und auch, inwiefern eine Konkurrenz zu Batteriespeichern besteht.

Gemäß einer Analyse des Datenanbieters „Globaler Energiemonitor“ weisen die USA derzeit die zweitgrößte Pipeline an Gaskraftwerken in der Entwicklung weltweit auf. Teilweise sei dies auf Spekulationen über den künftigen Energiebedarf der aufstrebenden KI-Industrie zurückzuführen. Die hohe Gasnachfrage, auch resultierend aus LNG-Export, hat sowohl die Nachfrage an Gasexploration als auch die Bewertung dieser Anlagen stark erhöht. Die US-Gasnachfrage hat im Juli die Ikav genutzt: Der Asset Manager verkaufte seine Gasexploration im US-Bundesstaat Colorado und New Mexico.

Constantin von Wasserschleben, CEO und Gründer von Ikav, erklärt: „Der Appetit auf Gas-Assets ist derzeit in den USA sehr groß. Einerseits geht der Fracking-Boom zu Ende, da kaum noch passende Flächen zur Verfügung stehen, die sich zu ökonomisch vernünftigen Konditionen bewirtschaften lassen. Andererseits liegt eine hohe Erwartungshaltung zwecks eines nachhaltigen und dauerhaften Anstiegs der Gasnachfrage für die kommenden Jahre vor.“ Allerdings, so von Wasserschleben, ist die Ikav skeptisch bei der Geschwindigkeit der Umsetzung von Gaskraftwerken/Netzanschlusspunkten etc., da bei der dafür notwendigen Infrastruktur erhebliche Engpässe für die kommende Jahre vorliegen. Entsprechend hat die Ikav ihre Position abgebaut.“ Bedenken hegt auch der Globale Energiemonitor. „Diese Flut an neuen Projekten“, so dessen Warnung im Februar, „könnte zu Milliarden an gestrandeten Vermögenswerten führen, wenn die Gasnachfrage platzt.“ Zum damaligen Stand von vor einem halben Jahr hätten sich noch viele Projekte in den frühesten Phasen befunden.

5x mit Gasexploration

Den an dem US-Gasfeld der Ikav beteiligten Versicherungen und Versorgungswerken bescherte der Verkauf ein erfreuliches Ergebnis. Von Wasserschleben beziffert den Exit im Vergleich zum Kauf im Jahr 2020 mit 5x. Wie bei hohen Returns meist der Fall, liegt der Gewinn im Einkauf. Damals hatten nicht nur institutionelle Investoren Berührungsängste mit fossilen Energien, sondern auch der damalige Verkäufer, BP, welcher sich eine Dekarbonisierungsstrategie auferlegt hat. Die ESG-Strategien und -Vorgaben haben viele Investoren und Banken dazu bewogen, ihre Engagements in fossiler Energie aufgrund des „E“-Aspektes signifikant abzubauen. Allerdings scheint dieser Trend seit dem Amtseintritt von Donald Trump gebrochen. Wie von Wasserschleben berichtet, haben Investoren die validen Argumente und die Notwendigkeit einer gesicherten fossilen Versorgung als Brücke durchaus nachvollziehen können, tendierten aber mehrheitlich dazu, diesen Dialog im Haus nicht zu führen. Auch die Tatsache, dass gerade Gas als soziales Instrument zwecks Inflationsvermeidung eine zentrale Rolle spielt. Das „S“ in ESG wurde oft anerkannt. Aber die Bereitschaft, Grundversorgung nachhaltig sicherzustellen, wurde nicht selten aus Sorge vor einer kritischen öffentlichen Meinung zurückgestellt.

Schwarz-rote Koalition setzt auf Gaskraftwerke

Gaskraftwerke sind aber auch in Europe en vogue – allerdings mehr als Back-up statt als Basis-Energieträger. Dem Koalitionsvertrag ist zu entnehmen, dass die Bundesregierung den Bau von bis zu 20 Gigawatt an Gaskraftwerksleistung bis 2030 anpeilt. Laut der Wochenzeitung „Die Zeit“ wären dies etwa 40 Anlagen und fast doppelt so viel wie in der früheren Planung der Ampelregierung. Eine verpflichtende Umstellung auf Wasserstoff solle unter Schwarz-Rot dagegen entfallen. Stattdessen, so das Blatt, sollen CCS-Technologien zur CO₂-Speicherung genutzt werden können – trotz der damit verbundenen hohen Energie- und Investitionskosten.

Mit den Gaskraftwerk-Ambitionen der schwarz-roten Regierung dürfte sich für manche Investoren die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Batteriespeichern stellen. Zwar bescheinigte eine Fraunhofer-Studie im vergangenen Jahr, dass PV-Anlagen nun auch in Kombination mit Batteriespeichern deutlich günstiger Strom produzieren als Kohle- oder Gaskraftwerke. Zudem würden die Stromgestehungskosten für Renewables bis 2045 weiter fallen. Allerdings brauche es in einem klimaneutralen Energiesystem, in dem der Anteil Erneuerbarer Energien hoch ist, neben Batteriespeichern ebenfalls flexibel regelbare Kraftwerke als Back-up – selbst, wenn deren Stromgestehungskosten deutlich höher sind. Auch der Netzbetreiber EnBW hält den Bau neuer, wasserstofffähiger Gaskraftwerke für „dringend notwendig“.

Batterie steht in Deutschland nicht in Konkurrenz zu Gas

Markus Wandt, Chief Investment Officer und im Board of Directors bei Aquila Capital, geht nicht davon aus, dass die Gaskraftwerk-Pläne der Bundesregierung Batteriespeicher überflüssig machen: „Die geplante grundlastfähige Erzeugungsleistung stellt einen Baustein einer nachhaltigen Energieversorgung dar, zu der der Ausbau an Batteriespeichern ebenfalls einen wichtigen strategischen Beitrag leistet. Daher ist das Ausbauziel auch komplementär zu sehen.“ Auch von Wasserschleben von der Ikav, die in Deutschland in mehrere große Batterieparks investiert, sieht Batterien nicht im Wettbewerb zu Gaskraftwerken – trotz der 20-Gigawatt-Ambitionen der Regierung und der Notwendigkeit von längerfristigen Speichern: „Es gibt viele Argumente, die an einen Investitionsboom für Gaskraftwerke in Deutschland ein großes Fragezeichen setzen. Trotz der erwarteten Tenderprämien sind unseres Erachtens weiterhin eine Vielzahl an Bedenken vorhanden, die einen dauerhaft ökonomischen Stand-alone Case nicht rechtfertigen.“ Bedenken bezüglich der Rentabilität von Gaskraftwerken in Deutschland hat von Wasserschleben unter anderem mit Blick auf fehlende Planungssicherheit, lange Genehmigungsverfahren, hohe Finanzierungskosten, die Konkurrenz mit bestehenden Kohlekraftwerken und dass ein mitteleuropäisches Land viele Netzanschlussmöglichkeiten mit dem Ausland hat.

In Italien Gas, in Deutschland Batterien

Allerdings hat die Ikav in Italien schon vor einigen Jahren gemeinsam mit deutschen Versicherungen in flexible Gaskraftwerke mit über 500 Megawatt an acht Standorten investiert, die zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint. „Der größte Wettbewerber für unsere Gaskraftwerke in Italien sind aktuell Wasserkraftwerke, wobei wir davon ausgehen, dass Batteriespeicher hier mittelfristig eine größere Rolle übernehmen werden“, erklärt von Wasserschleben. „Da Wasserkraftwerke selbst saisonale Tendenzen haben, rechnen wir damit, dass insbesondere während Dunkelflauten zuerst die Batterie und dann Gaskraftwerke zum Zug kommen. Die Kapazitäten von Batterien reichen nur für wenige Stunden, so dass gerade spezielle Ausgangssituationen wie beispielsweise eine längere Hitzeperiode oder geringe Wasserlast in den Flüssen immer wieder eine hohe Auslastung für fossile Kraftwerke zur Folge haben werden.“ Markus Wandt präzisiert diese Kapazität: „Batteriespeicher existieren in unterschiedlichen Größen, wobei zwei bis vier Stunden der Regelfall sind. Hierbei wird von einer Dauer bei maximaler Leistung gesprochen.“ Wandt ergänzt, dass Batteriespeicher ein wesentlicher, aber nicht einziger Baustein eines integrierten nachhaltigen Energiesystems im Zusammenspiel mit signifikanten Interkonnektoren, grundlastfähiger Erzeugungskapazität etc. sowie dezentralen Energiesystemen sind.

Mit Batteriespeicher gegen die Entenkurve

Und damit noch einmal in die USA, wo zumindest in einem Bundesstaat Batterien sehr relevant geworden sind: Wie der Asset Manager Aream berichtet, verdienten PV-Investoren in Kalifornien wegen des Duck-Curve-Phänomens nur noch rund ein Drittel im Vergleich zum Stromdurchschnittspreis. Die „Entenkurve“ spiegelt den negativen Strompreis zur Mittagszeit wider, wenn PV-Parks am meisten einspeisen. Kalifornien zeigt aber auch, was an Batterieausbau möglich ist. Zwischen 2020 und Mitte 2025 wurde die Speicherkapazität von 0,5 auf über 15,7 Gigawatt hochgefahren. So konnte tagsüber überschüssiger Solarstrom gespeichert und abends bedarfsgerecht ins Netz eingespeist werden. „Im Ergebnis glätten sich Preisspitzen und Versorgungslücken und es müssen weniger konventionelle Kraftwerke einspringen“, erklärt Patrick Lemcke-Braselmann, Co-CEO von Aream. In Deutschland seien 2023 rund vier Prozent der gesamten Ökostromproduktion wegen Netzengpässen abgeregelt worden.

Was nun, Investor? Die Experten von Solar Power Europe erwarten in Europa bis 2029 eine signifikante BESS-Expansion (Battery Energy Storage System) auf 400 Gigawatt-Stunden. Angetrieben wird der Zubau insbesondere von Deutschland, Italien und Großbritannien. Allerdings seien die 400 GWh für die Energiewende nicht ausreichend. Somit dürfte es in Europa absehbar Platz sowohl für Batteriespeicher als auch für Gaskraftwerke geben.

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