Gemischtes Investoren-Feedback zum Solvency II Review
Der Entwurf der Solvency II Delegierten Verordnung ist da. Versicherer nehmen Stellung – und auch Jegor Tokarevich, Frank Dornseifer und Karolin Pötzsch in diesem exklusiven Beitrag für portfolio institutionell.
Nach der Veröffentlichung der Solvency-II-Änderungsrichtlinie im Januar 2025 wartete die Branche gespannt auf weitere Details im Entwurf der Solvency-II-Delegierten Verordnung („Solvency-II-DVO-E“). Im Juli 2025 hatte das Warten auf den Kommissionsvorschlag ein Ende, so dass Versicherungsunternehmen die Sommerpause unter anderem mit der ersten Analyse der neuen regulatorischen Vorschläge füllen konnten.
Auch wenn die Änderungen erst ab 30. Januar 2027 anzuwenden sein sollen, hatten wir als BAI bereits die Möglichkeit, die ersten Eindrücke mit der Versicherungsbranche – unter anderem im Rahmen einer Austauschrunde für die Kapitalanlage des German Sustainability Networks (GSN) – zu diskutieren.
In Bezug auf die Kapitalanlage haben die Investoren insbesondere die folgenden Vorschläge als relevant bezeichnet. Unser erstes Verständnis ist aus Sicht des BAIs ebenfalls dargestellt:
Solvency 2 DVO-E | Auswirkung auf Investoren |
Reduktion der Risikomarge . | Positiv – geringere Verbindlichkeiten |
Höhere Zinsstressschocks . | Eher negativ – höhere Kapitalanforderungen insb. im Niedrigzinsumfeld |
Langfristige Aktieninvestments . | Vermutlich keine Auswirkung, da die vorgeschlagenen Anforderungen zu komplex sind und nicht umgesetzt werden (können) |
Ggf. positiv, sofern die Anforderungen noch praxistauglicher ausgestaltet werden – starke Reduktion des Aktienschocks auf 22% (von aktuell bis zu 49%) . | |
Reduktion von Stressfaktoren für geratete Verbriefungen | Positiv – Reduktion von Spreadschocks für geratete Verbriefungen . |
Höhere Bandbreite für die symmetrische Anpassung . | Positiv in starken Marktrückgangsphasen – Reduktion der Basisschocks für Aktienrisiken um bis zu 17% (statt 10%) |
Negativ in starken Marktaufschwungsphasen – Erhöhung der Basisschocks für Aktienrisiken um bis zu 17% (statt 10%) . | |
Behandlung von ausgefallenen / gestundeten Kreditinstrumenten im Ausfallrisikomodul | Negativ – höherer Risikobeitrag im Ausfallrisiko anstelle vom Spreadrisiko (aktuell) |
Grundsätzlich scheinen die vorgeschlagenen Änderungen eher eine geringfügige Evolution und weniger eine Revolution zu sein.
So ist die Auswirkung der reduzierten Risikomarge gemäß einem Versicherer beispielsweise grundsätzlich positiv zu bewerten – allerdings wirke sich diese nur geringfügig auf die Verbesserung der Solvabilitätsquote aus.
Darüber hinaus steht ein anderes Haus den Verringerungen von Spread-Schocks für geratete Verbriefungen positiv gegenüber. Die daraus resultierenden Effekte führen zwar nicht zu einer grundlegenden Änderung der Anlagestrategie in Bezug auf Verbriefungen, werden jedoch im Rahmen der bestehenden Allokation gerne „mitgenommen“.
Die mehrere Seiten umfassenden Kriterien für langfristige Aktieninvestments wurden von einem Versicherungsunternehmen als wenig praktikabel und zu umfangreich angesehen. Um die Anforderungen des „forced selling test“ zu erfüllen, müsste zum Beispiel eine vollständige Unternehmensplanung mit zusätzlichen Stresstests für ein Subportfolio erstellt, in die Steuerung einbezogen und berichtet werden. Dies würde erhebliche Kapazitäten in verschiedenen Abteilungen binden und keine wesentliche Verbesserung gegenüber der aktuellen „Quasi-Ringfencing-Anforderung“ – aufgrund derer viele Versicherer die langfristige Aktieninvestmentkategorie nicht nutzen (können) – darstellen. Sollten andere Solvency 2-Unternehmen zur selben Schlussfolgerung kommen, würde der lang diskutierte Versuch, diese Anforderung zu lockern, leider ins Leere laufen. Diese Einschätzung deckt sich mit weiteren Rückmeldungen von Versicherungsunternehmen, die den Anforderungskatalog als zu restriktiv und zu aufwändig einschätzen und einen stärkeren prinzipienorientierten Ansatz, zum Beispiel im Rahmen der bereits bestehenden Säule-II-Anforderungen an das Risikomanagement, befürworten.
Verschiedene Versicherer sehen die Anpassung von Zinsschocks, wenngleich diese durchaus erwartbar waren und der aktuelle Ansatz insbesondere im Niedrigzinsumfeld das ökonomische Risiko in der Vergangenheit unterschätzt hat, als negativ an. Im Gegensatz zu den oben genannten Anpassungen soll dieser Vorschlag die Solvabilitätsquoten verringern.
Am 5. September endete die Konsultationsphase der EU COM zum ersten Entwurf der Solvency-II-DVO. Anhand eines ersten Feedbacks der Versicherungsbranche scheinen die vorgeschlagenen Änderungen eher zu geringfügigen Anpassungen für den Investmentsektor zu führen. Weitere Verbesserungen wie beispielsweise eine Vereinfachung der Kriterien für langfristige Aktieninvestments könnten die Erreichung der Ziele der EU COM – wie den Abbau von regulatorischen Hürden und die Mobilisierung des Versichererkapitals für die Realwirtschaft – weiter befördern.
Autoren: Frank Dornseifer, Jegor Tokarevich und Karolin PötzschSchlagworte: Politik / Regulierung | Solvency II
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