NKI schlägt Alternativen zu Rüstungs-Fonds vor
Starkes Wachstum der Defense-Fonds bei Anzahl, AuM und Rendite. Viele Anleger schließen diese Investments aus.
Rüstungsunternehmen sind für nachhaltige Investoren ein Dilemma. Einerseits sind Waffen mit dem Do-no-significant-harm-Prinzip nicht vereinbar. Andererseits macht der Angriffskrieg Russlands den Bedarf an Verteidigungsgütern offensichtlich. In einem aktuellen Positionspapier des NKI – Institut für nachhaltige Kapitalanlagen finden sich zwei Motive auch für nachhaltige Investoren, in Rüstungsunternehmen zu investieren: Defense-Investments begründen sich Anleger einmal darin, in die Sicherheit des politischen und wirtschaftlichen Systems investieren zu wollen, in dem sie agieren und leben. Außerdem wollen Anleger auch an der guten Performance der Aktien von Rüstungsunternehmen partizipieren.
Um das „komplexe Spannungsfeld von ethischen, sicherheitspolitischen und finanziellen Überlegungen“ aufzulösen, plädiert der NKI dafür, den Herstellern von geächteten und kontroversen Waffen kein Kapital zur Verfügung stellen. Dabei wäre es für den NKI „wünschenswert, wenn entsprechende Ausschlüsse noch konsequenter für alle geächteten Waffen umgesetzt werden würden“. Zweitens sollten (Nachhaltigkeits-)Fonds, die in konventionelle Waffen investieren, dies umfassend transparent machen und damit den Anlegern die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, ob sie dieses Investment als tragbar erachten.
Renewables und Bundesanleihen
Diese Standpunkte vertrat der NKI bereits in der Vergangenheit. Nun wartet das Team um Geschäftsführer Rolf Häßler aber noch mit einem Vorschlag zu alternativen Sicherheitsinvestments auf. „Hierzu gehören Investments in die Energie-Infrastruktur, zum Beispiel in die dezentrale, erneuerbare Energieversorgung, die Staaten unabhängiger von Energieimporten aus oppressiven oder aggressiven Staaten machen und die eigene Erpressbarkeit reduzieren. So ist es zutiefst widersprüchlich, dass die EU zwar den ukrainischen Kampf gegen Russland umfassend finanziell und militärisch unterstützt, gleichzeitig aber weiterhin für mehrere Milliarden Euro pro Jahr Gas in Russland einkauft und damit den Krieg mitfinanziert.“ Analoge Überlegungen zu Abhängigkeiten würden auch für verschiedene Rohstoffe, wie beispielsweise seltene Erden, und Schlüsseltechnologien, gelten. Im weiteren Sinne gehören für den NKI auch deutsche Staatsanleihen zu den alternativen Sicherheitsinvestments, da man über sie zumindest anteilig auch die Verteidigungsinvestitionen finanziert.
Großes Produktangebot
Wer doch lieber in Rüstungsaktien anlegen will, hat mittlerweile die Qual der Wahl. Das Produktangebot für Rüstung-Investments ist stark gewachsen – bezüglich Performance und Assets under Management. Während Investoren die Renditen schätzen, freuen sich Asset Manager über das absetzbare Volumen. Beispielsweise konnte der Ende März 2023 von Van Eck aufgelegte Defense ETF im vergangenen Jahr um 43,5 Prozent sowie im laufenden Jahr um 60 Prozent zulegen und bringt es auf ein Anlagevolumen von 6,721 Milliarden Dollar.
Dieser ETF war ein Trendsetter und hat viele Nachahmer angelockt. Einer aktuellen Studie von Scope ist zu entnehmen, dass Anleger aktuell 20 Fonds mit eindeutiger „Verteidigungs“-Ausrichtung zur Verfügung stehen. Stand Anfang September verwalten diese Produkte 13,3 Milliarden Euro. Nur fünf der 20 Fonds werden aktiv gemanagt. Interessant ist an der Analyse zudem, dass in der noch jungen Performance der Fonds deutliche Unterschiede zu erkennen sind. Diese führt Scope auf „strukturelle Merkmale“ zurück, und zwar „insbesondere auf die Zusammensetzung der Indizes, die Gewichtung einzelner Titel sowie die regionale und sektorale Ausrichtung“.
FNG: 72 Prozent bannen Rüstungsgüter
Anzunehmen ist, dass diese Fonds auch Mittel von ESG-bewussten Investoren bekommen haben. Allerdings nur in beschränktem Maße. Gemäß dem Marktbericht 2025 des Forums nachhaltige Geldanlagen, FNG, schließen 99 Prozent Investitionen in Streubomben, Anti-Personen-Minen und ABC-Waffen aus. 72 Prozent Investitionen in sämtliche Rüstungsgüter aus. Befragt wurden FNG-Mitglieder sowie zahlreiche weitere Institutionen der Finanzbranche.
ESG-Zielmarktkonzept 2.0
Diese Unterscheidung zwischen diesen oben genannten geächteten Waffen und konventionellen Waffen nehmen auch die Regulierung und Verbände vor. Aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat die EU-Behörde Esma im Mai 2024 Leitlinien für nachhaltigkeitsbezogene Zusätze in Fondsnamen veröffentlicht, die erstmalig EU-weite Mindeststandards definieren. Demnach sind, so informiert der Fondsverband BVI, lediglich völkerrechtlich geächtete Waffen, wie zum Beispiel Streubomben, chemische und biologische Waffen, in als nachhaltig bezeichneten Fonds verboten. Auch sei die EU-Taxonomie mit Investitionen in Rüstungsunternehmen vereinbar. Dr. Magdalena Kuper, Leiterin Nachhaltigkeit beim deutschen Fondsverband BVI, sagte vor einem Jahr: „Die EU-Kommission stellt insbesondere klar, dass der EU-Rahmen zur Nachhaltigkeit keine Investitionen in Rüstungsfirmen unterbinden soll. Diesen Klarstellungen müssen wir im Mindeststandard des ESG-Zielmarktkonzepts Rechnung tragen.“
Darum – und wohl auch im Sinne der Wachstumsambitionen der Fondsgesellschaften – haben der BVI gemeinsam mit der Deutschen Kreditwirtschaft und dem Bundesverband strukturierter Wertpapiere BSW das ESG-Zielmarktkonzept überarbeitet und an den Standard der Esma-Leitlinien für nachhaltigkeitsbezogene Zusätze in Fondsnamen angeglichen. Damit fällt der allgemeine Ausschluss von Rüstung in als nachhaltig vertriebenen Fonds. Der Ausschluss von völkerrechtlich geächteten Waffen gilt jedoch nach wie vor.
Fondsmanager „konventionell“ unterwegs
Dieses Zielmarktkonzept scheint auch bei den 20 Rüstungs-Fonds Berücksichtigung zu finden. Laut Scope wird vor allem in Unternehmen investiert, die im Bereich Verteidigung, Sicherheit und Rüstung tätig sind. Dazu zählen beispielsweise Firmen, die Waffen, Militärfahrzeuge, Luft- und Raumfahrttechnik, Cyberabwehrsysteme, Sensorik oder sicherheitsbezogene Software herstellen.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren
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