Die SPM-Breaking-News …

Ein Flugzeug steht bereit für den Start: Die frühzeitige Genehmigung des Metzler-Pensionsplans durch die Bafin lockt offenbar immer neue Sozialpartner zum Andocken. Nicht zufällig ist dabei wiederum Verdi beteiligt, wo es starke Triebkräfte für eine von Arbeitgebern finanzierte Betriebsrente gibt. Ein Beispiel sind die Bodenverkehrsdienste.
Zur reinen Beitragszusage hat es über den Sommer neue Tarifabschlüsse gegeben. Damit nimmt das Sozialpartnermodell Fahrt auf. Immer öfter wird dabei an vorhandene Abschlüsse angedockt. Das BRSG 2.0 dürfte weitere Erleichterungen bringen, sofern das Gesetz im Parlament diesmal durchgeht.
Zu den aktuellen Trends bei Betriebsrenten gehört, dass die reine Beitragszusage (rBZ) an Zulauf gewinnt. Möglich ist sie weiterhin nur über Tarifverträge zwischen Sozialpartnern, daher auch der Begriff „Sozialpartnermodell“ (kurz: SPM). Zur Erinnerung: Das erste Projekt war zwischen dem Gasunternehmen Uniper und den Gewerkschaften Verdi und IGBCE schon zum 1. Januar 2023 gestartet. Das Bankhaus Metzler hatte seinerzeit die Durchführung dieses Energie-SPM übernommen.
Rechtsanwältin Judith Kerschbaumer, Leiterin des Bereichs Sozialpolitik in der Verdi-Bundesverwaltung, Betriebswirtin (bAV), Wegbereiterin der SPM in Verdi-Bereichen und alternierende Vorsitzende der Sozialpartnerbeiräte beim Energie-SPM und beim Banken-SPM, identifiziert bundesweit aktuell elf größere SPM in vier durchführenden Einrichtungen, wo die rBZ tarifvertraglich zwischen den Sozialpartnern vereinbart ist – siehe Tabelle am Ende des Beitrags.
„Dabei ist es von erheblicher Bedeutung, dass die bisher von Verdi abgeschlossenen SPM ganz überwiegend von den Arbeitgebern finanziert sind – ein echtes Plus für die Alterssicherung der Beschäftigten“, so Kerschbaumer. Eine ertragreiche Kapitalanlage und geringe Kosten seien weiterhin zentrale Voraussetzungen für eine gute Betriebsrente. „Dabei lassen sich die Kosten in Systemen, die gemeinsam von den Sozialpartnern durchgeführt und gesteuert werden, besser beherrschen als in privatwirtschaftlichen Anlageformen, auf deren Gestaltung kein Einfluss genommen werden kann“, argumentiert Kerschbaumer. Dies führe zu geringeren Ausgaben und somit zu höheren Betriebsrenten. Während die durchschnittlichen Abschluss- und Verwaltungskosten bei Direktversicherungen und bei Pensionskassen drei bis fünf Prozent ausmachen, seien es beim Metzler Sozialpartner Pensionsfonds (MSPF) auf lange Sicht im Schnitt nur 0,9 Prozent.
Kerschbaumer schwört darum auf die Kraft der Nachahmung des MSPF als durchführende Einrichtung weiterer SPM-Abschlüsse. Denn das Energie-SPM mündete in einen unternehmensbezogenen Verbands-Tarifvertrag zur Umsetzung der rBZ (TV rBZ). Der Pensionsplan „Metzler rBZ 1“ hatte bereits Ende September 2022 die erforderliche Unbedenklichkeit von der Bafin erhalten. Kerschbaumer: „Der Sozialpartnerbeirat hat in seiner Geschäftsordnung das Andocken weiterer Teilnehmer an das Energie-SPM von Anfang an vorgesehen, um große Kollektive zu ermöglichen.“
Die frühzeitige Genehmigung des Metzler-Pensionsplans durch die Bafin lockt offenbar immer neue Sozialpartner zum Andocken. Nicht zufällig ist dabei wiederum Verdi beteiligt, wo es starke Triebkräfte für eine von Arbeitgebern finanzierte Betriebsrente gibt. Beispiel Bodenverkehrsdienste: Zum 1. Februar 2025 hatten deren Sozialpartner VKA (kommunale Arbeitgeber) und ABL (private Dienstleister) mit Verdi beim Energie-SPM mit bislang 13.000 unversorgten Mitarbeitern der Flugvor- und -nachbereitung an zwölf Flughäfen angedockt. Basis ist ein Branchen-Tarifvertrag („bAV BVD“), dessen Allgemeinverbindlichkeit der Tarifausschuss des BMAS rückwirkend ab 31. März 2025 beschlossen hatte.
„Wenn die Allgemeinverbindlichkeit des bAV-Tarifvertrags greift, müssen auch diejenigen Arbeitgeber die neue bAV umsetzen, die bisher noch kein Mitglied in den Arbeitgeberverbänden VKA oder ABL sind“, erklärt Christian Pauly vom MSPF. Seiner Ansicht nach würde die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen den SPM mehr Zulauf bringen. Allerdings ist die Lage bei den Bodenverkehrsdiensten komplex, denn sie sind entweder privatwirtschaftlich oder kommunal organisiert. Die Tarifpartner können nun wählen zwischen SPM und einer kommunaler Zusatzversorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes (ZVK). „Der Tarifvertrag erlaubt es, bestehende Zahlungen an kommunale ZVK fortzusetzen, so dass unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Unternehmen nebeneinander bestehen können“, bestätigt Kerschbaumer.
Ein weiterer Nachahmer meldete im Sommer Vollzug. Ende März 2025 vereinbarten Verdi und der Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen (WBO) eine neue bAV und gaben dabei das Andocken an den MSPF als Versorgungsträger bekannt. Bislang gab es bei den 350 meist mittelständisch organisierten privaten Busunternehmen mit wenigen Ausnahmen keine bAV. „Am 12. August vermeldeten Verdi Baden-Württemberg und WBO die finalen Unterschriften unter den Tarifvertrag Nummer 5“, so Silke Geiger, Leiterin Personal und Tarif beim WBO, auf Nachfrage. Es gibt einen eigenständigen „Tarifvertrag reine Beitragszusage“, der sich stark am Branchen-bAV-Tarifvertrag der Bodenverkehrsdienste mit Verdi orientiert.
Inzwischen hat auch der Verdi-Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft sein erstes SPM vereinbart. Die Awo Unterfranken vermeldete am 29. August Vollzug des Tarifabschlusses mit Verdi Bayern für zunächst alle bisher 2.300 Beschäftigten ohne bAV in dieser Region. Der neue Tarifvertrag startet wie der des WBO zum 1. Januar 2026. Die Awo Unterfranken zahlt einen Arbeitgebergrundbeitrag von 2,8 Prozent des monatlichen Brutto-Tabellenentgelts in die bAV. Darüber hinaus steht es den Beschäftigten frei, zusätzlich Entgeltumwandlung zu betreiben: entweder in Höhe von 1,4 oder 2,8 Prozent des monatlichen Brutto-Tabellenentgelts. Bei Entgeltumwandlung schießt der Arbeitgeber auf den umgewandelten Beitrag zusätzlich noch 15 Prozent pauschal zu. Darüber hinaus leistet der Arbeitgeber noch 4,0 Prozent Sicherungsbeitrag sowie 3,0 Prozent Kostenbeitrag auf alle eingezahlten Beiträge. Letzteres weil kein neues SPM gegründet, sondern der MSPF ausgewählt wurde und man an die dort bereits bestehenden SPM andockt.
Das Andocken der Awo Unterfranken an das Energie-SPM bietet enormes Potential für weitere Nachahmer in der Gesundheits- und Sozialbranche. Allein in den Teilbereichen Pflege, Krankenhäuser und Reha gibt es rund 2,6 Millionen Arbeitnehmer, die von rückläufiger bAV-Versorgungsdichte betroffen sind. Nur bei den Awo-Unternehmen mit insgesamt rund 240.000 hauptamtlich Beschäftigten bieten sich mit dem neuen bAV-Tarifvertrag der Awo neue Perspektiven, denn bislang enthalten die meisten Verträge noch keine oder noch keine nennenswerte AG-Beteiligung für die bAV.
Kerschbaumer hält SPM für den Schlüssel zu nachhaltig höheren Betriebsrenten für immer mehr Beschäftigte. Nach dem Ansatz des MSPF würden sämtliche inhaltsgleiche Tarifverträge zur rBZ unterhalb des bestehenden Pensionsplans (Metzler rBZ1) gebündelt. Darauf aufbauend könnten die Sozialpartner mit ihrem eigenen Andock-TV zur rBZ und mit eigener Beitragslogik beitreten – lediglich die Komponenten Sicherungs- und Kostenbeitrag seien bei allen bereits integrierten Tarifverträgen identisch. Damit steigt die Kollektivgröße und damit die Skalierbarkeit bestehender SPM. Ein Andocken bei Metzler ist auch bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) denkbar, die Tarifverhandlungen zur rBZ für Beschäftigte bei freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe und Weiterbildung sowie an privaten Schulen und Hochschulen aufgenommen hat.
Bewegung zeichnet sich auch bei einem anderen SPM ab. Der BVV Pensionsfonds des Bankgewerbes kündigte Ende Juni an, das von ihm betreute SPM für die privaten Banken ab sofort für weitere Branchen zu öffnen (siehe August-Ausgabe 2025). Erste Nutzer war zum 1. Januar 2025 rund 4.000 Deutsche-Bank-Beschäftigte in Tochtergesellschaften des ehemaligen Postbank-Konzerns (siehe Ausgabe 6/2024). Ab Oktober sollen drei weitere Banken an das SPM andocken. Namen wollte der BVV bei Redaktionsschluss nicht nennen. „Dies wird noch einige Tage dauern“, erklärte ein Sprecher. Im Sommer habe man zudem die Voraussetzungen geschaffen, das SPM auch für Unternehmen außerhalb der Banken und der Finanzdienstleistungsbranche zu ermöglichen – durch Erweiterung der Satzung des BVV-Pensionsfonds. Man sei für alle interessierten Unternehmen offen, die die tariflichen Voraussetzungen erfüllen. „Abschlüsse gibt es derzeit noch nicht“, so der Sprecher weiter.
En Vogue scheint der „Metzler-Ansatz“ zu sein – mit einer eigenen Beitragslogik für jedes Unternehmen. Soll heißen: Man gibt Stichworte vor zu AG-Grundbeitrag, Entgeltumwandlung, AG-Zuschuss zu Entgeltumwandlung (15 Prozent), Matching-Beitrag sowie grundsätzlich 4,0 Prozent Sicherungsbeitrag und 3,0 Prozent Kostenbeitrag. Die jeweiligen Sozialpartner füllen dies dann mit konkreten Zahlen durch TV-Verhandlungen, um individuelle Beiträge zu finanzieren, etwa Beitragshöhe, Beitragsstruktur, Definition beitragsfähiger Bezüge, Öffnung für zusätzliche Beitragsvereinbarungen auf betrieblicher Ebene.
Zu berücksichtigen ist auch, ob sich der gesetzliche Rahmen ändert. Nach aktueller Rechtslage kann aber auch schon jetzt an ein bestehendes SPM angedockt werden, wenn TV-Parteien – quasi rechtsfortbildend – im Tarifvertrag bestimmen, sich einer bestimmten Einrichtung, die SPM durchführt und für das einfache Andocken die „Unbedenklichkeit“ der Bafin im bestehenden Pensionsplan hat, anschließen. „Voraussetzung ist zudem die Zustimmung der das SPM tragenden TV-Parteien im Sozialpartnerbeirat“, betont Kerschbaumer.
Der Referentenentwurf von BMAS und BMF zum BRSG 2.0 sieht vor, dass künftig ein Öffnungs-Tarifvertrag ausreichend ist, um auch nicht-tarifgebundenen Unternehmen (häufig KMU) die Teilnahme zu ermöglichen. Für „Andocker“ soll dann keine Beteiligung an der Durchführung und Steuerung erforderlich sein. Allerdings können Dritte von den das SPM tragenden Sozialpartnern zur Beteiligung an den Kosten angemessen herangezogen werden, die diesen im Zusammenhang entstehen. Diese Beteiligung soll durch direkte Zahlung an die das SPM tragenden Tarifvertragsparteien erfolgen oder auch durch Einkalkulieren dieser Kosten in die Beiträge durch die durchführende Einrichtung. Bleiben soll aber, dass SPM ausschließlich tarifvertraglich vereinbart werden dürfen. Dies dürfte vor allem den Zulauf nicht-tarifgebundener Firmen, vor allem Kleinbetriebe, bremsen.
Am 8. August endete die Verbände-Anhörung des Referentenentwurfs, zu der zahlreiche Änderungs- und Ergänzungswünsche eingingen. Am 3. September wurde der Gesetzentwurf dennoch fast gleich ins Kabinett eingebracht. Nun ist der Bundestag am Zug. Bereits zum 1. Januar sollen weite Teile des Gesetzes in Kraft treten.
Autoren: Detlef PohlSchlagworte: Print-Ausgabe | Sozialpartnermodell / Reine Beitragszusage
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