Alternative Anlagen
28. Oktober 2025

Private Markets in Asien: Push und Pull

Investoren fühlen sich mit ihren illiquiden US-Allokationen angesichts der politischen Unsicherheit und hoher Bewertungen zunehmend unwohl. Asiatische Private-Equity- und Private-Debt-Märkte könnten eine Alternative sein. Politische Risiken gibt es zwar auch hier zur Genüge, dafür stimmen immerhin die Bewertungen und die Wachstumsaussichten.

Abgesehen von der unaufhaltsamen Gipfeljagd des S&P 500 und der Megacap-Aktien gibt sich die US-Politik alle Mühe, ausländisches Kapital zu verprellen: vom Liberation Day über die schon fast wieder vergessene Section 899 bis zum Shutdown. Gerade an den illiquiden Märkten, wo sich Investoren auf lange Zeit festlegen, belastet die Unsicherheit. Für Anleger rücken daher Alternativen stärker ins Blickfeld: Neben dem Heimatmarkt drängt sich da vor allem Asien als Investment-Destination auf.

Gegenüber diesem Kontinent macht Sumit Bhandari, Leiter Asia Private Credit bei AGI einen deutlichen Stimmungsumschwung aus. Asien profitiere, da Anleger einen sicheren Hafen und einen neuen Wachstumsmotor suchen. Wachstum weist die Region auf jeden Fall auf: Prognosen zufolge dürfte die Region im nächsten Jahrzehnt rund 60 Prozent zum Anstieg des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) beitragen. Wer Wachstum im Portfolio will, kommt also kaum an Asien vorbei. Das gilt besonders für Investoren, die BIP-basierte Gewichtungen in ihrer Strategischen Asset-Allokation umsetzen. Dazu verspricht Asien enorme Diversifizierungsvorteile – zum einen gegenüber Nordamerika und Europa, zum anderen auch innerhalb der Region mit ihren vielen unterschiedlichen Volkswirtschaften. „Anlegern bietet sich die Möglichkeit, robuste und thematisch breit gestreute Portfolios aufzubauen“, sagt Bhandari.

Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Allein das Misstrauen gegenüber den US-Perspektiven muss noch kein Argument pro Asien sein, zumal auch dort geopolitische Spannungen und Unwägbarkeiten belasten. Europas Investoren brauchen über die Push-Faktoren hinaus gute Gründe, hier langfristig zu investieren. Im Trend lag Asien gerade bei Private-Equity-Investoren in den vergangenen Jahren nicht: Im Gegenteil – der Markt rutschte gegenüber Europa und Nordamerika zuletzt ab. Das zeigt der aktuelle Private Equity Report von Bain & Company: Demnach ist der Anteil der Region Asien-Pazifik am globalen Fundraising von 13 Prozent in 2021 auf zuletzt sieben Prozent gesunken. Immerhin konstatiert Bain eine Verbesserung der makroökonomischen Bedingungen, die auch zunehmend auf die Stimmung der Anleger durchschlägt. Der Deal-Value im Asien-Pazifik-Raum stieg im Vorjahr um elf Prozent an, dagegen war die Mittelbeschaffung weiter rückläufig.

Die große Bandbreite an Volkswirtschaften wie Japan oder Singapur am einen Ende sowie Märkte mit stärkerem EM-Charakter wie Indien oder Vietnam am anderen Ende, sind Herausforderung und Chance. Asien punktet mit einer enormen Vielfalt an Themen und Perspektiven für PE-Investoren: In Südkorea ergeben sich in der Aufspaltung der traditionellen Chaebol-Konglomerate attraktive Möglichkeiten. In Japan wiederum brechen verkrustete Strukturen auch unter regulatorischem und politischem Druck auf, zudem kommen viele Firmengründer ins Pensionsalter und müssen sich mit der Unternehmensnachfolge beschäftigen: „Hier spielte Private Equity lange kaum eine Rolle, doch das ändert sich seit einigen Jahren“, sagt Robert Massing, Vorstand für die institutionelle Kundenbetreuung beim Anlageberater Solutio. So bringt fast jedes der Länder eine eigene Wachstumsstory in das Gesamtbild ein.

Massing sagt: „Private Equity in Asien bietet, gegenüber anderen Regionen sowie Investments in die öffentlichen Märkte, einen komplementären Zugang zu Wachstumstreibern“. Davon müsse man viele Anleger nicht erst überzeugen: „Unsere Kunden fragen sich nicht, ob sie in Asien investieren, sondern eher wie sie das richtig tun können“, erklärt Massing.

Solutio erweiterte vor zweieinhalb Jahren die Angebotspalette um einen dezidierten Asien-Private-Equity-Dachfonds in Partnerschaft mit Pantheon. Zudem bieten auf Asien spezialisierte Anbieter wie etwa Asia Alternatives dezidierte Dachfonds mit Investments ausschließlich in Asien an. Dabei werden je nach Anbieter teils lokale PE-Manager ausgewählt, über die in den verschiedenen asiatischen Ländern in Unternehmen investiert wird. Globale PE-Dachfonds allokieren dagegen meist einen geringen Anteil im einstelligen oder niedrigen zweistelligen Prozentbereich in Asien.

In den vergangenen Jahren verlagerten sich die PE-Aktivitäten innerhalb der Region massiv: China, das noch 2020 für mehr als die Hälfte des gesamten Transaktionswerts im asiatisch-pazifischen Raum stand, schrumpfte bis 2024 auf 27 Prozent. Dafür fließen immer mehr globale Gelder nach Indien und Japan. In einer globalen LP-Umfrage von Preqin zu den beliebtesten Private-Equity-Märkten erreicht Japan nach den USA, Westeuropa und Großbritannien Platz vier und damit den Spitzenplatz im asiatisch-pazifischen Raum. Indien belegt den Top-Platz unter den Schwellenländern und war 2024 der führende Markt der Region mit zweistelligem Wachstum sowohl beim Wert als auch bei der Anzahl der Deals. Dort war das IPO-Fenster in den vergangenen Jahren weit offen, mangelnde Rückflüsse waren kein Thema. „Indien bleibt die langfristig wichtigste Wachstumsgeschichte in Asien: Demografie, Digitalisierung und Infrastrukturreformen sind dauerhaft unterstützend“, so auch Aktien-Experte Christof Schmidbauer von Ovid.

Die große Umschichtung

Die große Frage für viele Investoren: wie mit China umgehen? Nicht nur in Bezug auf die schwer abzuschätzende politische Unsicherheit, sondern vor allem wegen der wirtschaftlichen Probleme. Der chinesische Private-Equity-Markt honorierte den Aufschwung der Börse seit vergangenem Jahr noch nicht. Das könnte er mit etwas Zeitverzögerung nachholen. Vom Fünf-Jahresplan 2026-2030 erwartet Ovid unter anderem verstärkte Förderungen für High Tech und potenziell neue Anreize zur Mobilisierung privater Investitionen. Schmidbauer: „Wir sehen Chancen in Tech, Automation, Green Energy und kritischen Rohstoffen und meiden Sektoren mit anhaltender Überkapazität.“

Ein weiterer Trend auf Asiens Private-Equity-Märkten sind Management Buyouts. Diese erreichten laut Bain-Report 2024 erstmals einen Anteil von über 50 Prozent am Gesamtmarkt. „Investoren setzen verstärkt auf Kontrolle und Risikosteuerung“, heißt es dazu. Ein weiterer Aspekt ist das Aufkommen der Secondaries: „Wir beobachten, dass US-Investoren tendenziell Private Equity in Asien abbauen“, sagt Massing. So würden viele Anteile an die Secondary-Märkte kommen: „Bei Secondary-Investments sehen wir aktuell zusätzliche Möglichkeiten in Asien.“ Auch nach Marktanalysen von Hamilton Lane sind Sekundärverkäufe inzwischen die häufigste Exit-Art. Zugleich sei das Engagement globaler Vermögensverwalter nach wie vor gering, heißt es bei Hamilton Lane: Das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage führe zu erheblichen Chancen.

Finanzierungslücke treibt Private Debt

Interessante Entwicklungen in Asien ergeben sich auch für Private-Credit-Investoren. Laut Pitchbook stieg das verwaltete Vermögen in Private Credit in der Region von 34,3 Milliarden Dollar in 2017 auf zuletzt 62,3 Milliarden Dollar. Allein seit 2022 wuchs das Volumen um 30 Prozent. Auch hier spielen Push- und Pull-Faktoren zusammen: Globale LPs würden die Bedingungen auf den westlichen Märkten zunehmend mit Sorge betrachten, sagt AGI-Experte Bhandari: Er verweist insbesondere auf den hohen Leverage in US Private Debt. Die akute Finanzierungslücke in Asien und die robusten fundamentalen Aussichten sprechen für ihn für deutlich mehr Wachstum. Verstärkt wird diese Lücke dadurch, dass sich auch in Asien die Banken zunehmend aus der Finanzierung zurückziehen. „Der Markt befindet sich in einem frühen Entwicklungsstadium und bietet erhebliches Wachstumspotenzial“, so Bhandari. Er verweist auch auf das Ungleichgewicht zwischen Private Equity und Private Debt: PE-Anlagen erreichen in Asien das 42-fache Volumen von Private Debt, in den USA liegt dieser Wert beim Sechsfachen, in Europa gerade mal beim Vierfachen. „Dies zeigt, dass es sich bei Asien um einen Markt mit enormem Potenzial für Akquisitions- und Wachstumsfinanzierung handelt“, so Bhandari. Er sieht besonders gute Chancen in widerstandsfähigen Sektoren wie etwa Infrastruktur und Rechenzentren sowie in Bereichen, die vom langfristigen Wachstum der Binnennachfrage profitieren, wie Gesundheit, Bildung oder Konsum.

Lokale Expertise ist gefragt

Auch bei Private Debt ist die Fragmentierung der Region Herausforderung und Chance zugleich. „Erfolgreiche Private-Debt-Investments in Asien erfordern mehr als nur Kapital“, betont etwa Andrew Tan, Leiter Private Debt Asia Pacific bei Muzinich & Co. Investoren müssten sich intensiv auf die GP-Auswahl konzentrieren, um die Komplexität der Region zu meistern. Entscheidend sei lokales Know-how und starke Netzwerke, etwa zur Generierung des Dealflows und zum Umgang mit den unterschiedlichen regulatorischen Rahmenbedingungen. Der Datenanbieter Preqin prognostiziert dem asiatischen Private-Debt-Markt einen Anstieg von zuletzt 107,1 auf 158,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2030. Muzinichs Tan will sich da nicht festlegen, doch klar sei, dass die Anlageklasse eine große Rolle bei der Finanzierung wichtiger Wirtschaftstrends spielen werde: „Wir sind davon überzeugt, dass dieser Markt stark im Aufwind ist.“

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