„Diesen Vorteil darf Brüssel nicht kaputt machen“
Das deutsche Rentensystem ist im internationalen Vergleich bestenfalls Mittelmaß. Auf dem Weg zu einer umfassenden Reform mit mehr Kapitaldeckung findet der Verband der Firmenpensionskassen klare Worte.
Eine umfassende Reform der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge in Deutschland ist überfällig. Doch damit die Altersversorgung in Deutschland generationengerecht und leistungsstärker wird, müssen die kapitalgedeckten Säulen des Rentensystems deutlich gestärkt werden. Darauf weist Dr. Helmut Aden, Vorstand des Verbands der Firmenpensionskassen (VFPK), hin.
Eine Stärkung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) verbessere die individuelle Versorgungssituation vieler Beschäftigter. Außerdem sieht der VFPK darin ein Schlüsselinstrument, um das System der Altersversorgung in Deutschland insgesamt generationengerechter zu machen.
Der Nutzen langer Ansparzeiträume
Der Verband weist darauf hin, dass jüngere Generationen über lange Ansparzeiträume besonders stark von Kapitalmarkterträgen profitieren würden. Durch kollektive Lösungen in Pensionskassen und anderen Einrichtungen der bAV entstünden Skaleneffekte, die zu geringeren Kosten und professionellem Risikomanagement führten, argumentiert der VFPK, der die regulierten Pensionskassen in Deutschland mit über 9.000 Trägerunternehmen vertritt.
Firmen-Pensionskassen können den Angaben zufolge vollständig auf teure Vertriebswege verzichten, so dass jeder gezahlte Euro auch wirklich bei den Begünstigten lande. Darüber hinaus können Arbeitgeber, Beschäftigte und Sozialpartner passgenaue Lösungen für verschiedene Einkommensgruppen – gerade auch Geringverdiener – vereinbaren und so Vorsorgechancen breiter streuen. Jede ernsthafte Reform der Altersvorsorge müsse die betriebliche Säule als Teil der Lösung im Blick haben.
VFPK fordert Ausbau kapitalgedeckter Komponenten
„Die jüngste Analyse der OECD hat sehr klar gezeigt, dass die kapitalgedeckten Komponenten weiter ausgebaut werden müssen“, betont Aden. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre hätten zudem bewiesen, dass rein freiwillige Modelle nicht ausreichen, um die Teilnahmequoten in der betrieblichen Altersversorgung substanziell zu erhöhen.
Deshalb fordert der Verband, das seit Jahren diskutierte Obligatorium nun endlich umzusetzen. Eine Stärkung der bAV müsse aber auch günstige Rahmenbedingungen in den Blick nehmen. Dazu gehören insbesondere verhältnismäßige Solvabilitätsanforderungen, die den langfristigen Verpflichtungen der Pensionskassen gerecht werden – es geht also insbesondere um den Rahmen für die Kapitalanlage.
Gleichzeitig spricht sich der VFPK dafür aus, Betriebsrenten in der Auszahlungsphase künftig flexibler zu gestalten. Dabei müsse die garantierte Grundrente als lebenslange Leistung unangetastet bleiben. Er fordert, dass Pensionskassen die Möglichkeit haben sollten, Leistungen stärker kapitalmarktorientiert auszuzahlen: Werden höhere Erträge erwirtschaftet als prognostiziert, müssten Pensionskassen die Möglichkeit erhalten, Leistungsempfänger zeitnah und flexibel an diesen Überschüssen zu beteiligen.
Hinzu kommen regulatorische Hürden. Laut VFPK kommen aus Brüssel immer umfassendere Regulierungsvorhaben auf die Einrichtungen zu. „Ein Vorteil der Pensionskassen sind ihre niedrigen Verwaltungskosten. Diesen Vorteil darf Brüssel nicht kaputt machen“, führt Aden aus.
Deutschland kommt im internationalen Vergleich schlecht weg
Dass das deutsche Altersversorgungssystem mit seinen drei Säulen einer grundlegenden Reform bedarf, ist hinlänglich bekannt. Eine aktuelle Auswertung, der Mercer CFA Institute Global Pension Index, untermauert das. In diesem Ranking ist Deutschland allenfalls Mittelmaß; das niederländische Rentensystem ist das beste der Welt.
Bewertet man die Qualität der Alterssicherungssysteme rein nach der Rentenhöhe, ist Deutschland gleichwohl nicht einmal Mittelmaß. Das zeigt der Vergleichsbericht „Pensions at a Glance“, in dem die Industrieländerorganisation OECD alle zwei Jahre umfangreich Daten zusammenträgt. Die sogenannte Nettoersatzrate eines durchschnittlichen Arbeitnehmers beträgt in Deutschland demnach nur 53,3 Prozent, wie faz.net (27. November 2025) berichtet. Diese Kennzahl gibt an, wie viel Prozent des letzten Nettoeinkommens ein Rentner monatlich bekommt. Zum Vergleich: In Frankreich beträgt diese Rate 70 Prozent, in Österreich sogar mehr als 86 Prozent. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 63,2 Prozent.
Unterdessen haben sich die Spitzen der schwarz-roten Koalition im wochenlangen Rentenstreit geeinigt. Wie tagesschau.de am 28. November berichtet, soll ein Schwerpunkt künftig auf die private und betriebliche Absicherung neben der gesetzlichen Rente gelegt werden. Mit den Dividenden eines Aktienpakets des Bundes im Volumen von zehn Milliarden Euro soll der Aufbau privater Vorsorge bei der jungen Generation durch den Bund unterstützt werden, heißt es. Kanzler Merz habe in diesem Zusammenhang die Beteiligungen des Bundes an der Telekom, der Deutschen Post und der Commerzbank angekündigt.
Apropos: Im März 2024 war die Reform der gesetzlichen Rentenversicherung zum Greifen nah. Damals war die Stiftung Generationenkapital im Gespräch, die dann jedoch nicht zustande gekommen ist. Die Pläne sahen unter anderem vor, dass der Bund Vermögenswerte in Höhe von 15 Milliarden Euro bis 2028 als Eigenkapital an die Stiftung überträgt. Im Gespräch waren schon damals Beteiligungen des Bundes.
Autoren: Tobias BürgerSchlagworte: Betriebliche Altersversorgung (bAV) | Rentensystem
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