Schwarzer Schwan
15. September 2016

A bisserl was geht immer

Das Oktoberfest steht vor der Tür. Höchste Zeit, die bayerische Lebensart zu würdigen.

Er war schon zu Lebzeiten eine Legende. Und auch nach seinem Tod weiß Helmut Dietl zu begeistern. In der vergangenen Woche sind die Memoiren des Ausnahmeregisseurs erschienen: „A bisserl was geht immer: Unvollendete Erinnerungen“ – eine Hommage an den wohl berühmtesten Satz der Hauptfigur der Fernsehserie „Monaco Franze“ – Der ewige Stenz. Dietl soll bis zu seinem Tod im März 2015 an den Memoiren gearbeitet haben. „A bisserl was geht immer“, das haben sich offenbar auch zahlreiche Mitarbeiter der einstigen US-Vorzeigebank Wells Fargo gesagt, als sie für Kunden ohne deren Zustimmung ab 2011 jahrelang zusätzliche Konten und Kreditkarten eröffnet haben.

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, wurden auf diese Weise rund 1,5 Millionen zusätzliche Konten und 565.000 Kreditkarten illegal eröffnet. Dadurch flossen dem Institut, das laut FAZ lange als eine der saubersten Banken in den Vereinigten Staaten galt, immerhin 2,6 Millionen Dollar an Gebühren zu. Dem wilden Treiben der Wells-Fargo-Banker haben mehrere US-Aufsichtsbehörden nun aber einen Riegel vorgeschoben. Zu allem Übel zahlt Wells Fargo den Aufsehern im Rahmen eines Vergleichs auch noch 185 Millionen Dollar Strafe.

Postkutschenraub

„A bisserl was geht immer“, war offenbar auch das Motto der Führungsriege dieser einst hoch angesehenen Bank. Denn im Zuge des Skandals wurde nun einmal mehr deutlich, wie groß der Druck auf die Angestellten gewesen sein muss, vorgegebene Vertriebsziele zu erfüllen. Schon 2013 berichteten US-Medien von hohem Vertriebsdruck bei Wells Fargo: Demnach mussten die Angestellten der Privatkundensparte tägliche Ziele für die Eröffnung neuer Konten und Zusatzprodukte wie Überziehungskredite erfüllen. Verfehlten sie ihre Vertriebsvorgaben, hatten sie entweder abends länger zu arbeiten oder am Samstag eine Zusatzschicht im Telefonvertrieb einzulegen. Angeblich hat Wells Fargo aus dem Vorfall gelernt und will seinen Mitarbeitern nun keine Vertriebsziele mehr im Privatkundenbereich setzen. Seien wir mal ehrlich: Wie früher, als Wells Fargo noch Postkutschen betrieb, wurden die Kunden auch zuletzt noch ganz altmodisch ausgeraubt.

Raubzug der Teletubbies

„A bisserl was geht immer“, ja, das dachten sich auch jene Mitarbeiter der Deutschen Telekom, die beim Bonusprogramm „Payback“ im großen Stil getrickst haben sollen. Anders als bei Wells Fargo hatten sie hier aber nicht die Vertriebsziele ihres Brötchengebers im Sinn, sondern eher den Umfang ihres eigenen Geldbeutels. Das Treiben lief so ab: Laut FAZ informierten Telekom-Mitarbeiter beim Abschluss eines Vertrags Kunden nicht über das Bonusprogramm und buchten stattdessen die dabei zu erzielenden Punkte auf ihre eigenen Sammelkarten; die Punkte lassen sich in Waren umtauschen. Laut „Bild“ gibt es in der Regel 5.000 Punkte für einen Handyvertrag. Das entspricht einem Geldwert von 50 Euro. Wie das Blatt berichtet, schrieben sich 120 Telekom-Kundenbetreuer seit Ende 2014 in tausenden Fällen insgesamt mehr als 40 Millionen Punkte für Vertragsabschlüsse selbst gut. Das entspricht einem Wert von 400.000 Euro. Sogar Auszubildende seien angestiftet worden, die Punkte auf die Karte des Shop-Leiters zu buchen, zitierte die „Bild“ eine Mitarbeiterin. Doch auch dieses Treiben ist nun vorbei.

Benchmark Hugger

Davon kann im Bereich der institutionellen Kapitalanlage mit geschickt formulierten Asset-Management-Klauseln allerdings nicht die Rede sein: „A bisserl was geht immer“ für jene angeblich aktiven Fondsmanager, die sich in ihrem täglichen Tun immer schön an die Benchmark klammern, statt mit eigenen Anlageideen zu punkten: Diese „Benchmark Hugger“ oder Benchmark-Klammerer sind vielen Investoren ebenso ein Dorn im Auge wie jene Portfoliomanager, die immer dann Gebühren für sich vereinnahmen können, wenn sie eine Transaktion durchgeführt und etwa in ein Projekt investiert haben – ob das Geschäft zum Wohle des Investors erfolgt oder nicht, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt.

Die wichtigste Erkenntnis der vergangenen Woche aber ist folgende: Franz Beckenbauer, Ehrenpräsident des FC Bayern München, hat als Chef des Organisationskomitees für die Fußball-WM 2006 nicht so ganz, wie vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) bislang behauptet, ehrenamtlich gearbeitet, sondern 5,5 Millionen Euro erhalten, die der DFB laut dem „Spiegel“ möglicherweise am Finanzamt vorbeischleusen wollte. Offenbar denkt man auch dort: „A bisserl was geht immer.“ Und hier schließt sich der Kreis: Wer ist Trikot-Sponsor des FC Bayern? Genau: Die Deutsche Telekom.

In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende.

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