Traditionelle Anlagen
6. August 2019

Aktien auf Kredit

Die Idee, Aktien auf Kredit zu kaufen, wird zu Recht kritisch gesehen. Andererseits sind Zinsen so niedrig und Dividendenrenditen so hoch, dass man sich entsprechenden Überlegungen nicht von vornherein verschließen sollte. Die richtige Umsetzung bezüglich Laufzeiten, Sicherheiten und Einzeltitel hilft bei der Risikokontrolle.

Die Zinsen sind heute bekanntlich auf einem Tiefstand, die ­Dividenden sind es jedoch nicht. Für über ein Drittel der 30 Dax-Unternehmen liegt die für 2019 erwartete Dividendenrendite bei vier Prozent und mehr. Darunter befinden sich zwar auch Zykliker wie ­Automobilwerte, aber auch Unternehmen wie Allianz, Munich Re, Deutsche Telekom, Eon, Deutsche Post und Vonovia. Im M-Dax sind es etwa zehn Unternehmen, die eine Dividendenrendite von fünf Prozent und mehr ­aufweisen. Im Eurostoxx 50 weist etwa die Hälfte der in diesem Index gelisteten Unternehmen eine Dividendenrendite von mindestens vier Prozent auf.

Dividendenrendite europäischer Aktien: 4,3 Prozent

JP Morgan Asset Management sieht die aktuelle Dividendenrendite für europäische Aktien bei 4,3 Prozent und damit auf einem Wert, der immerhin etwa ein Prozentpunkt über dem Durchschnittswert der vergangenen 30 Jahre liegt. Für die nächsten zehn bis 15 Jahre gehen die Experten von JP Morgan jedoch von Dividendenerträgen von „nur“ drei ­Prozent aus. Für eine europäische Dividendenstrategie präferiert der Asset Manager Large Caps aus dem Value-Sektor. Demographisch bedingt dürften diese Aktien wegen ihrer Income-Komponente an Wert gewinnen.

Allerdings: Zinsaufwendungen sind sicher, Dividendenerträge aber nicht. Bei den meisten Unternehmen sind die Dividendenrenditen auch darum hoch, weil zuvor die Kurse stark gefallen sind. „Eine sehr hohe Dividendenrendite kann ein Indiz sein, dass es zu einer ­Kürzung der Ausschüttung kommt“, warnt auch Denise Kißner. Für die ­Investmentspezialistin der DWS sollte die Dividende in einem ­vernünftigen Verhältnis zum Gewinn und zur Stabilität der Erträge stehen. Zudem sollte die Erwartung gegeben sein, dass die Dividende auch künftig gesteigert werden kann. „Dann ist man, im aktuellen Marktumfeld, bei Aktien mit einer Dividendenrendite von drei bis vier Prozent und jährlichen Steigerungen der Ausschüttungen von ­etwa fünf Prozent“, so Denise Kißner. Die DWS managt zum Beispiel für Stiftungen individuelle Mandate, die auf eine absolute Ausschüttungshöhe abzielen. Dabei handele es sich sowohl um Multi Asset als auch um reine Aktienmandate.

Auszahlungsprofil wie beim russischen Roulette

Die von Kissner genannte Ausschüttungshöhe würde reichen, um mit einem nach Sektoren breit diversifizierten Portfolio allein mit den Dividenden die Zinsen zu bezahlen. Der Vermögensverwalter Flossbach von Storch sieht die Brutto-Dividendenrendite von ­Qualitätsaktien bei etwa drei Prozent. Unter der Annahme, dass keine Dividenden­erhöhung oder Wiederanlage ­erfolgt, ergibt sich eine Rendite von 2,25 Prozent pro Jahr und in zehn Jahren ein Vermögenszuwachs von knapp 23 Prozent. In einer realistischeren, wenn auch optimistischen Annahme kalkuliert Flossbach von Storch mit einer Nettodividende von 2,25 Prozent, mit jährlich um drei Prozent steigenden Unternehmensgewinnen und um 2,6 Prozent steigenden Bewertungen. Dann ergäben sich acht Prozent pro Jahr oder 117 Prozent auf zehn Jahre.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wäre der Wert des Portfolios nach zehn Jahren also zumindest nicht negativ. Er ­könnte aber negativ sein. Und Unternehmen wie Daimler, Commerzbank und General Electric hatten alle einmal den Status als solide Dividendenzahler – bis zum Tag des Dividendenausfalls. Schlussendlich entspricht das Auszahlungsprofil gehebelter Aktien russischem Roulette, das Buffett treffend mit „usually win, occasionally die“, beschreibt – und ist ­somit keine ­wirkliche Option für institutionelle Anleger.

Es bleibt jedoch noch eine Variante die ausschließt, dass der Wert des Kredits nach zehn Jahren höher ist als der des Aktienportfolios: nämlich wenn es sich nicht um einen endfälligen Kredit, sondern um ein Annuitätendarlehen mit konstanten Rückzahlungsbeträgen handelt, die sich aus Zins- und Tilgungsanteil zusammensetzen. Bei Annuitätendarlehen ist auch die Zinshöhe weniger relevant, da die Zahlungen vor allem von den konstanten Tilgungen bestimmt werden. Kosten außen vor belaufen sich bei einem Millionenkredit bei einem Zins von einem Prozent die jährlichen Zahlungen auf 105.124,95 ­Euro beziehungsweise jährliche 10,5 Prozent. Bei einem Zins von fünf Prozent kommen die jährlichen Zahlungen auf 127.278,62 Euro beziehungsweise jährliche 12,7 Prozent. Solche Aufwendungen können aber, wenn die Million in Aktien investiert wird, nur Glücksritter mit Kursgewinnen stemmen. Längere ­Kreditlaufzeiten wären eine Möglichkeit. Die meisten ­Gremien dürften es aber kaum mitmachen, wenn solche Verbindlichkeiten erst nach dem 65. Geburtstag ihres Geschäftsführers enden. ­Eine andere Möglichkeit wäre, eine Restschuld offen zu lassen. Jedoch davon abhängig zu sein, dass in zehn Jahren genug Cash für die Tilgung vorhanden ist oder dass weiterhin ein für Schuldner angenehmes Zinsumfeld besteht, ist zu riskant.

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