Strategien
26. Februar 2020

Alles aus einer Hand

Aktien, High Yield Bonds, Gold, Immobilien und Infrastruktur: Die Bandbreite von Multi-Asset-Strategien reicht von einfachen Mischfonds bis hin zu komplexen Gebilden aus verschiedensten Asset-Klassen mit zunehmend mehr Alternatives. Interessant sind auch Income-Varianten mit laufenden Ausschüttungen.

Multi Asset kennt viele Formen: Wo es bei den einen um einfache Mischfonds aus Aktien oder Anleihen geht, wird bei anderen in über zehn verschiedene Asset-Klassen oder Strategien investiert: Von US-High-Yield bis zu Emerging Market Debt, Asian Equity oder auch physisches Gold und andere Rohstoffe. Multi-Asset-­Mandate investieren über Reits zunehmend auch in Immobilien oder in Infrastruktur-Aktien. Wie starkt die Zuflüsse waren, zeigt ein Blick auf die großen Publikumsfonds. Multi-Asset-Fonds in Deutschland konnten immer größere Zuflüsse verzeichnen. Im Vergleich zu Aktien- und Rentenfonds sammelten Mischfonds seit Ausbruch der Finanzkrise überproportional viel Kapital ein. Wie die Ratingagentur Scope herausfand, verfügen Mischfonds mittlerweile nach Aktienfonds über das zweitgrößte Fondsvermögen. Über 700 Milliarden Euro Kapital steckte 2019 laut Scope Analysis in den beliebten Mischfonds. Doch leidet die Performance von Multi­-Asset-Lösungen unter den hohen Zuflüssen? Ein unrühm­liches Beispiel dafür ist der einst populäre, in seiner Hochphase 28 Milliarden Euro schwere Mischfondsklassiker Carmignac Patrimoine­ des französischen Vermögensverwalters Carmignac. Er musste in 2018 in Folge hoher Mittelabflüsse aufgrund der seit ­Jahren schwachen Performance einen Rückgang seiner verwalteten Vermögenswerte um ganze sechs Milliarden Euro verkraften. Die Ratingagentur Scope bewertete den Fonds aktuell mit einer ­Rendite von 0,53 Prozent über fünf Jahre und einer Kostenquote von 1,9 Prozent als unterdurchschnittlich (D-Rating) zu seiner Vergleichsgruppe Mischfonds Global Flexibel. Ähnlich erging es auch dem Mischfonds Ethna Aktiv von Ethenea, der bei Scope derzeit immerhin ein Rating von C bei einer durchschnittlichen Fünfjahresrendite von 0,82 Prozent pro Jahr (A-Share-Klasse) erhält. Was die ­Renditen angeht, so bleiben Multi-Asset-Lösungen oft hinter ihren Aktien-Pendants zurück, verlieren bei einem Abschwung jedoch meist auch (deutlich) weniger. So gewann der Multiple Opportunities von Flossbach von Storch im Jahr 2019 immerhin rund 20,4 Prozent, während der Dax um gute 25 Prozent zulegte. In 2018 ­hatte der Multiple Opportunities dafür umgekehrt aber nur 5,06 Prozent verloren, während der Dax das Jahr mit einem Minus von 18 Prozent beendete. Der JP Morgan Global Income Fund erreichte im Jahr 2019 eine Wertentwicklung von plus 11,48 Prozent, während er in 2018 ein Minus von 6,54 Prozent erwirtschaftet hatte.

Multi-Asset-Fonds, die auf Income und damit auf laufende Ausschüttungen aus Kupons und Dividenden setzen, sind besonders bei Anlegern beliebt, die ebensolche für ihre laufenden Verpflichtungen benötigen. So hat die Ratingagentur Scope in einer Analyse vom September 2019 festgestellt, dass Multi-Asset-Income-Fonds im Unterschied zu konventionellen Mischfonds eine im Durchschnitt höhere Performance lieferten. Für die Auswertung hatte Scope auf drei Vergleichsgruppen abgestellt, in denen sich die meisten Income Fonds befinden: Einmal Multi Asset Global ausgewogen (17 Income Fonds), Multi Asset Global flexibel (21) und Multi­ Asset Global konservativ (8). Das Ergebnis: Es zeigte sich im Durchschnitt eine deutliche Outperformance der Income Fonds im Vergleich zu den konventionellen Mischfonds der jeweiligen P­eergroup. Auch die risikoadjustierte Performance war besser. ­Dabei wirkten gezahlte Dividenden und Kupons in volatilen ­Märkten für die ­Income-Fonds als Risikopuffer. Aktuell gibt es laut Scope 46 ­verschiedene Income-Fonds in Deutschland. Zuletzt ­investierten Income-Fonds verstärkt in Emerging-Market- und High-Yield-­Anleihen. Über die vergangenen fünf Jahre war dabei deren ­Volatilität höher oder gleich hoch. Über einen kürzeren Zeitraum betrachtet, hatten sich die Income Fonds aber nicht deutlich volatiler gezeigt als die Vergleichsgruppe, so Scope. Dies könnte auch ­daran liegen, dass das Kapitalmarktumfeld an sich unsicherer ­geworden ist. Charles-Henri Kerkhove, Investment Director Multi Asset bei Fidelity International, sieht denn auch das Jahr 2020 mit größeren Risiken behaftet: „Es gibt ein Mismatch bezüglich dem, was die Märkte eingepreist haben und den bevorstehenden Ereignissen: Die Verhandlungen im Handelsstreit zwischen China und den USA gehen weiter und auch das Abkommen des Vereinigten Königreichs mit der EU können beides Ereignisse sein, die zu ­höherer Volatilität 2020 in den Märkten führen.“ Auch Michael Schoenhaut, Fondsmanager des 29 Milliarden schweren JP Morgan­ Investmentfonds Global Income Fund sieht das Risiko eines ­Abschwungs der Wirtschaft: „Unserer Ansicht nach erfordert die Bewältigung des schwierigen Umfelds die Fähigkeit, flexibel über verschiedenste Anlageklassen hinweg investieren zu können, ­wobei der Fokus auf dem Risikomanagement liegen sollte und es zu ­vermeiden gilt, die Erträge teuer zu erkaufen“, so Schoenhaut im Dezember in einer Pressemitteilung. Bezüglich der Marktvolatilität sieht Philipp Vorndran, Kapitalmarktstratege des Kölner Vermögensverwalters Flossbach von Storch, keine allzu große Unsicherheit­ an den Märkten, zumindest keine, die sich durch einen starken ­Anstieg der Volatilität widerspiegeln würde. „Zwischen 2013 und 2016 lag die Volatilität zeitweise über 20 oder gar über 30 Prozent. ­Seither bewegt sich die Volatilität meist zwischen zehn und 20 ­Prozent. Man kann also schwerlich sagen, wir befänden uns in ­einer Welt hoher Volatilität.“

Hedge des Aktienexposures

Bei Fidelity geht man indessen von einer zunehmenden Volatilität aus und setzt daher auf eine Reduzierung der Aktienexposure: „Wir hedgen unsere Aktienexposure mit Futures zu sieben Prozent ab, sodass wir im Portfolio statt 32 Prozent Aktien ein nur 25-prozentiges­ Net-Exposure haben“, sagt Charles-Henri Kerkhove. In europäische Government Bonds oder Investment-Grade-Anleihen investiert der Fonds aktuell nicht: „Diese sind aus unserer Sicht aktuell zu hoch bewertet und schlichtweg zu teuer vor allem bedingt durch die ­Anleihenkäufe der EZB.“ Anders geht der Kölner Vermögensverwalter Flossbach von Storch mit seinem Multi-Asset-Produkt ­Multiple Opportunities mit mehr als 16 Milliarden Euro an Assets under Management an das Portfoliomanagement heran. Der Fonds orientiert sich an keiner Benchmark. Entscheidend ist es, langfristig­ attraktive Renditen zu erzielen – also ein Absolute-Return-Ansatz. Kapitalmarktstratege Philipp Vorndran sieht insbesondere die ­Anleihenkäufe der EZB grundsätzlich kritisch, insbesondere weil sie Marktmechanismen verzerrten beziehungsweise außer Kraft setzten, mit gravierenden Folgen. „Wir haben heute Planwirtschaft in vielen Bereichen des Bond-Markts. Was dazu führt, dass ­klassische Bond-Investoren, institutionelle Investoren beispielsweise, sich nach Alternativen umschauen müssen. Aktien meiden sie wegen der Kursschwankungen – leider. Stattdessen fließt viel Geld in mehr oder weniger rentable Infrastrukturprojekte oder ­geschlossene Beteiligungen. Sehr viel Geld wird also falsch ­allokiert. Das ist langfristig ein echtes Problem.“ Auch bei Fidelity verzichtet man auf eine übergeordnete Benchmark. „Ziel ist es, Erträge von fünf Prozent über den Marktzyklus hinweg zu erzielen“, sagt ­Investment Director Kerkhove.

In Zeiten von Niedrigzinsen und Anleihekäufen der Notenbanken müssen auch Multi-Asset-Investoren umdenken. Das klassische Wechselspiel, dass Aktien fallen, erstklassige Anleihen dagegen steigen und so einen Teil der zwischenzeitlichen ­Aktienkursverluste kompensieren, funktioniert laut Philipp Vorndran nicht mehr. „Zwar hatten wir auch früher Phasen positiver und negativer Korrelation. Nahe der Nulllinie ist das Renditepotenzial von Anleihen ­jedoch ­begrenzt.“ Wer mit Anleihen heute und vorausschauend noch auskömmliche Renditen erzielen wolle, müsse sehr flexibel und ­opportunistisch vorgehen, also versuchen, sämtliche Renditepotenziale auszuschöpfen. Die klassische Buy-and-Hold-Strategie funktioniere heute bei Anleihen nicht mehr, meint Vorndran. ­Jakob ­Tanzmeister, JP Morgan AM Produktspezialist in der Multi Asset Solution Group äußert sich dagegen etwas verhaltener: „Ich würde nicht sagen, dass diese Prämisse nicht mehr gilt, Anleihen bieten immer noch eine konstant niedrige Korrelation zu Aktien – insbesondere, wenn Rezessionssorgen das Marktgeschehen beherrschen. Aber man muss heute deutlich flexibler sein und gerade als ertragsorientierter Income-Manager auch andere Asset-Klassen in Betracht ziehen, denn die üblicherweise beliebte Kombination aus Absicherung plus Ertrag ist bei mehr als elf Billionen negativ ­rentierenden Anleihen nicht mehr gegeben.“

Zu 19 Prozent in Alternatives

Bei der Bank für Kirche und Caritas bereiten sich die Manager auf möglicherweise magerere Zeiten vor. Jan Engelke, Portfoliomanager­ beim BKC Asset Management, beschreibt den sehr stark quantitativen Ansatz des BKC-Treuhandportfolio-Fonds: „Wir prüfen ­insbesondere Bewertungskennzahlen wie das Kurs-Gewinn-­Verhältnis und das Kurs-Umsatz-Verhältnis der Unternehmen und schauen, welche Aktien auf lange Sicht Aufwertungspotenzial ­haben. Diese eher defensive Strategie dient dazu, dem Portfolio auch in schwächeren Marktphasen Stabilität zu verleihen.“ ­Verstärkt investieren die Fondsmanager daher auch in Alternatives und ­haben die Asset Allocation hier aufgestockt. „Derzeit halten wir den Bereich der Alternativen Anlagen für vergleichsweise attraktiv und haben hier knapp 19 Prozent des Fondsvermögens allokiert. Wir setzen dabei auch auf verschiedene Absolute Return ­Strategien, Cat Bonds, Edelmetalle und Managed Futures, die ­möglichst gering bis negativ mit den traditionellen Aktien- und Zinsrisiken korreliert sein sollen“, erläutert Engelke. Gold und ­Silber stehen derzeit bei neun Prozent. „In Edelmetalle investieren wir über ETFs, die aber physisch replizierend sind. Wir sehen Gold als eigene Währung, die einen Schutz vor Inflation bietet und Schutz gegen Extremrisiken. Da wir uns gegenüber den Investoren zum langfristigen ­Kapitalerhalt verpflichtet sehen, gilt Gold als wichtige Beimischung in unserem Multi-Asset-Portfolio“, so Engelke.­

Die Income-Varianten investieren wegen der fehlenden laufenden Erträge meist nicht in Gold, dafür aber in Alternatives über Aktien. Auch beim Global ­Income Fund sind Infrastrukturaktien seit ­Kurzem Teil der Strategie. Als das Flaggschiff der Multi-Asset-­Lösungen von JP Morgan Asset Management spricht der Fonds unter den institutionellen Investoren vor allem Stiftungen an. „Für Versicherer, die ja an Solvency II gebunden sind, bieten wir maßgeschneiderte Multi-Asset-Lösungen an, die beispielsweise auch ­Private Debt und Private Equity mit einschließen können“, erklärt Jakob Tanzmeister. Auch der 9,3 Milliarden Euro schwere Global Multi Asset Income Fund von Fidelity mit einem starken Übergewicht in den Emerging Markets setzt auf Alternatives. Die Quote liegt bei etwa sieben Prozent, wobei es sich unter anderem um ­Listed Infrastructure handelt, darunter auch soziale Infrastruktur. „Wir suchen Investments, wie regenerative Energieprojekte, Spezial­infrastruktur und Flugzeugleasing, deren Geschäftsmodelle langlaufende, inflationsgeschützte Verträge enthalten, damit sie nur wenig mit den Aktien- und Anleihemärkten korreliert sind“, erläutert Investmentdirector Charles-Henri Kerkhove. „Bei einem Abschwung tendieren diese Unternehmen dazu, besser zu performen als der Markt und können einen Drawdown so limitieren.“

Sind Multi-Asset-Mandate tendenziell teurer als Aktienmandate? Hier hilft ein Vergleich der Kosten bei Publikumsfonds weiter. Nach der aktuellen BVI-Statistik mit Stichtag 31.12.2019 hatten ­Aktienfonds global im Jahr 2019 eine laufende Vergütung von ­zwischen 0,36 Prozent und 2,89 Prozent. Aktienbetonte Mischfonds lagen demnach zwischen 0,25 und 3,40 Prozent an laufenden Kosten. Die Total Expense Ratio beim Multiple Opportunities von Flossbach von Storch liegt bei 1,64 Prozent. Der JP Morgan ­Income Fund hatte in seiner Anteilsklasse C laufende Gebühren von 0,75 Prozent. Die Vorteile von Multi-Asset-Strategien bei ­einem Downturn liegen jedoch auf der Hand, wobei das Risiko der Asset-Klasse auch darin besteht, an einem Aufschwung nicht voll zu ­partizipieren, so Charles-Henri Kerkhove: „Bei einer Marktrallye nimmt man nicht das volle Beta mit, bei einem Downturn auf dem Aktienmarkt ist der Drawdown dafür aber auch niedriger.“

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