Schwarzer Schwan
7. Juni 2013

Alles vergeigt

Eine anständige Due Diligence hat noch keinem Geldgeber geschadet. Und doch lassen sich Banken und Politiker immer wieder von Lügnern und Betrügern, pardon, ehrbaren Mitgliedern der Gesellschaft, über den Tisch ziehen.

In die Reihe der ausgefuchsten Kreditbetrüger kann der ehemalige Stradivari-Händler, Jurist und „Weltbürger“ Dietmar Machold gestellt werden, dem unter anderem die Bremer Sparkasse auf den Leim gegangen ist. Wie der Spiegel schreibt, hat der aus Bremen stammende Sachverständige für Streichinstrumente dem Geldhaus einst als Sicherheit für einen Millionenkredit zwei Violinen Antonio Stradivaris überlassen. Wie sich später herausstellte, waren die Instrumente weder echt noch Millionen wert. Dummerweise war Macholds Reputation aus Sicht der involvierten Banken, zu denen neben Unicredit und der Schweinfurter Flessabank auch die österreichische Bawag gehört, ursprünglich so groß, dass er Wertgutachten für die begehrten Violinen selbst ausstellen durfte. Das alles half ihm freilich bei seinen krummen Touren nicht lange weiter, „Mister Stradivari“ hat längst ausgespielt.
Die Wiener Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts der Untreue, des Konkursbetrugs und des schweren gewerbsmäßigen Betrugs. Der Aktionsradius des Weltbürgers beschränkt sich zurzeit auf den täglichen Hofgang, lästert der Spiegel. Im Insolvenzverfahren vor dem Wiener Handelsgericht haben Geldinstitute, Kunden und einstige Mitarbeiter übrigens Forderungen von rund hundert Millionen Euro angemeldet. 
Mit dem Handel edler Geigen avancierte Machold einst zu einem geachteten Mitglied der Gesellschaft. Das Wiener Kultusministerium ernannte ihn zum Professor ehrenhalber. Der niederösterreichische Regierungschef Erwin Pröll verlieh ihm gar das „Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland“. Er war es auch, der Machold zum „Weltbürger“ beförderte. Laut dem Konkursverwalter Jörg Beirer habe Machold es verstanden, durch „eine hervorragende Selbstinszenierung mit Schloss, Fotoapparate- und Uhrensammlung, teuren Autos, über den Erdball verstreuten Firmen und einem Netzwerk von Sachverständigen etwas vorzugeben, das er nicht ist und nicht hat.“ Was er dagegen besitzt, ist eine von Selbstsicherheit und Charme begleitete Überzeugungskraft, urteilt der Konkursverwalter.
Und die Moral von der Geschicht? Akzeptieren Sie trotz „Emir“ keine Stradivari als Collateral für Ihre Derivate! Vorsicht auch beim Einstieg ins Kreditgeschäft! Bei Betrügern wie Machold droht eine steile Lernkurve. Neben dem Branchenspott muss man dann auch knifflige Fragen wie diese beantworten: Wie verwertet man zwei unechte Stradivaris?
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio institutionell ein stressfreies Wochenende ohne Molltöne.
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