Traditionelle Anlagen
16. Mai 2012

Als der Anlagekompass durcheinanderkam

Dekade im Rückblick: Zehn Jahre institutionelle Kapitalanlage, zehn Jahre Krisenmanagement und zehn Jahrgänge portfolio institutionell: Langweilig war es nie! Rückblick auf das Jahr 2010.

Die hohen Staatsverschuldungen, die stark gestiegene Bedeutung des politischen Umfeldes, Naturkatastrophen und Demografie sind Einflussfaktoren, die sich nur schwer einschätzen und steuern lassen. Die Konsequenz für Anleger sollten daher robustere Portfolios und die Ausrichtung auf Sachwerte sein, empfahl Feri Institutional ­Advisors auf dem Feri Institutional Forum 2010. Vermögensverwalter warnten damals, unter „Staatsrisiko“ weiterhin „absolute Sicherheit“ zu verstehen. Wegelin bezeichnete den risikolosen Zinssatz als „­Fiktion“. Und für Flossbach von Storch war bezüglich einer Staatspleite nicht mehr das Ob, sondern das Wann die Frage. 
Zu Recht! Die Notierung griechischer Staatsanleihen, etwa die mit Laufzeit von 2000 bis 2019, sank 2010 deutlich unter die Marke von 100 Prozent, um in der Folge bis auf ein Niveau von 20 Prozent abzurutschen. Und das, nachdem die Europäische Kommission den Haushalt Griechenlands unter EU-Kontrolle gestellt hatte. Spanien, Portugal, Irland und Italien waren weitere Sorgenkinder und sind es bis heute. 
Als attraktive A­nlageklasse galten auch 2010 (wegen der ­Kupons) ­Unternehmensanleihen. Schwellenländer waren schon damals ­ebenso gefragt wie ­ihre Schulden – Emerging Market Debt. Speziell die vier ­Nationen Brasilien, Russland, Indien und China, zusammen bekannt als Bric, trieben das Wachstum der Weltwirtschaft an. Seither ­verlangsamte sich die wirtschaftliche Entwicklung vor allem in ­Brasilien und Indien. Dennoch sollten es ­diese Märkte für den Kapital­anleger richten. Dieser musste allerdings Marktvolatilitäten fürchten, genauso wie Währungsschwankungen, die Aus­wirkungen von ­Derivaten, aber auch Liquiditätsrisiken und den Meinungswandel ­ausländischer Potentaten. Obendrein wurde von ihm verlangt, ­möglichst nachhaltig zu agieren.
Das Thema „­Nachhaltigkeit“ wurde 2010 ­übrigens zur Chefsache. Bei 54 Prozent der Dax-­Unternehmen war die Verantwortlichkeit für ökologische und soziale Standards ­inzwischen im Vorstand angesiedelt. So lautete jedenfalls das ­Ergebnis ­einer Studie der Union Investment. Und Solarparks, die im Grunde genommen untrennbar mit dem Nachhaltigkeitsgedanken verbunden sind, verloren in Deutschland zu diesem Zeitpunkt aber schon wieder an Potenzial. Nicht nur, weil Feuerwehrmänner sich ­immer häufiger scheuten, brennende Dächer mit darauf festge­schraubten Solarzellen wegen erheblicher Stromschlaggefahr zu ­löschen, sondern auch weil Umweltminister Norbert Röttgen am 20. Januar 2010 angekündigt hat, zusätzlich zur jährlichen Degression die Sätze für die Einspeisevergütung für Strom aus Photovoltaikanlagen drastisch zu ­reduzieren. Investoren sind seither immer wieder von derartigen Plänen des ­Ministers betroffen und reagierten mit Abwanderung ins sonnen­verwöhnte Ausland. Denn auch dort gibt es Einspeiseregelungen.

Ungeachtet der Aschewolke des ausgebrochenen isländischen Vulkans Eyjafjallajökull und tagelangen massiven Beeinträchtigungen des Luftverkehrs in Europa ging die Hausse am Aktienmarkt weiter. Das machten sich einige der in den Startlöchern stehenden deutschen Börsenaspiranten zunutze. Im Jahresverlauf kam es immerhin zu acht Neuemissionen im regulierten Markt der Frankfurter Wert­papierbörse. Hedgefondsmanager streben seit 2010 verstärkt in die Ucits-Welt, um einerseits dem Trend einer zunehmenden ­Regulierung zu begegnen und sich andererseits neue Absatzmöglichkeiten zu ­erschließen. Der Name für die neuen Produkte stammt natürlich aus der alternativen Anlagewelt: Newcits.

_Angelsächsiche Stiftungen leckten ihre Wunden

In der Januar-Ausgabe warfen wir einen Blick auf die Anlage­strategien herausragender Investoren. Neben dem norwegischen ­Ölfonds, ABP und Calpers betrachteten wir auch den Fonds de Réserves pour les ­Retraites (FFR). In ­Krisenzeiten erwiesen sich deren aus deutscher Sicht ­riskanten ­Anlagestrategien immer wieder als wenig vorteilhaft. Und auch ­diesmal mussten sie herbe Rückschläge verkraften. Der ­norwegische Ölfonds, der 2008 etwa 50 Prozent in Aktien ­investierte, eliminierte im selben Jahr mit einem Minus von 41 ­Prozent im ­Aktienportfolio seine Aktiengewinne aus den drei vorhergehenden Jahren. Das ­Gesamtportfolio verlor immerhin 23 Prozent. Eine ­ähnliche Entwicklung zeigte auch der FFR. Bei dem französischen Fonds, der sich seit Juni an ­einer reduzierten (!) langfristigen Anlagequote von 45 Prozent ­orientierte, drückte das ­Anlageergebnis 2008 von minus 25 Prozent die durchschnittliche Rendite des Gesamtportfolios auf 0,3 Prozent. ­Außer Spesen ist seit 4,5 Jahren also nichts ­gewesen.

Speziell die Stiftungen von Harvard und Yale galten seit Jahren als Sinnbild für erfolgreiches Kapitalanlagemanagement; schließlich glänzten sie Jahr für Jahr mit zweistelligen Renditen. Mit Ausbruch der Finanzkrise wendete sich das Blatt. Eine Rendite von minus 24,6 Prozent ließ das Vermögen von Yale in nur einem Jahr auf 16 Milliarden Dollar bis zum Ende des Finanzjahres 2009 abschmelzen. Kaum besser erging es Harvard, deren Vermögen innerhalb eines Jahres von knapp 37 auf 26 Milliarden Dollar schrumpfte. „Immer wieder ­wurden die deutschen Stiftungen aufgefordert, sich Harvard und Yale als Vorbild zu nehmen und zum Beispiel in Hedgefonds zu investieren. Auf diesen Zug ist man aber nicht aufgesprungen, was sich in der Krise letztlich als glücklich herausgestellt hat“, sagte Hermann Falk, ­Mitglied der Geschäftsleitung beim Bundesverband Deutscher Stiftungen (BDS). Eine im April 2010 ­veröffentlichte Umfrage des BDS, für die 388 deutsche Stiftungen interviewt wurden, kam entsprechend zu recht guten Performance-Ergebnissen. Gegenüber 2007 ging die durchschnittliche Rendite zwar leicht zurück, lag mit rund 3,6 ­Prozent aber sowohl 2008 als auch 2009 im positiven ­Bereich. „Was man den deutschen Stiftungen lange vorgeworfen hat, war unterm Strich der Grund für das gute Abschneiden“, erklärte Falk, der auf die konservative Anlagepolitik deutscher Stiftungen ­anspielte, die ­überwiegend in festverzinsliche Papiere investiert sind.

Die Innenstädte deutscher Metropolen standen 2010 auf der Kaufliste ­institutioneller Investoren ganz oben. Vor allem in München ­zogen die Preise dadurch kräftig an. Die Käufer schätzten die ­Immobilien aufgrund ihrer Diversifikationseigenschaften und planbaren ­Cashflows. In der Wertschätzung besonders gestiegen war in den ­vergangenen Jahren, wenn auch meist nur in Umfragen, ­insbesondere der indirekte Immobilienbestand. Zumindest bis zur ­Finanzkrise. Von da an investierten hiesige Investoren wieder verstärkt direkt in die heimische Scholle. Diese wurde intuitiv als risikoärmer als das Ausland wahrgenommen. Zudem ergaben sich aber auch nach dem Rückzug angelsächsischer Fremdkapitalkünstler ­interessante Opportunitäten. Das Interesse der Anleger konzentriert sich seither insbesondere auf ­hochwertige ­Büro- und Geschäfts­gebäude in deutschen Kernstädten.

Nicht nur das Anlageverhalten der Investoren hat sich seit Ausbruch der Finanzmarktkrise geändert, sondern auch die ­Lebensbedingungen der Kapitalanlagegesellschaften. So hat sich der Kostendruck weiter verstärkt. Die Folge: Zahlreiche KAGen ­verordneten sich einen Sparkurs. Zu den Opfern der Sparmaßnahmen gehörten insbesondere die Marketingbudgets, wie die Jahresabschlussberichte zahlreicher Gesellschaften zeigten.

portfolio institutionell, 16.04.2012

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