Pension Management
14. März 2022

Altersvorsorgeprodukte unter der ESG-Lupe

Altersvorsorgeprodukte werden mehr und mehr mit grünem ­Daumen gesteuert. Dies ergeben Studien und Nachfragen bei ­Anbietern. Meist erfolgt die Umsetzung über Asset Manager.

„Nachhaltigkeit“ ist ein Megatrend. Dieser beschäftigt ­Institutionelle schon länger und produziert viele gute Ansätze, was sich auch bei der portfolio institutionell Jahreskonferenz zeigte (siehe Ausgabe 10/2021). Laut einer Studie des Beraters Willis Towers Watson (WTW), der 36 institutionelle Anleger mit insgesamt 130 ­Milliarden Euro Anlagevermögen befragt hat, delegieren bislang fast alle ­Investoren (94 Prozent) die Umsetzung der entsprechenden ESG-Ziele auf die Asset Manager. „So wird die Nachhaltigkeit der ­Kapitalanlage häufig nur auf Mandatseben statt portfolio­übergreifend betrachtet“, kritisiert Tobias Bockholt, Leiter Investment Consulting bei WTW Deutschland und Autor der Studie. ­Eine aktive Gremienentscheidung im Gesamtkontext erfolgt bei 71 Prozent nur bei der Definition von Negativlisten. Pensionsanleger kämen aber angesichts des langfristigen Anlagezeitraums ­strategisch nicht an einer klimaneutralen und nachhaltigen ­Kapitalanlage vorbei. „Sinnvoll wäre es, mit einer übergreifenden Gesamtstrategie die wesentlichen Nachhaltigkeitsrisiken gesamthaft zu betrachten“, so WTW.

Nachhaltigere und ertragsstarke Direktversicherung

Konkreter wird die Studie leider nicht, was die Institutionellen da tun, denn sie sind in den Übersichten anonymisiert. Daher hat sich die Redaktion im Markt umgehört, vorzugsweise bei regulierten Anbietern, zu denen auch die Lebensversicherer und deren Pensions­kassen sowie -fonds zählen. Mit einer neuen ­Direktversicherung („SafeInvest“) setzt zum Beispiel die HDI ­Lebensversicherung nun auch in der bAV auf eine fondsgebundene Lösung. Dabei kommen nachhaltige und zugleich ertragsstarke ­Investmentfonds zum Zuge, erklärt Vorstandschef Sven Lixenfeld. In einem Wettbewerbsvergleich des Instituts für Finanz-Markt-Analyse (Infinma) unter investmentorientierten Direktversicherungen schneidet HDI aktuell am besten ab. Positiv seien solche Komponenten wie die Wählbarkeit eines nachhaltigen ­Wertsicherungsportfolios und ein automatischer Mechanismus zur monatlichen Umschichtung des Vertragsguthabens zwischen konventioneller (Safe) und Investmentanlage (Invest) mit möglichst hoher Aktienquote.

„Als besonders renditestark zeigen sich die nachhaltigen Investments“, hebt Lixenfeld hervor. Der Beweis in Form handfester ­Ergebnissen steht noch aus. Der Grund: Das von der ebenfalls zum Talanx-Konzern gehörenden Fondsgesellschaft Ampega gemanagte „Rendite Plus Portfolio Nachhaltigkeit“ ist erst zum 1. Januar 2022 auf mehr Nachhaltigkeit umgestellt worden. Zuvor hatte das 2011 aufgelegte Portfolio im Herbst 2021 eine Rendite von 7,52 pro Jahr seit Herbst 2016 ausgewiesen. Es besteht zu 75 Prozent aus einem Spezial-Dachfonds (Global Sustainable Selection Protect) und zu 25 Prozent für die Absicherung aus einem Wertsicherungsfonds mit Fokus auf Wertpapiere von Emittenten mit Schwerpunkt ESG (DWS Garant 80 Nachhaltigkeit). Der ­Spezial-Dachfonds wiederum besteht je zu einem Drittel aus ­Aktien nach ethischen Grundsätzen des Franziskanerordens (­Terrassisi Aktien), einem ESG-Fonds (M&G Positive Impact Fund) und einem Klimaziel-ETF (Amundi MSCI World Climate Paris ­Aligned ETF).

Der Versicherer Talanx und seine Tochtergesellschaften, darunter HDI Leben, ­fördern wie viele andere Institutionelle weltweit nachhaltiges ­Wirtschaften und richten sich nach den zehn universellen ­Prinzipien des UN Global Compact. Bereits 2017 wurde ein ­Gremium für verantwortungsvolles Investieren eingerichtet: das Responsible Investment Committee (RIC). Inzwischen erfolgt der ESG-Bewertungs-Prozesses in der Kapitalanlage alle sechs Monate durch einen ­externen Dienstleister. Ausgeschlossen von ­Investitionen sind unter anderem die Hersteller von kontroversen ­Waffen, Menschenrechts-Verletzer aber auch Firmen mit mehr als 25 ­Prozent Kohleanteil in der Wertschöpfung sowie Ölsand-Mining-­Unternehmen.

Nachhaltige Kapitalanlage über Ausschlusskriterien

Nachhaltige bAV über Lebensversicherungen erfährt derzeit einen kräftigen Aufschwung. Zuletzt hatte die Signal-Iduna-Gruppe die ausschließlich nachhaltig operierende Signal-Iduna Lebens­versicherung AG gegründet. Der Versicherer will gemäß der ­Prinzipien der UN für verantwortliches Investieren anlegen und ESG-Kriterien berücksichtigen. Eine ESG-Fondspolice hat der ­Versicherer bereits im Sortiment: Die bisherige Police „Signal ­Iduna Global Garant Invest“ wird seit 1. Januar in nachhaltiger Form angeboten: Neben ESG-Fonds ist auch das Sicherungs­vermögen, in das der für die Garantie nötige Anteil der Prämien fließt, nachhaltig. Die nachhaltige Ausrichtung betrifft sowohl die Anspar- als auch die Rentenphase – eine Besonderheit am Markt.

Auch andere Anbieter haben ihre Fondspolicen-Portfolios „­begrünt“, darunter Pangea Life, die auf nachhaltige Investments spezialisierte Lebensversicherungsmarke der Versicherungs­gruppe „Die Bayerische“, und Volkswohl Bund (auch in der bAV). Die Stuttgarter hat für ihre Indexpolicen-Variante „Grüne Rente Index-safe“ einen neuen nachhaltigen Index entwickelt (Grüne Zukunft Index), der ab Februar im Neugeschäft zugrunde gelegt wird. In den Index kommt nur, wer die besten Bewertungen der inter­nationalen Rating-Agentur ISS ESG schafft.

Apropos international: Die Allokation in Immobilien, Private ­Equity und Infrastruktur ist innerhalb der vergangenen 20 Jahre von rund sieben auf 26 Prozent gestiegen, weist die WTW-Studie aus – siehe Grafik. Die Umsetzung von Nachhaltigkeit muss also mehr und mehr über die alternativen Assets erfolgen. Zuvorderst waren diese jedoch aus Renditegründen attraktiv. Dieser Trend zeigt sich auch bei den deutschen Investoren, wo sich die durchschnittliche Allokation in „Andere“ (Immobilien, Private Equity, ­Infrastruktur und weitere Alternatives) seit 2015 von acht auf 23 Prozent erhöht hat. Europäische Institutionelle differenzieren ihre Nachhaltigkeitsziele zunehmend aus. Wie eine Studie des ­Beratungshauses Mercer vom letzten Herbst zeigt, haben die ­meisten Investoren ESG-Kriterien in alle Aspekte ihrer Aktivitäten bereits integriert, einschließlich der Auswahl von Investment­managern (83 Prozent) und der Asset-Allokation (64 Prozent).

Was sagen die Anspruchsberechtigten für bAV zum Stand der ESG-Umsetzung in der Kapitalanlage ihrer Pensionsleistungen? Dazu fehlt es noch an Studien, auch weil die ESG-Kriterien im Rahmen der EU noch gar nicht fertiggestellt sind. So sollen die technischen Regulierungsstandards (RTS) erst im Januar 2023 fertig sein. Auf der Anlage-Seite empfiehlt WTW auf Nachfrage von portfolio ­institutionell den Versorgungswerken eine verstärkte Nutzung der Illiquiditätsprämie, frühe Aufnahme von Nischenthemen und die Nutzung des „first mover advantage“. „Zudem geht es um ein ­Aufbrechen von traditionellen Anlagemustern, um den ‚­Lemminge-Effekt‘ beim Drang in Private Equity zu vermeiden, da die Renditen dort zunehmend unter Druck kommen“, so Bockholt.

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