Immobilien
23. Juli 2025

Am Immobilienmarkt steht eine Refinanzierungswelle an

Immobilienfinanzierer wollen ihre Aktivitäten ausweiten. Dynamik entfaltet sich vor allem bei Kreditfonds, Versicherern und Investmentbanken.

Die große Mehrheit der Kreditgeber im professionellen Immobilienmarkt in Europa (79 Prozent) will in diesem Jahr ihre Aktivitäten ausweiten. Das zeigt eine Umfrage des globalen Immobiliendienstleisters CBRE.

Besonders dynamisch sei das Wachstum bei nicht-bankgebundenen Kreditgebern wie Kreditfonds, Versicherern und Investmentbanken. Diese Gruppen rechnen laut der Umfrage mit einer stärkeren Ausweitung der Kreditvergabe als traditionelle Banken – jedenfalls in Europa. Denn in Deutschland wollen vor allem die klassischen Banken ihre Kreditvergabe ausweiten, heißt es.

Die Angaben beziehen sich auf den „2025 Lender Intentions Survey“, der im März und April durchgeführt wurde. Damit überschneidet sich die Umfrage unter 143 Unternehmen – davon 67, die in Deutschland aktiv sind – mit dem von Donald Trump so bezeichneten „Liberation Day“ am 2. April 2025, an dem der US-Präsident massive und sogenannte reziproke Zölle für Handelspartner ankündigte.

Während die Folgen des dadurch eingeläuteten Handelskriegs noch nicht abschließend geklärt sind, muss der Immobilienfinanzierungssektor erst noch die Auswüchse der vergangenen Niedrigzinsphase verarbeiten. Nach Einschätzung von CBRE wird in Europa für das laufende Jahr ein notwendiges Finanzierungsvolumen von etwa 70 Milliarden Euro erwartet. Als Haupttreiber der Nachfrage gelten dabei Refinanzierungen – in Deutschland liegt der Anteil mit 69 Prozent deutlich höher als in Europa insgesamt (56 Prozent).

Als größte Herausforderung für den europäischen sowie im deutschen Kreditmarkt im kommenden Jahr sehen fast 70 Prozent der Befragten die geopolitische Unsicherheit. Das ist ein markanter Anstieg gegenüber 37 Prozent im Jahr 2024.

Problemkredite in den Büchern

Zeitgleich sucht manche Banken noch nach Lösungen für die problematischen Kredite in ihren Büchern, wie Prof. Dr. Ralf Klann, Leiter der Abteilung Debt & Structured Finance Germany, verdeutlicht. „Während der letzten Boomphase wurde zu historisch einmalig niedrigen Zinsen sehr viel in deutsche Assets unter Ausnutzung von viel Fremdkapital investiert, deren Refinanzierung jetzt ansteht. Angesichts der allgemeinen Wirtschaftslage, der höheren Risiken und eines völlig anderen Zinsumfelds können viele dieser Vermögenswerte und Kredite nicht mehr in vergleichbarer Weise refinanziert werden.“

Bei CBRE gehen sie davon aus, dass die hiervon betroffenen Banken weiterhin notleidende Kredite (non-performing loans, kurz: NPL) auf den Markt bringen werden, „auch wenn sie derzeit noch eine Strategie der ‚Verlängerung und Umschuldung‘ verfolgen, aber möglicherweise auch weiterhin weniger als NPL-Portfolios, sondern in Einzellösungsstrategien“, wie Finanzierungsexperte Klann vermutet.

Mehrfamilienhäuser besonders gefragt

Im Hinblick auf die bevorzugten Asset-Klassen stehen Mehrfamilienhäuser mit 48 Prozent der Nennungen an erster Stelle der Kreditgeber (Deutschland: 46 Prozent). Im Vorjahr teilte sich diese Nutzungsart die Spitzenposition noch mit dem Industriesektor, der nun auf dem zweiten Rang rutscht und sich diesen mit studentischem Wohnen (40 Prozent) teil. Dahinter folgen bei der Kreditgeberpräferenz „Hotels“ mit 39 Prozent sowie „Einzelhandel“ mit 36 Prozent.

Klann führt ferner aus: „Während der Fokus also auch weiterhin auf den klassischen Sektoren Wohnen und Logistik liegt, verzeichnen Einzelhandelsimmobilien ein Comeback. Das Interesse an Rechenzentren und Infrastrukturanlagen wächst deutlich und sogar im Bürosegment gibt es wieder erste Aktivitäten.“

Keine großen Unterschiede bei den Beleihungswerten

Bei vorrangigen Darlehen für erstklassige Immobilien seien die meisten Kreditgeber bereit, Finanzierungen mit einem Beleihungsauslauf (Loan-to-Value) von 50 bis 60 Prozent (Deutschland: 55 bis 60 Prozent) zu vergeben. Die Unterschiede zwischen den Sektoren seien gering, wie sie bei CBRE hervorheben.

Die Ausnahme bildeten Mehrfamilienhäusern, bei denen sich die Beleihungsquoten zwischen 52,5 Prozent und 65 Prozent (Deutschland: 60 bis 65 Prozent) bewegen. Rechenzentren wiederum zeigten eine größere Bandbreite von 50 bis 65 Prozent, wobei der Median näher bei 50 Prozent (Deutschland: 55 Prozent) liege. Im Vergleich zum Vorjahr blieben die mittleren Beleihungsausläufe stabil und bewegten sich lediglich um ein bis zwei Prozentpunkte.

Banken und Nichtbanken unterscheiden sich bei den Beleihungswerten kaum, mit einigen Ausnahmen: Im Logistikbereich liege der Median bei Banken bei 55 Prozent, bei Nichtbanken bei 60 Prozent. Im Bereich Rechenzentren ist es umgekehrt: Hier meldeten Banken eine durchschnittliche Quote von 60 Prozent, Nichtbanken hingegen 55 Prozent.

Nachhaltigkeit hat sich etabliert

Nachhaltigkeitsaspekte sind inzwischen im Risikobewertungsprozess der Kreditgeber verankert. Fast 50 Prozent der Befragten in Europa geben demnach an, keine Kredite zu vergeben, wenn eine Immobilie bestimmte Nachhaltigkeitskriterien nicht erfüllt. In Deutschland liegt der Anteil bei fast 60 Prozent. Zusätzlich böten 73 Prozent der Kreditgeber günstigere Konditionen oder Margenreduzierungen für Projekte und Objekte an, die Nachhaltigkeitsstandards erfüllen – in Deutschland liegt der Anteil bei 61 Prozent.

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