Pension Management
4. Juli 2017

Atom-Fonds wird hochgefahren

Innerhalb von acht Dekaden sollen aus 24 Milliarden Euro 169 Milliarden werden. Eigens dafür hat der neue Atom-Fonds seine Arbeit aufgenommen. Noch liegen die Mittel auf Bundesbankkonten brach und verursachen Strafzinsen. Auch an einer Strategie mangelt es.

Die Bundesrepublik ist um ein gewaltiges Anlagevehikel reicher. Der „Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung“ ist seit dem 16. Juni 2017 arbeitsfähig. An jenem Tag hat die EU-Kommission die Schaffung des staatlichen Atom-Fonds in Deutschland genehmigt. Sie sei zu dem Ergebnis gelangt, dass die staatliche Unterstützung in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel stehe, hieß es in einer Erklärung der Kommission. 
Der Fonds verfügt über ein monetäres Polster in Höhe von 24,1 Milliarden Euro. Er hat die Aufgabe, die Mittel für die nächsten Jahrzehnte sicher und gewinnbringend anzulegen. Sie speisen sich aus Zahlungen der Atomkonzerne Eon, RWE, Vattenfall und ENBW. Die Unternehmen haben das Geld laut einer Mitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie fristgerecht und vollständig auf Konten des Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung bei der Deutschen Bundesbank eingezahlt. Damit sei ihre Haftung für Kosten der nuklearen Entsorgung im Bereich Zwischen- und Endlagerung beendet, berichtet das Ministerium. Die Verantwortung für die Durchführung und Finanzierung der Zwischen- und Endlagerung sei mit Eingang der vollständigen Einzahlungen auf den Bund übergangen.
Die 24,1 Milliarden Euro stammen einerseits aus Rückstellungen, die die Energiekonzerne gebildet hatten. Hinzu kommt ein einmaliger Risikozuschlag von 35 Prozent, den die Regierung für unerwartete Kostensteigerungen verlangt hat. Die Konzerne bleiben weiterhin für die Stilllegung und den Rückbau der Kernkraftwerke sowie die Verpackung der radioaktiven Abfälle und deren Finanzierung voll verantwortlich. Staatssekretär Rainer Baake sagt: „Erstmalig seit dem Beginn der friedlichen Nutzung der Kernenergie in Deutschland sind die Mittel für die Entsorgung des radioaktiven Abfalls der in Deutschland betriebenen Kernkraftwerke staatlich gesichert. Die Mittel stehen nun für die Finanzierung der langfristigen Kosten der nuklearen Entsorgung zur Verfügung.“ 
Nachhaltige Anlage
Durch die Einzahlung der Mittel an diesem Montag ist der zentrale Aspekt des am 16. Juni 2017 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung umgesetzt und zugleich eine wesentliche Verpflichtung der Energieversorgungsunternehmen aus dem am 26. Juni 2017 unterzeichneten Vertrag mit dem Bund erfüllt worden, betont das Bundeswirtschaftsministerium. 
Im Gegenzug können die vier Versorger in den nächsten Tagen laut eines Berichts der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) mit einer schriftlichen Erklärung der Bundesregierung rechnen, die sie endgültig von der Haftung für die Zwischenlagerung sowie die Kosten der Suche und des Baus eines Endlagers für hochradioaktiven Abfall freistellt. Dafür ist ein Zeitraum bis zum Ende dieses Jahrhunderts vorgesehen.   
Der Kuratoriumsvorsitzende des Fonds Thorsten Herdan sagt: „Der Fonds wird die eingezahlten Geldmittel nachhaltig anlegen, um die Finanzierung der Kosten im Bereich Zwischen- und Endlagerung langfristig zu sichern.“ Am Ende sollen Zins und Zinseszins 169 Milliarden Euro daraus machen, berichtet die FAZ. So viel könnte es kosten, das Endlager binnen 80 Jahren betriebsfertig zu haben. Um das Kapital im Laufe der nächsten acht Jahrzehnte in diese Größenordnung wachsen zu lassen, ist laut FAZ-Hochrechnung eine jährliche Rendite von drei Prozent netto erforderlich. 
Laufende Verluste 
Derzeit wirft der Fonds noch keine positive Rendite ab, vielmehr produziert er laufende Verluste. Denn die Bundesbank verlangt auch für diese bei ihr geparkten Mittel den allgemein gültigen Einlagenzins von derzeit minus 0,4 Prozent. Pro Tag fallen dadurch Strafzinsen von rund 264.000 Euro an. Damit dürfte es allerdings bald vorbei sein. In naher Zukunft soll in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank ein begrenzter Teil der Fondsmittel angelegt werden, heißt es beim Wirtschaftsministerium. Laut FAZ sollen die ersten Millionen ab nächster Woche in Aktien und Anleihen fließen. Parallel dazu erarbeitet der Vorstand des Fonds eine Anlagestrategie für das gesamte Fondsvolumen. 
Den Rahmen für die Investitionen bildet die amtliche Pensionsfonds-Aufsichtsverordnung (PFAV) der Bundesregierung. Das „Atom-Geld“ darf laut FAZ-Bericht in Aktien, Anleihen und Unternehmen investiert werden, solange sie aus Ländern des Industriestaatenbunds OECD oder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft stammen. Dem Bericht zufolge liege es auf der Hand, dass Investitionen in Erneuerbare Energien möglich sein werden. Da der Fonds auf Jahrzehnte planen müsse, könnten auch große europäische Infrastrukturprojekte in Frage kommen, meint die FAZ. 
Auf den für die nächsten 80 Jahre konzipierten Fonds kommen von Beginn an enorme Verpflichtungen zu. Zwischen 300 und 400 Millionen Euro sollen pro Jahr in den Betrieb des Fonds sowie der Zwischenlager und der für die Suche installierten Institutionen fließen. 
Stiftungsorgane 
Gemanagt wird der Atom-Fonds von Investmentprofis unter der Leitung von Anja Mikus, zuletzt Chief Investment Officer (CIO) des auf nachhaltige Investments spezialisierten Londoner Asset Managers Arabesque Partners. Die Finanzexpertin, seit 2015 auch im Aufsichtsrat der Commerzbank, übernimmt in Personalunion die Aufgaben als Vorstands- und Investmentchefin.
Chief Operation Officer für den Interimsvorstand ist Victor Moftakhar, bis März Leiter der Geschäftsführung der Deka Investment. Chief Risk Officer ist Jürgen Seja. Er saß lange im Vorstand der Mecklenburgischen Versicherungsgruppe in Hannover. Dem Vorstand zur Seite stehen das Kuratorium und ein Ausschuss für die Geldanlage, dem unter anderem der schwedische Pensionsfondsmanager Mats Andersson angehört. Dem Kuratorium gehören Politiker und Ministeriumsvertreter an. 
portfolio institutionell newsflash 04.07.2017/Tobias Bürger
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