Schwarzer Schwan
27. März 2020

Auf Dauer per Dekret?

Korruption als Schmiermittel der Diktatur

Während die Corona-Pandemie in immer mehr Staaten für steigende Neuinfektionen sorgt, scheinen so manche Regierungschefs schon mit der drohenden Katastrophe überfordert. So konnte man Jair Bolsonaro, immer ein gutes Beispiel für ausgewogene Einschätzungen der Lage, verlauten lassen hören, die Corona-Krise sei eine „Hysterie der Medien“. Sie sei nur deshalb gefährlich, weil sie die Wirtschaft gefährde. Dabei wetterte der brasilianische Präsident offen gegen Gouverneure, die in ihren Bundesstaaten jüngst Ausgangsbeschränkungen wegen des Virus verhängt haben.
Eine handfeste Hysterie für die wenigen noch freien Medien in Ungarn beschwört dagegen jetzt Victor Orban herauf: Mit einem neuen Gesetz, das Orbans Regierungskoalition mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament durchwinken will, will das ungarische Enfant terrible der europäischen Konservativen ebenselbiges Organ der Demokratie entmachten und künftig per Dekret regieren. Erforderlich sei das wegen der Corona-Krise. Zwar ist Ungarns Grenze auf 330 Kilometern Länge mit Zaun und Stacheldraht abgeriegelt – geholfen gegen Corona hat das aber leider nicht. Orban macht nun die Not zur Tugend und schafft das lästige Parlament gleich mit ab. Auch wenn die Zahl der Infektionen in Ungarn erst bei 261 liegt (Stand: 26.3.20; 14 Uhr).
Carpe Diem, kann man da nur beipflichten: Endlich ein Staatsführer, der durchgreift.
Orban hat sich die Benchmark hoch angelegt: Sein Vorbild Wladimir Putin wird vermutlich vor ihm den Hut ziehen: Orbans Tracking Error als Nachwuchs-Diktator wird immer geringer. Denn Putin selbst hat das Virus nun einen Strich durch die Regentschafts-Rechnung gemacht: Das Referendum über die Verfassungsänderung, durch die Putin auch über 2024 hinaus in Russland regieren will, musste wegen der Corona-Infektionsgefahr verschoben werden.

Faktorprämie Korruption

Für Investoren bleibt eine tröstende Wahrheit: Je diktatorischer ein Staat, desto mehr Korruption gibt es. Also neue Chancen mit dem Faktor Korruption! Orban kann nun auch die Korruption leichter offen fördern. Zumindest hat er in diesem Feld schon einige Erfahrung bewiesen: Zum Beispiel in 2018, als Vorwürfe laut wurden, Orban habe seinem Schwiegersohn beziehungsweise dessen Firma Staatsaufträge verschafft und dabei gegen allerlei Vergaberegeln verstoßen.
So schrieb damals der Spiegel, Orbans Familienangehörige und ihm nahestehende Unternehmer profitierten vom Millionensegen der EU-Fördergelder – offenbar auch durch Betrug. Vielleicht gibt es hier noch Hebel, an denen man ansetzen könnte, um Orbans Notstandsgesetz zu verhindern, aber das soll uns hier nicht weiter beklemmen.

Puszta Bonds

Ein anderer Hebel kommt vielleicht dann, wenn es mit der Rückzahlung von ungarischen Govys („Puszta Bonds“) tatsächlich mal knapp werden sollte: Dann entdeckt Victor bestimmt auch schnell wieder die Vorteile der EU.
Ungarn belegt übrigens in dem internationalen Korruptionswahrnehmungsindex „Corruption Perceptions Index“ nach Professor Johann Graf Lambsdorff aktuell Platz 64 von 179. Es besteht also noch Hoffnung, dass die Faktorprämien sich mit der straffen Hand eines weitgehend unkontrollierten Präsidenten sich noch erhöhen. Bolsonaro lässt hier grüßen: Brasilien liegt auf Platz 106.
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