Asset Manager
12. Oktober 2015

Auf Rekordjagd

Europas börsennotierte Indexfonds sammelten zuletzt so viele Gelder ein wie nie zuvor. Auch die deutsche Fondsbranche meldet neue Spitzenwerte. Die Zeiten großer Direktbestände nähern sich dem Ende.

Der Zulauf in börsennotierte Indexprodukte ist ungebrochen. So war der September für die Branche der in Europa gelisteten Exchange Traded Products (ETP) mit zwei Milliarden Dollar an Nettoneugeldern bereits der zwölfte Monat in Folge mit positiven Mittelflüssen, wie aus dem jüngsten Report des britischen Research-Hauses ETFGI hervorgeht. Insgesamt erzielte die europäische ETP-Branche in den ersten drei Quartalen dieses Jahres einen neuen Rekord an Nettomittelzuflüssen in Höhe von 61,6 Milliarden Dollar. Das ist fast so viel wie im gesamten Jahr 2014, damals flossen netto 61,8 Milliarden Dollar in ETP.  
Wie aus dem ETFGI-Report weiter hervorgeht, liegt nicht nur Europa für dieses Jahr auf Rekordkurs, sondern die globale Branche der börsennotierten Indexprodukte insgesamt. In den ersten drei Quartalen flossen 251,5 Milliarden Dollar in ETP weltweit. Das ist ein neuer Rekord, der den alten – aufgestellt im Vorjahr – um 25 Prozent übersteigt. Am beliebtesten waren Aktien-ETP, hier wurden netto Neugelder in Höhe von 156 Milliarden Euro allokiert, gefolgt von Renten-ETP mit 64 Milliarden Dollar.  Damit verwaltet die Branche der börsennotierten Indexprodukte mittlerweile Assets im Volumen von 2,8 Billionen Dollar. Davon entfallen rund 480 Milliarden Dollar auf Europa. Auf dem alten Kontinent sind derzeit 49 Anbieter – an 25 Börsen in 21 Ländern – aktiv. 
Die Zahlen für den institutionellen Markt in Deutschland sind nicht ganz so aktuell wie die der ETP-Branche. Ende der vergangenen Woche vermeldete der Fondsverband BVI mit Blick auf die jüngsten Zahlen einen neuen Spitzenwert. Demnach sammelte die deutsche Fondsbranche im August netto 10,8 Milliarden Euro ein, wobei Spezialfonds 6,2 Milliarden Euro beisteuerten. Publikumsfonds verzeichneten insgesamt vier Milliarden Euro neue Gelder und in freie Mandate flossen 0,6 Milliarden Euro. „Für das laufende Jahr summierten sich die Zuflüsse in Publikums- und Spezialfonds damit auf 135 Milliarden Euro. Das ist ein neuer Spitzenwert im Vergleich zum Rekordjahr 2000“, heißt es in der Mitteilung des BVI. Im Jahr 2000 sammelten Fonds 122,8 Milliarden Euro ein. Insgesamt verwaltet die deutsche Fondsbranche Ende August dieses Jahres über 2,5 Billionen Euro, davon 1,3 Billionen Euro in Spezialfonds.  
Getriebene der Not
Angesichts dieser Zahlen lässt sich der Schluss ziehen, dass institutionelle Investoren in Deutschland ihre Direktbestande sukzessive abbauen. „Viele Versicherungen und Versorgungswerke haben zwar nach wie vor einiges an Beständen, die im eigenen Haus verwaltet werden. Der Anteil wird aber kleiner. Der Direktbestand schmilzt zugunsten von Fonds ab“, berichtet Dr. Heinz Kasten im Gespräch mit portfolio institutionell. Der Investment-Consultant bei Mercer begründet dies mit dem Auslaufen festverzinslicher Papiere, die mit vier Prozent und mehr verzinst waren und für die es heutzutage keinen gleichwertigen Ersatz mehr gibt. „Es wird vermieden, niedrig verzinste Papiere einzukaufen. Aus der Not heraus vergeben die Anleger jetzt verstärkt externe Mandate, von denen man sich höhere Renditen erwartet“, führt Kasten aus. 
Not ist jedoch nicht der einzige Grund, der institutionelle Anleger vom Aufbau der Direktbestände abhält. Als weiteres Hemmnis bringt Clemens Schuerhoff, Vorstand beim Beratungshaus Kommalpha, das Personalrisiko ins Spiel: „Wenn ich bestimmte Themen insourcen möchte, muss ich dafür auch das entsprechende Personal vorhalten. Schwierig kann es insbesondere bei exotischeren Asset-Klassen, wie beispielsweise asiatischen Bonds, werden. Was passiert, wenn das darauf spezialisierte Team abgeworben wird? Dieses Personalrisiko wollen die wenigsten Investoren eingehen.“ Ein gutes Beispiel, wenn man das aktuell so sagen darf, ist Volkswagen. Dr. Jörg Boche, Treasury-Leiter beim Wolfsburger Automobilkonzern, hat zwar aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase über Direktanlagen nachgedacht, sich letztlich aber dagegen entschieden. „Für Direktanlagen brauchen Sie eine sehr umfangreiche Abteilung mit Mitarbeitern, die die Wertpapiere analysieren und das Management betreiben. Das sehen wir für uns als Industrie-Treasury nicht als Kernkompetenz. Der Personalaufwand wäre zu hoch“, erläuterte Boche im Interview. Es gibt natürlich auch weiterhin eine Reihe institutioneller Investoren hierzulande, die ihr Vermögen zum Großteil in der Eigenanlage managen. Beispiele sind die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (95 Prozent des Stiftungsvermögens in der Eigenanlage) und die Volkswagen-Stiftung, die in der Regel alle Anlagen, die auf Euro lauten, selbst managt.    
portfolio institutionell newsflash 12.10.2015/Kerstin Bendix
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