Versicherungen
16. Mai 2013

Aufsicht, Bilanz, Ökonomie: das kleine, magische Dreieck

Den Schwerpunkt ihrer Kapitalanlagen hat die SDK in Renten. Um die Durationslücke zu schließen und trotz Niedrigzinsumfeld zugleich Renditen zu erzielen, wird dabei auf eine Art Barbellstrategie gesetzt. Als Cashflow-Komponente­ nutzt die Versicherung auch Real Assets. Immobilien und Infrastruktur haben jeweils eine neue Struktur bekommen. Interview mit Jan von Graffen, Kapitalanlageleiter der SDK.

Die Kapitalanlagen der SDK belaufen sich auf rund fünf Milliarden Euro. Wie verteilt sich das auf die einzelnen Sparten?
Auf die Krankenversicherung entfallen 4,5 Milliarden, eine gute halbe Milliarde hat die Lebensversicherung und rund 2,5 Millionen die Unfallversicherung. Das heißt, der ganz klare Schwerpunkt ist die private Kranken­versicherung. Wir sind hier bei den Kapitalanlagen über die vergangenen Jahre sehr stark gewachsen, im Schnitt waren es netto sieben, acht Prozent. Die Lebens­versicherung ist klein, aber fein. Sie wurde letztes Jahr von Assekurata von A auf A+ hochgestuft, was für die Qualität spricht. Das Wachstum lag hier netto bei rund sechs Prozent über die vergangenen Jahre.

Wie sieht Ihre Asset Allocation derzeit aus? Wie sind Sie aufgestellt?
Schwerpunkt ist ganz klassisch der Renten­bereich mit rund 85 Prozent. Außerdem haben wir eine Immobilienquote von rund sechs Prozent, mit der wir uns sehr wohlfühlen. Der Rest verteilt sich zum Beispiel­ auf Private Equity, Aktien und Beteiligungen.

Mit dieser Immobilienquote liegen Sie über dem Branchendurchschnitt.
Wir haben 2008 antizyklisch gegen den Trend angefangen, unser Portfolio aufzubauen. Wir haben dort auch im Sekundärmarkt gekauft und sind sehr zufrieden mit unserem Portfolio. Wir haben inzwischen auch die Struktur ein bisschen modifiziert. Wir haben vergangenes Jahr mit einem strategischen Partner zusammen einen Dachfonds aufgelegt, unter dem wir unsere Vehikel poolen. Dieser Partner greift uns administrativ unter die Arme­ und generiert für uns ein deutlich tiefer­ gehendes Reporting. Er ist auch ein strategischer Sparringspartner. Als Partner haben wir hier die Union Investment gewonnen. Jetzt könnte man vermuten, dass die Wahl auf die Union fiel, weil die SDK sehr genossen­schaftsnah ist. Dem ist aber nicht so. Die Union­ hat sich ganz klar aufgrund der Qualität­ durchgesetzt in einem ganz normalen Beauty Contest.

Steckt hinter diesem Dachfonds die Idee einer Master-KAG für Immobilien?
Exakt. Im Prinzip ist es wie ein Masterfonds. In der Bilanz haben wir nur noch einen­ Immobilienfonds, bei der Kranken den SDK Immoselect. Wir hängen dort die einzelnen Spezialfondsmandate oder Luxemburger Vehikel drunter. Im Moment sind es rund elf Fonds mit verschiedenen Themen.

Welche Themen spielen Sie in Ihrem Immobilien­portfolio?
Wir haben einen Core-Satellite-Ansatz mit Core, Core+, Büro, Handel, Logistik, also die Klassiker. Schwerpunkt ist Deutschland, insgesamt sind wir aber über Europa diversifiziert. Darauf setzen wir dann Themenfonds. Das können Nutzungsartenfonds sein, wie Hotel, Pflege, Kindergärten, oder regionale Themen, wie Skandinavien, oder Sonder­themen, wie Wald oder Agrar. Wir sind ganz aktuell auch dabei, einen US-Immobilienfonds in den Aufsichtsrat zu bringen, weil wir diese Region noch nicht besetzt haben.

Wald und Agrar ist in der Immobilienquote?
Die Fonds, die wir gezeichnet haben, sind immobilienquotenfähig, das wurde von der Bafin bestätigt. Solange es die Immobilienquote gibt, ist uns wichtig, dass diese Investments immobilienquotenfähig sind. Perspektivisch Richtung Solvency II ist die Frage, ob das noch notwendig ist.

Ihre Immobilieninvestments werden komplett indirekt gemacht, oder?

Jein. Wir haben in der Kranken noch Direkt­bestände. Das sind in der Regel Objekte,­ in denen wir auch sitzen. Alles, was Neu­investments betrifft, sind indirekte Investments, weil wir kein großes Immobilienteam haben. Wir haben in der Regel Poolfonds. Das heißt, wir sind dort auch nicht alleine im Risiko,­ sondern haben andere Investoren, von denen wir natürlich auch lernen können.

Wie wichtig ist Ihnen die Homogenität des Investorenkreises?­ In der Vergangenheit gab es sicher auch Negativerfahrungen mit Graben­kämpfen.
Die kennen wir. Wir haben auch schon Diskussionen um Ausschüttungsthemen gehabt, weil die Anlegergruppe nicht wirklich homogen war. Wir haben daraus für die Zukunft­ gelernt. Wir werden uns sicherlich primär verstärkt in den Fonds committen, in denen die Anleger homogen sind, das heißt, möglichst­ mit VAG-Investoren.

Der Direktbestand macht rund 80 Prozent der Kapitalanlagen aus. Was findet sich dort alles?
Der Direktbestand ist mehr oder weniger ausschließlich Fixed Income – von Plain Vanilla­ bis Zinsstruktur. Wir sind sehr breit diversifiziert, gerade auf der Emittenten­ebene und auch der regionalen Ebene. Wir haben keinen Emittenten mit einem wirklichen Klumpenrisiko bei uns im Bestand. Wir sind sehr stark in staatsnahen, staatsgarantierten Titeln unterwegs, soweit Material zu einigermaßen vernünftigen Renditen am Markt ist. Wenn man sich zum Beispiel den Pfandbriefbereich anschaut, muss man feststellen: Es gibt nicht mehr viele Adressen in diesem Bereich,­ die länger laufende Pfandbriefe begeben können. Das ist ein Problem, wenn ich mich nicht nur auf der staatlichen Ebene bewegen will. Ein Pfandbrief ist ja zumindest bis zehn Jahre nach wie vor unter Solvency II bevorzugt, wobei ich noch nicht verstanden habe, warum nach zehn Jahren die leichte Bevorzugung der Pfandbriefe endet und eine Behandlung analog zu Schuldscheinen vorgenommen wird. Aber da wird sich sicher auch noch eine Lösung finden. Wir bewegen uns, was Direktanlagen angeht, in Europa und in der Regel nur in Euro-Anlagen. Wir haben zwar auch Schuldscheindarlehen der Republik Polen, aber die sind dann auf Eurobasis und nicht in Zloty. Im europäischen­ Ausland haben wir teilweise Regionen oder staats­garantierte Titel gekauft, die von der Rendite her noch einen gewissen Pick-up gegenüber Deutschland gebracht haben.­ Dabei haben wir natürlich auch Richtung Solvency II gedacht, um Duration auf­zubauen. Das ist leider ein Problem, dass wir im jetzigen Umfeld immer mehr Durationen aufbauen müssen.

Einerseits müssen Sie die Durationslücke schließen, andererseits Rendite erzielen. Wie gelingt dieser Spagat?
Im Endeffekt macht man ein Stück weit eine „Barbellstrategie“. Am kurzen Ende nehme­ ich mehr Risiken. High Yields und Senior Secured Loans sind Beispiele. Und je länger ich gehe, desto höher ist die Qualitäts­anforderung. Ein maßgeblicher Hebel unter Solvency II ist, insbesondere bei der Lebensversicherung, das Duration-Gap zwischen Aktiv- und Passivseite. Wenn ich die Lücke schließen will, muss ich in der Duration ein wahnsinnig großes Rad drehen, um einen Effekt­ im Gesamtportfolio zu haben. Damit tun wir uns sehr schwer, vor allem weil ich ein Portfolio habe, von dem gut zehn Prozent nicht in die Durationsberechnung hinein­fließen, wie Immobilien, Aktien, Private Equity­ und Infrastruktur. Das heißt, ich muss mit dem Rest des Portfolios die Passivseite „darstellen“. Das ist wahnsinnig heraus­fordernd, außer ich gehe zum Beispiel über derivative Strukturen oder ich kaufe verstärkt Zeros. Ob ich im Moment einen 40-jährigen Zero-Bond kaufen muss, wenn ich mir den Hebel unter Risikogesichtspunkten überlege,  bin ich eher skeptisch. Der Nutzen, je länger ich bei einer Kuponanleihe gehe, nimmt ja auch ab. Wir sind intern ohnehin bei 30 Jahren begrenzt. Damit fühlen wir uns wohl.

Sie müssen nicht nur die Duration im Auge haben, sondern auch Renditen erzielen. Angesichts des Niedrigzinsniveaus müssen Sie dafür Risiken eingehen. Wo gehen Sie diese ein?
Risiken müssen wir eingehen. Wir müssen­ uns im Endeffekt überlegen: Machen wir Abstriche bei der Bonität? Gehen wir runter­ bei den Staatsanleihenquoten, weg von den Kreditinstituten in die Unternehmens­anleihen? Das hat die vergangenen Jahre gut funktioniert. Bei Unternehmens­anleihen hatten­ wir Kupons von fünf, sechs Prozent. Inzwischen sind die Kupons aber deutlich kleiner geworden. Dort können wir teilweise nicht mehr unseren notwendigen Zins verdienen, wenn wir die guten Bonitäten sehen. Man versucht sich auch mehr und mehr aus den Kreditinstituten zurückzuziehen. Früher haben wir sehr viele Schuldscheindarlehen bei Kreditinstituten gemacht. Seit drei, vier Jahren bauen wir jedoch das Exposure ab, weil wir natürlich auch die Risiken in den Banken sehen. Außerdem werden Schuldscheindarlehen unter Solvency II nicht positiv­ bewertet. Je länger ich im ungesicherten Bereich­ gehe, desto höher steigt je nach Rating­ die Eigenkapitalanforderung. Deshalb werden solche Sachen bei uns in der Regel nur noch kurzlaufend gemacht und primär auch nur, wenn sie mit Sicherungssystemen hinterlegt sind.

Macht die Arbeit eigentlich noch Spaß?

Es macht Spaß, aber ist auch sehr herausfordernd. Da kommt schon die ein oder andere­ schlaflose Nacht zusammen. Ich glaube, wir haben in den vergangenen Jahren einen­ sehr guten Job gemacht. Wir sind relativ­ konstant in der Verzinsung geblieben. Unsere­ Unternehmensphilosophie ist, alles abzuschreiben. Das heißt, wir haben niemals Altlasten mit vorgetragen. Wie es für die Zukunft aussieht, muss man einfach abwarten.

Wie skeptisch sind Sie, was die Zukunft von Europa angeht? Welche Rolle spielt die Peripherie­ in Ihrem Portfolio?  
Ich glaube nicht an ein Auseinander­brechen von Europa, man wird die Krise auf die ein oder andere Art meistern. Europa ist ein gutes und sinnvolles Gebilde, leider mit Konstruktionsfehlern. Wir kriegen ein euro­päisches Aufsichtsregime, und dann sollte ich auch die Anlagemöglichkeiten in Europa, in einer Währung nutzen. Ich sollte die Möglichkeiten dieses Marktes nutzen, und das tun wir. Schwerpunkt in der Zinsdirektanlage ist Deutschland, aber wir nehmen bewusst auch das europäische Ausland als Möglichkeit wahr, allerdings nur sehr reduziert in der Peripherie und hier auch eher in den größeren­ Ländern. Griechenland oder Portugal haben wir schon lange verkauft. Irland finde ich grundsätzlich sehr positiv, hier haben wir Schuldscheindarlehen im Portfolio, an denen wir festgehalten haben. Darüber bin ich sehr froh. Spanien findet sich, wenn wir von der Staatsanleihenebene reden, sehr rudimentär im Portfolio und dann auch nur in den indirekten­ Anlagen. In der Direktanlage ist Italien aus taktischen Gründen dabei. Die Peripherie­ ist vorhanden, aber hat keine Bedeutung.­ Letztes Jahr wäre es ein Rendite­treiber gewesen. Die Wette sind wir aber nicht eingegangen, da wir letztendlich eine Verantwortung gegenüber unseren Versicherten haben.­

Gut gelaufen sind 2012 auch die Aktienmärkte.­ Konnten Sie davon etwas mitnehmen?
Aktien haben wir nicht viel im Portfolio, zwischen einem und zwei Prozent. Aber das, was wir haben, ist gut gelaufen und hat seinen­ Performance-Beitrag gebracht. Wir haben im Aktien-Exposure auch einiges über Optionsstrukturen dargestellt. Aber die Aktie hat nicht die Bedeutung. Das ist ein Thema, über das man sicherlich in der strategischen Allokation nachdenken muss. Wir stellen unser Aktien-Exposure teilweise auch indirekt über Wandelanleihen dar, wo ich je nach Aggressivität des Deltas mehr oder weniger am Aktien­markt partizipiere, aber immer „abgesichert“ über den Bond-Floor. Wandelanleihen machen im Moment rund ein Prozent aus. Die Asset-Klasse wird künftig sicherlich weiter ausgebaut. Wir sind im Moment in der Auswahl von weiteren Mandaten.

Viele Investoren befassen sich derzeit mit Infra­struktur. Wie ist das mit der SDK?
Wir sind inzwischen so weit, dass wir das Thema über einen Managed Account darstellen werden, der dann Singlefonds auswählt. Wir haben den strategischen Partner gerade ausgewählt und sind in der Vertragsgestaltung. Danach wird es ein Strategie-Meeting geben, wo die Details festgelegt werden. Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, der Schwerpunkt ist Europa. Wir werden uns vom Risikoprofil sicherlich am Anfang eher im Brownfield- und nicht im Greenfield-­Bereich bewegen.

Die SDK hat im Moment also noch keine Infra­strukturinvestments getätigt?
Wir haben einen Erneuerbare-Energien-Fonds, der sicherlich dort auch eingebracht wird. Ansonsten haben wir noch keine An­lagen in dem Segment, was für den Aufbau in dieser Asset-Klasse sicherlich sinnvoll ist. Es gibt keine Altlasten. Aber wir werden dieses Jahr, wenn alles planmäßig läuft, die ersten Commitments tätigen, damit wir relativ zügig in den Bereich kommen. Wobei die Qualität der Assets natürlich vor Geschwindigkeit geht. Perspektivisch sind Direktinvestments und Co-Investments denkbar, aber auch da gilt: Ich brauche erst einmal ein Basisportfolio, um eine Diversifikation zu haben. Wir haben es im Private-Equity-Bereich ähnlich gemacht.­ Wir haben am Anfang Dachfonds im Mezzanine- und Buy-out-Bereich ausgewählt, die durch verschiedene Konstruktionen das Thema J-Curve bewusst abgemildert oder ver­mieden haben. In der zweiten Investitionsrunde waren wir schon so weit, dass diese Erst­investments die neuen Investments subventioniert haben. Und auch bei Private Equity­ ist eine Überlegung, sich künftig einen­ strategischen Partner zu wählen und einen­ Managed Account aufzusetzen.

Mit Blick auf Solvency II scheint sich im Bereich Infrastruktur die Emission von Anleihen zu einem interessanten Thema zu entwickeln. Gilt das auch für die SDK?
Es ist im Moment verstärkt am Markt zu sehen. Es gibt viele Konstrukte, wo ein einzelnes­ Infrastrukturprojekt dahinterliegt. Wir sehen dies auch massiv im Immobilienbereich. Bei uns ist vom Konstrukt her aber immer das Problem, dass viele dieser Themen­ in die ABS-Quote fallen. Und ABS sind bei uns im Moment ausgeschlossen. Historisch bedingt haben wir uns sehr wohl damit gefühlt. Aus meiner Sicht muss man das aber überdenken, weil wir jetzt eine andere Situation haben. Das sind nicht die klassischen früheren ABS-Konstrukte. Es geht um die Finanz­ierung von Real Assets, die dahinterstehen. Ich glaube, als Haus sollten wir uns ernsthaft darüber Gedanken machen, ob wir dieses zusätzliche Diversifikationselement im Portfolio einfach weiter außen vor lassen wollen.

Wo finden Sie noch Yield Hot Spots?
High Yield und Senior Secured Loans sind gut gelaufen. Im Loans-Bereich haben wir bisher nur einen Fond, werden das aber weiter ausbauen. Es ist allerdings nicht ganz einfach, passende Vehikel zu finden, da wir nicht im Spezialfondsbereich investieren wollen.­ Ich denke, auch der High-Yield-­Bereich ist nach wie vor attraktiv, wobei wir aufgrund der Besicherung der Aktivseite mehr zu den Loans tendieren. Am Ende des Tages ist es aber schlicht und ergreifend ein Risikoinvestment. Emerging Markets sind bedingt auch noch interessant. Letztes Jahr waren wir hier viel im Hard-Currency-­Bereich unterwegs. Der Trend geht aber immer mehr zu Local Currency. Dabei ist immer die Frage: Kann ich die Volatilität und das Währungs­risiko nehmen? Da tun wir uns noch ein bisschen schwer. Wir haben Investments im Local-­Currency-Bereich, aber diese sind sehr gering. Als kleine Adresse müssen wir vorsichtig sein, dass wir uns nicht übernehmen. Das heißt, wir machen diese Themen über Publikumsfonds. Wir nehmen kleinere Investments ins Portfolio, um ein Gefühl für die Asset-Klasse zu kriegen. Und wenn wir merken, das passt, die Volatilität können wir aushalten, dann erhöhen wir entweder den Anteil am Fonds oder stellen uns breiter auf.

Sie stecken quasi erstmal nur einen Zeh ins Wasser.
Trial and Error. Deshalb nutzen wir Publikumsfonds, im Zweifel sind die relativ zügig wieder rauszudrehen. Wir scheuen uns auch nicht, einen relativ harten Cut zu machen. Wenn ein Fonds nicht läuft, drehen wir das Thema auch wieder raus und halten nicht ewig daran fest.

Bei Publikumsfonds können Sie als Investor allerdings relativ wenig Einfluss nehmen.
Ich kann am Ende keinen Einfluss nehmen, außer ich gebe eventuell Seed-Money. Man muss sich deshalb die Strategie anschauen und sich Gedanken darüber machen, ob die Strategie zu einem passt. Aber beeinflussen kann man eigentlich nur sehr wenig bis gar nichts. Das nehmen wir bewusst in Kauf, dafür sind wir deutlich flexibler. Beim Spezial­fonds brauche ich immer gleich ein Mindestvolumen, in der Regel 50 Millionen Euro. Wenn ich vier Fonds mache, habe ich somit 200 Millionen Euro platziert, was für eine Gesellschaft unserer Größe schwierig ist. Später kann man immer noch überlegen, wenn ein Manager oder ein Konzept wirklich gut aufgegangen ist, daraus einen Spezialfonds zu machen. Das haben wir zum Beispiel bei Wandelanleihen gemacht. Wir hatten zwei verschiedene Publikumsfonds, die gut gelaufen sind. Das Konzept hat gepasst, und so haben wir daraus einen Spezialfonds gemacht, der sehr gut läuft. Hier hat es sich bewährt, mit einem spezialisierten Partner zusammenzuarbeiten – Salm-Salm, ein Asset Manager, der fokussiert auf Wandelanleihen ist.

Was halten Sie von Performance-abhängigen Gebühren?
Persönlich finde ich das Konzept gut. Es stellt eine gewisse Interessengleichheit her. Man muss wissen, unsere Mandate sind alle mit absoluten Ertragszielen ausgestattet. Seit 2006 sind die Spezialfondsmandate Benchmark-frei. Die Mandate haben alle Wertuntergrenzen, so dass für die Manager entsprechende Risikobudgets und Performance-Ziele­ definiert sind. Der Manager hat seine Leitplanken, in denen er sich bewegen kann. Wie er sich im Rahmen des gegebenen Risiko­budgets bewegt, ist seine Sache. Vom Manager­ direkt erhalten wir tägliche Fondspreise und 14-tägig einen schriftlichen Report über die Entwicklung und die Bewegung im Fonds. Teilweise haben wir sogenannte Floor-­Partizipationsregeln. Wenn eine positive Performance­ generiert wurde, wird die Preisuntergrenze automatisiert nachgezogen, so dass wir immer einen Teil der Performance nach oben einloggen. Dadurch stellen wir sicher,­ dass wir nach unten nicht mehr so tief fallen können. Performance-abhängige Fees sind aus meiner Sicht durchaus sinnvoll, wenn ich diese als Leitplanke setze und den Manager darin frei agieren lasse. Wir haben allerdings­ nicht nur Performance-abhängige Fees, und wenn, dann auch in verschiedenen Ausgestaltungsvarianten.

Neben der Rendite gibt es noch eine zweite Stellschraube: die Kostenseite. Ist das ein Thema, mit dem Sie sich befassen?
Wenn man auf der Renditeseite nicht weiter­kommt, ist das nächste Thema natürlich die Kostenseite. Sind die Gebühren bei den Spezialfondsmandaten noch gerechtfertigt? Sind die Gebühren bei der KAG und Depotbank noch gerechtfertigt? Muss ich die Gebühren der Publikumsfonds vielleicht nachverhandeln? Das sind Themen, die wir auf der Agenda stehen haben und in naher Zukunft angehen werden.

Bei den Kosten ist in der Vergangenheit schon viel passiert. Das beklagen zumindest Master-KAGen und Depotbanken. 
Es ist viel passiert. Aber hier bieten sich trotzdem immer noch Spielräume. Das heißt natürlich nicht, dass man jemanden ausquetscht. Die andere Seite soll für ihre Leistung bezahlt werden. Aber es ist ein Punkt, den man sich anschauen muss, weil wir einen­ Riesendruck von der Renditeseite haben. Wir arbeiten sehr hart daran, unsere Versprechen zu erfüllen, was aus Marktsicht und regulatorischer Sicht nicht immer ganz einfach ist. Entsprechend glaube ich, dass auch die Anbieter über die Kostenseite ihren Beitrag leisten müssen. Natürlich sehen wir, dass auch dort die regulatorischen Anforderungen steigen und damit die Kostenseite unter Druck gerät. Aber ich glaube, das ist ein Punkt, den man diskutieren kann. Am Ende muss ich als Kapital­anlageleiter an die Kundenseite denken, sprich, dass wir möglichst vernünftige Renditen­ unter einem akzeptierbaren Risiko für unsere Versicherten produzieren.

Bisher hat das gut geklappt.
Bisher hat es gut geklappt. Was die Nettoverzinsungsseite Kranken und Leben angeht, sind wir sehr zufrieden. Ich hoffe, für die Zukunft wird es auch so bleiben, aber es wird deutlich schwieriger und herausfordernder. Bisher lebt man ja ein Stück weit von der Substanz, von den alten Kupons. Diese werden aber, getrieben durch unser Wachstum, immer mehr verwässert. Das führt uns wiederum dazu, dass wir uns breiter aufstellen und den Real-Asset-Bereich höher gewichten, um stabile Cashflows zu erzielen. Leider wird uns das regulatorisch nicht gerade erleichtert mit Blick auf Solvency II.

Im Moment läuft bei Ihnen ein Projekt, um die gesamten Anlagen neu zu strukturieren. Können Sie das etwas näher erläutern? 
Wir wollen unsere gesamten Anlagen neu strukturieren und haben die Master-KAG und Depotbank ausgeschrieben. Wir wollen unseren Gesamtbestand bei einer KAG spiegeln, insbesondere den Direktbestand. Dadurch wollen wir auf der Datenbasis eine höhere Transparenz von der obersten Portfolioebene über Risikokennzahlen, Performance-Kennzahlen bis hin zum Einzeltitel erreichen. Der Direktbestand wird weiter intern gemanagt. Parallel führen wir gerade ein neues ALM-System ein und werden im Anschluss unser Risikocontrolling entsprechend den neuen Möglichkeiten überarbeiten. Ein nächster Schritt, den wir intern diskutieren werden, ist sicherlich die Neuausrichtung unserer Spezial­fonds. Insbesondere die gemischten Mandate werden wir uns im Rahmen des Masterfonds genau anschauen. Aber das wird ein Projekt für 2014 werden.

Solvency II schwebt wie ein Damoklesschwert über der Branche. Was halten Sie von dem Regel­werk?
Die Grundidee finde ich sehr gut, dass man deutlich risikoorientierter steuert. Nur die Komplexität im Modell ist schlicht und ergreifend nicht mehr greifbar. Ich glaube, es gibt weder bei der Eiopa noch bei der Bafin jemanden,­ der das Gesamtmodell noch versteht und in der Tiefe erklären kann. Man muss Komplexität aus dem Modell nehmen und vielleicht insbesondere im Standard­modell die ein oder andere Asset-Klasse kritisch­ überprüfen, ob die Stressfaktoren gerecht­fertigt sind. Daneben gibt es dann natürlich­ das Thema der langfristigen Zinsgarantien und damit zusammenhängend die Zinskurvenproblematik.

Offiziell steht 2014 als Starttermin. Wenn Solvency II ab 2014 komplett umgesetzt werden muss, fühlen Sie sich dafür gut aufgestellt?
Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Wir würden es schaffen, wenn wir 2014­ komplett mit Solvency II ohne Übergangsphase knallhart starten müssten. Aber es wäre schon sehr sportlich. Ich glaube allerdings nicht, dass wir das komplette Solvency-II-Modul 2014 sehen werden. Das wäre auch fatal. Denn man muss bedenken, wir haben gerade erst die LTGA-Studie (Long-Term Guarantees Assessment, Anm. d. Red.) beendet. Die Zinskurve wurde darin auf verschiedenste Art und Weise getestet. Bis die Ergebnisse dieser europäischen Studie ausgewertet sind, werden wir wahrscheinlich Sommer haben. Deshalb glaube ich für die Säule I nicht, dass wir diese 2014 sehen. Aber wir bereiten uns schon darauf vor, damit wir nicht blank da­stehen.

Wollen Sie eigentlich mit einem internen Modell­ arbeiten?
Wir werden Stand heute kein internes Modell aufbauen. Ich glaube, bei unserer Größe­ wäre es von den Ressourcen her im Moment nicht darstellbar. Jetzt muss man natürlich­ abwarten, wie der Orsa-Prozess ausgestaltet ist. Kann man vielleicht aus dem Orsa-­Prozess heraus zumindest ein Partial­modell entwickeln? Kann man vielleicht auch mit strategischen Partnern in einzelnen Asset-­Klassen ein Partialmodell für diese Asset-­Klassen entwickeln? Das muss man prüfen.

Fürchten Sie, dass Solvency II Sie zu einem prozyklischen Verhalten treibt?
Die Gefahr ist da. Ich kann mir vorstellen, dass es einen gewissen Herdentrieb bei den Versicherungen geben wird, die vom SCR etwas­ schwächer auf der Brust sind. Je mehr ich aber ein individuell definiertes Wohlfühlniveau bei diesem SCR erreiche, desto mehr habe ich die Freiheiten, in andere Asset-­Klassen auszuweichen und mehr Risiken zu nehmen. Wir sollten nur die ökonomische Perspektive nicht außer Acht lassen. Das größte Problem wird es sicher bei der Lebensversicherung geben, je nachdem wie sich die Zinskurvenproblematik am Ende darstellt.

Wie sind Sie in dieser Hinsicht aufgestellt?

Gemessen an den Studien, die bisher stattgefunden haben, verfügen wir über eine überdurchschnittliche Eigenkapitalhinterlegung. Aber ich glaube, die PKV an sich steht von den Ergebnissen deutlich besser da als die Lebensversicherung. Am Ende muss man aus meiner Sicht dazu kommen, dass das SCR eine Nebenbedingung in der Steuerung ist. Für die Steuerung des Unternehmens eignet­ es sich definitiv nicht.

Als Versicherung haben Sie neben Solvency II auch noch andere Themen, die Ihnen das Leben­ schwermachen. Stichwort: Zinszusatz­reserve.
Man sollte sich Gedanken machen, ob der Index hinter dem Konzept der Zinszusatz­reserve der Richtige ist. Wir reden immer darüber,­ dass man sich nicht zu sehr auf die Ratings stützen sollte, wobei unser ganzes System auf diesen Ratings aufgebaut ist. Und dann baue ich einen Index, der rein auf dem Fitch-Rating und dem Dreifach-A basiert, was aber massive finanzielle Nachwirkungen in der Branche hat. Ich muss mir nur anschauen,­ welche Länder in diesem Index enthalten sind. Wenn man zum Beispiel Frankreich wegen eines Downgrades heraus­nehmen würde,­ könnte das einen spürbaren Effekt haben,­ nämlich dass der Index mal eben um 30 bis 40 Basispunkte nach unten geht. Das haben uns Berechnungen gezeigt, die ein Geschäftspartner von uns durchgeführt hat. Wenn andere­ Länder aus dem Index gehen, wie die Niederlande, könnte es einen leicht positiven Effekt haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass Frankreich aus dem Index geht, würde ich persönlich aber höher gewichten. Auch hier sage ich: Die Idee hinter dem Konzept ist richtig! Aber es ist fraglich, ob das in der jetzigen Phase glücklich ist. Muss ich mich wirklich auf eine Rating-Agentur­ und auf den Dreifach-A-Bereich fokussieren?­ Wenn ich auf der einen Seite unter meinem künftigen Aufsichtsregime Solvency II sage, euro­päische Staatsanleihen sind per Definition im Standardmodell risikolos, sage ich auf der anderen Seite, dass beim Index zur Zinszusatzreserve nur AAA berücksichtigt werden darf.
 
Würden Sie sich also eine bessere Abstimmung zwischen den einzelnen Parteien wünschen?
Genau das ist es, was ich so sehr kritisiere.­ Die vielen aufsichtsrechtlichen, regulatorischen, bilanziellen und steuerlichen Komponenten stehen ein bisschen isoliert da. Ich habe­ keine Abstimmung aufeinander. Wir sind langfristig orientiert, aber am Ende denken wir zum Beispiel durch die Bilanzierung in Ein-Jahres-Scheiben. Die Frage ist am Ende,­ nach was ich steuern soll. Will ich regulat­orisch gut dastehen? Bilanziell? Ökonomisch? Eigentlich muss ich es überall. Wir haben ein kleines magisches Dreieck vor uns.

portfolio institutionell, Ausgabe 5/2013

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