Ausländer interessiert an deutschen Immobilien
Weitere Käufergruppe sind Privatanleger. Immobilienexperten sehen Erholungstendenzen.
Zum heutigen Start der Immobilienmesse Expo warten wieder zahlreiche Real-Estate-Experten mit ihren Einschätzungen und Prognosen auf. Einig sind sich die Häuser in ihren Einschätzungen zum deutschen Markt und zu den Käufergruppen.
Fühlen Savills und CBRE dem Immobilieninvestmentmarkt Deutschland den Puls, so erkennen die Spezialisten eine „fragile Erholung“ beziehungsweise eine „graduelle Erholung“. Was dahinter steckt, erläutert Francesca Boucard, Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers: „Der Investmentmarkt ist weiterhin in einer Transformationsphase, in der sich institutionelle Investoren komplexen, zum Teil rasant ändernden geopolitischen und konjunkturellen Entwicklungen gegenübersehen. Die anhaltende Verunsicherung zeigt sich weiterhin deutlich am Ausbleiben großvolumiger Transaktionen.“ Das Vertrauen in Immobilieninvestments kehre jedoch allmählich zurück.
Eigentümer warten weiter ab
Laut Zahlen von Savills hat der deutsche Immobilieninvestmentmarkt für Gewerbe- und Wohnimmobilien in den vergangenen Monaten etwas an Dynamik gewonnen. Im 3. Quartal belief sich das Transaktionsvolumen auf knapp 7,6 Milliarden Euro und war damit um ein Fünftel höher als im Vorquartal. Trotzdem blieb das Transaktionsvolumen im bisherigen Jahresverlauf hinter dem des Vorjahres zurück. Von Januar bis September wechselten Objekte für etwa 21,6 Milliarden Euro den Eigentümer. Gegenüber der Vorjahresperiode bedeutet dies einen Rückgang um neun Prozent. Die Zahl der abgeschlossenen Transaktionen lag fünf Prozent unter dem Vorjahreswert. Gemessen am 10-jährigen Durchschnitt fiel das Transaktionsvolumen um 54 Prozent geringer aus.
Karsten Nemecek, Savills Deputy CEO Germany und verantwortlich für den Bereich Capital Markets, kommentiert das aktuelle Marktumfeld wie folgt: „So langsam übersetzt sich die volle Deal-Pipeline in eine steigende Zahl abgeschlossener Transaktionen. Ein Blick auf die laufenden Transaktionsprozesse zeigt aber auch, dass viele davon kein Selbstläufer sind, zumal die Eigentümer nach wie vor nur selten zu jedem Preis verkaufen wollen oder müssen. Gleichwohl halten wir zumindest eine kleine Jahresend-Rallye mit Blick auf die teils auch großvolumigen Produkte im Markt für wahrscheinlich. Der generelle Befund bleibt jedoch unverändert: Die Erholung ist fragil und angesichts unstetiger Rahmenbedingungen ist eine nachhaltige Wende noch nicht vollzogen.“ Die Spitzenrenditen blieben gemäß Savills in allen Segmenten unverändert und liegen weiterhin zwischen 3,6 Prozent für Mehrfamilienhäuser und 5,8 Prozent für Shopping-Center.
Family Offices zweitgrößte Käufergruppe
Obwohl auch institutionelle Käufer wieder aktiver werden, spielen nach Informationen von Savills private Kapitalquellen inklusive Family Offices weiterhin eine tragende Rolle. Mit einem direkten Ankaufsvolumen von etwa drei Milliarden Euro waren sie nach Investment-Managern die zweitgrößte Käufergruppe. Investment-Manager haben jedoch ähnlich viel verkauft wie gekauft und kommen deshalb auf ein Nettoankaufsvolumen von lediglich knapp 700 Millionen Euro. Private Kapitalquellen kommen auf ein Nettoankaufsvolumen von 2,2 Milliarden Euro und führen dieses Ranking mit großem Abstand an. Auf dem geteilten dritten Rang folgen Private-Equity-Gesellschaften sowie die öffentliche Hand – beide kommen auf ein Nettoankaufsvolumen von gut 600 Millionen Euro.
Matthias Pink, Head of Research Germany bei Savills, kommentiert: „Gerade am Büroinvestmentmarkt ist institutionelles Kapital weiterhin zurückhaltend und private Investoren nutzen die Gunst der Stunde, um sich hochwertige Objekte zu sichern. Auch am Handels- und Wohnimmobilienmarkt gehören sie zu den aktivsten Käufergruppen. Gut möglich, dass sie das auch im weiteren Zyklusverlauf bleiben.“ In diesem Jahr werden Privatinvestoren/Family-Offices voraussichtlich einen neuen Rekord in Sachen Ankaufsvolumen aufstellen – der bisherige Höchstwert liegt bei 3,4 Milliarden Euro aus dem Jahr 2019. Das gesamte Transaktionsvolumen des Jahres 2025 dürfte sich nach Erwartung von Savills auf circa 35 Milliarden Euro summieren, was etwas weniger als im Vorjahr wäre.
Spitzenrenditen sinken moderat
Ausführlich geht auch CBRE auf die Käufergruppen ein. „Für absolutes Spitzenprodukt sehen wir wieder die Tendenz zu moderat sinkenden Spitzenrenditen. Vor allem bei Büro und High-Street sehen wir seitens vermögender Privatkunden und Family Offices Interesse an Core- und Core-Plus-Immobilien“, erklärt Dr. Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland. Zugleich gehe die Schere zu Non-Prime-Produkten weiter auf und die entsprechenden Werte stehen unter Druck. „Angesichts der zuletzt wieder leicht gestiegenen Finanzierungskosten und einer tendenziell höheren Benchmark-Rendite – gemessen an der zehnjährigen Bundesanleihe, die zum Quartalsende bei 2,75 Prozent rentierte – erwarten wir, dass sich insbesondere im Value-Add-Bereich zahlreiche Investmentmöglichkeiten ergeben“, so Linsin. In Verbindung mit den strukturellen Veränderungen auf Nutzerseite und dem Trend zu moderneren Immobilien in besseren Lagen und einem hohen Refinanzierungsbedarf sollte zusätzliches Produkt auf den Markt kommen, dann aber zu einem anderen, niedrigeren Pricing. „Investoren – nicht zuletzt internationale – stehen bereit, derartige Produkte zu erwerben. Dafür bedarf es jedoch einer deutlichen Korrektur bei den Buchwerten“, sagt Marcus Lemli, Head of Investment bei CBRE in Deutschland.
Internationale Investoren glauben an deutschen Markt
Internationale Investoren sind wieder aktiver am Markt und zeichneten für einen Anteil von 46 Prozent des Gesamtvolumens verantwortlich, während es im Vorjahreszeitraum lediglich 37 Prozent waren, berichtet CBRE. 15 Prozent des Transaktionsvolumens stammten von nordamerikanischen Anlegern, weitere sieben Prozent aus Großbritannien und fünf Prozent aus Österreich. Während ausländische Investoren mit über zehn Milliarden Euro 29 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum in deutsche Immobilien investierten, reduzierten deutsche Investoren ihr Engagement am einheimischen Markt um zwölf Prozent auf gut zwölf Milliarden Euro.
Stärkste Nettokäufer waren gemäß CBRE-Daten Asset- und Fondsmanager, deren Investments die Verkäufe um knapp 3,2 Milliarden Euro übertrafen. Ihnen folgten die Gruppe der Privatinvestoren, Family Offices und privater Immobiliengesellschaften sowie die Öffentliche Hand, bei denen die Ankäufe die Verkäufe jeweils um gut 1,1 Milliarden Euro übertrafen. Größte Nettoverkäufer waren offene Immobilien- und Spezialfonds mit einem negativen Saldo von 1,1 Milliarden Euro und – wie vom Geschäftsmodell vorprogrammiert – Projektentwickler und Bauträger mit 3,9 Milliarden Euro mehr Verkäufen als Käufen. In den nächsten Monaten dürfte weiter ausländisches Geld nach Deutschland fließen: Wie CBRE berichtet stehen bei internationalen Investoren wieder mehr liquide Mittel für die weitere Expansion nach Europa und hier im Wesentlichen auch für Investments in den deutschen Markt zur Verfügung.
Ausländer dominieren großvolumige Transaktionen
Auch Colliers ortet das Interesse an deutschen Immobilien vor allem im Ausland. Michael R. Baumann, Head of Capital Markets Germany bei Colliers, erklärt: „Investoren erkennen zunehmend, dass die Marktphase bezüglich Verfügbarkeit und Pricing im Core-Bereich kaum attraktiver werden kann als im Moment. Ein wachsendes Interesse an aktuellen Trophy-Objekten wie dem Opernturm in Frankfurt zeugen davon. Vor allem ausländische Investoren erkennen die Chancen und schätzen die Rahmenbedingungen am deutschen Markt deutlich positiver ein als die heimischen Investoren. Ausländisches Kapital ist an 44 Prozent des Transaktionsvolumens beteiligt, in der Kategorie über 100 Millionen Euro liegt der Wert sogar bei rund zwei Dritteln.“
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Immobilien
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