Asset Manager
1. August 2016

Außer Spesen nichts gewesen

Mit Hilfe von Anreizstrukturen im Asset Management sollen die Interessen von Investoren und Vermögensverwaltern nivelliert werden, ohne dass die Performance zu kurz kommt. Ob Mitarbeiterbeteiligungsmodelle, Co-Investments und andere Vergütungsmechanismen eine Blaupause für alle Akteure darstellen können, erscheint jedoch fraglich.

In der Asset-Management-Branche findet derzeit eine intensive Sinndiskussion über die Vergütung und die Bemessung von Erfolg statt. Nach Angaben von Hans-Jürgen Dannheisig, Vorstandsvor­sitzender der Kommalpha-Gruppe, versuchen Asset Manager deshalb verstärkt, das Vertrauen ihrer Investoren zu erhöhen, indem sie in der Produktentwicklungsphase stärker in die unternehmerische Ver­antwortung gehen. Das geschieht etwa, indem der Manager für ein neues Produkt vergleichsweise niedrige fixe Gebühren verlangt.

Interessant ist auch, dass sich durch die Finanzkrise die ­Konkurrenzsituation im Asset Management verschärft hat. Kunden verfügen nach Ansicht von Marktbeobachtern heute über mehr ­Verhandlungsmacht. Die Gebühren sind in den Fokus der ­institutionellen ­Investoren gerückt, die sich immer häufiger nach ­Alternativen, wie passives ­Management oder Low-Cost-Ansätzen, ­umschauen. Wie die ­Beratungsgesellschaft Mercer beobachtet hat, setzt sich derweil der Trend in Richtung Performance-abhängiger ­Gebühren fort. Diese ­Tendenz dürfte den institutionellen Anlegern ­allerdings nicht zugutekommen. Sowohl theoretische als auch ­empirische Analysen zeigen, dass Performance-abhängige ­Gebühren zwar zu niedrigeren Kosten führen, gleichwohl kommt es zu ­einem erhöhten Portfoliorisiko, weil der Asset Manager einen ­Anreiz hat, die Risiken zu erhöhen.

Fixe Gebühren und Mischformen, bei denen zusätzlich ­Performance-abhängige ­Gebühren zum Tragen kommen, sind in den ­gängigsten Asset-Klassen weit verbreitet. Da passt es ins Bild, dass Performance Fees hierzulande traditionell nicht gern gesehen ­werden. Wie in der Branche zu hören ist, lehnen Kapitalanlageverantwort­liche bei Versicherern und Pensionskassen diese Form der Vergütung ­häufig mit der Begründung ab: „Ich will, dass der Asset Manager Risiko­management betreibt und nicht zockt.“ Dabei gelten ­Performance Fees unter Consultants als probates Mittel, um die ­Interessen der am Kapitalanlageprozess Beteiligten zu koppeln.

Veroptionierte Vergütung

Man kann unterstellen, dass die Interessen von Investoren und Asset Managern in verschiedene Richtungen tendieren: Während der Vermögensverwalter eine angemessene Vergütung anstrebt und ­talentierte Mitarbeiter halten will, möchte der Anleger sein Geld vor allem in guten Händen wissen. Vor dem Hintergrund dieses Konflikts ­betont Dr. Wolfram Gerdes, Vorstand Kapitalanlagen und Finanzen der Kirchlichen Zusatzversorgungskassen KZVK und VKPB,­ gegenüber portfolio, der Asset Manager müsse zunächst darauf bedacht sein, ­seine Einkommensbasis, also die verwalteten Mittel, zu erhalten ­beziehungsweise auszuweiten. „Das erreicht er über die Zufriedenheit des Kunden“, so Gerdes. Er führt die Zufriedenheit auf die Erreichung von  Performance-, Risiko- und Serviceerwartungen zurück. „Unklar ist mir, obgleich in der Branche diskutiert, inwieweit die Veränderung der Bezahlungsstruktur erst eine Interessen­gleichheit herstellt“, sagt er weiter. Aus Gerdes Sicht steigert man die Leistung des Managers nicht, indem man ihm zusätzliche Erfolgs­prämien verspricht: „Das klassische ­Argument, den Asset Manager durch einen Anteil an der ­Out­performance zu bezahlen, sichert in keinster Weise automatisch ­Interessengleichheit.“ Gerdes kritisiert in diesem Zusammenhang Formulierungen seitens der Asset Manager wie diese: „Ich verdiene nur, wenn Ihr Performance bekommt.“ In Wahrheit sei diese ­Vergütungsform eine Call-Option auch auf Ergebnisse, die ­unab­hängig vom Können des Managers durch Zufalls­ereignisse entstünden. Schlimmer noch: Der Wert dieser Option nähme zu, wenn der ­Manager das Risiko entgegen dem Interesse des Anlegers erhöhe.

In seiner Eigenschaft als Investor und im Hinblick auf die ­Interessenabwägung spricht sich Gerdes dafür aus, zunächst die ­Kundenziele und die Freiheitsgrade des Managers zu klären. Danach sollten beide Seiten fixieren, was Erfolg bedeutet und woran sich die Beurteilung des Kunden festmacht. Im Hinblick auf die Preis­fest­setzung plädiert Gerdes eher für fixe Gebühren statt Performance Fees. Belohnung für den Asset Manager sei der Mandatserhalt oder ­eine Erhöhung des verwalteten Vermögens. Für den Manager ­bedeutet dies den Fortbestand oder die Erhöhung seines Einkommens. ­Unbefriedigende Leistung hat, so Gerdes, dieselben Konsequenzen­ wie anderswo im Wirtschaftsleben: die Beendigung der Geschäfts­beziehung, was hier den Abzug des Mandats bedeutet.

Henning von der Forst, der als Vorstandsmitglied der Nürnberger Versicherungsgruppe für den Bereich Kapitalanlagen zuständig ist, vertritt die Ansicht, dass die Interessen von Investoren und ­Asset Managern­ grundsätzlich in die gleiche Richtung gehen, „da ­beide ­eine gute Performance für das zugrundeliegende Portfolio ­erzielen ­wollen“. Ob bei der Bemessung eine Benchmark oder auch andere Mess­kriterien zugrunde liegen, spiele dabei zunächst keine Rolle. Aus ­Investorensicht sehr wichtig ist allerdings ein genaues ­Controlling der Asset Manager, um die Einhaltung von ver­schieden­sten Kriterien zu gewährleisten, damit nicht zu hohe Risiken bei der Kapitalanlage ­eingegangen werden. In diesem Zusammenhang hat die Nürnberger genaue Vorgaben und ein entsprechendes Limit­system installiert, um auf Abweichungen gegenüber dem Asset ­Manager sehr schnell ­reagieren zu können. „Verstößt ein Asset ­Manager gegen diese ­Richtlinien, führt es in der Regel genauso wie bei längerfristiger ­Underperformance dazu, dass er sein Mandat verliert. Nur so kann ­eine entsprechende Interessengleichheit sicher­gestellt werden“, meint von der Forst.

Dieter Schorr, Head of Asset Liability Management beim ­Auto­mobilzulieferer ZF Friedrichshafen vertritt in der Zusammen­arbeit mit Asset Managern eine polarisierende Sichtweise. Im ­Hinblick auf das Interesse des Anbieters, einen möglichst hohen Gewinn mit seiner Dienstleistung zu erwirtschaften, betont er: „Dieses Interesse muss ich als Anleger nicht übernehmen. Ich sage ihm allerdings, dass er Geld mit uns verdienen kann, wenn wir daran glauben, mit ihm ­unsere Risiko- und Performance-Vorstellungen realisieren zu können.­ Diese sprechen wir genauso an wie unsere Kostenobergrenze und ­welche Anforderungen wir an die Kundenbegleitung noch haben.“

Wie Schorr hervorhebt, komme der Lackmustest dann, wenn eines­ ­seiner Ziele verfehlt, der Anbieter hingegen dennoch vergütet werde: „Dann zeigt sich, ob der Anbieter bereit ist, zumindest temporär, ­seine Interessen hinter unseren zurückzustellen.“ Es sei relativ ­einfach, eine Beziehung zu führen, wenn Interessengleichheit ­besteht, so Schorr. „­Professionalität zeigt sich jedoch, wenn trotz der bewusst wahr­genommenen unterschiedlichen Interessen zusammengearbeitet wird, weil es für die beteiligten Parteien das beste langfristige ­Ergebnis ist“, sagt er. Die nachhaltigen Partnerschaften ergäben sich daher vor allem aus verantwortungsbewusstem Handeln und nachhaltigen Geschäftsstrategien. „Dazu sind nach meiner Erfahrung Werte­ wie Vertrauen, Fairness und Authentizität stärker zu gewichten als Vergütungs­modelle oder der vertragliche Ursprungsrahmen der Zusammen­arbeit“, rät Schorr.

Performance, Performance, Performance

Aus der Warte eines Asset Managers ist Dirk Bongers, Geschäftsführer des Absolute-Return-Verfechters Antecedo, der Ansicht, dass die Interessen von Investoren und Asset Managern nicht grund­sätzlich in verschiedene Richtungen gehen: „Der Anleger erwartet ­eine qualitativ hochwertige Managementleistung und ist in der Regel ­bereit, dafür einen angemessenen Preis zu zahlen. Der Asset Manager wiederum bietet seine Leistung an und möchte dafür angemessen ­entlohnt werden. Ein Problem ergibt sich, wenn die Leistung des ­Managers nicht (mehr) den Erwartungen des Investors entspricht.“ Als Lösung plädiert Bongers für eine erfolgsabhängige Vergütung mit der Begründung: „Für die Basisleistung erhält der Manager eine ­Basisvergütung, für überdurchschnittliche Leistungen eine zusätz­liche Vergütung. Das handhaben wir bei einigen unserer Fonds ­genauso. Insofern besteht Interessengleichheit mit unseren Kunden: Sobald wir unsere hochgesteckten Ziele erreichen, sind seine ­Erwartungen erfüllt. Wenn wir noch besser liegen, erhält er noch mehr Rendite, und ist gern bereit, einen kleinen Teil davon als ­Erfolgshonorar abzutreten.“

Dadurch sollte kein zusätzliches Risiko durch den Asset Manager entstehen, ist man bei Antecedo überzeugt. „Zum einen sollte sich der Asset Manager seiner Verantwortung gegenüber seinem Investor ­bewusst sein, und zum anderen sollten Anlagestrategie und Risiken transparent aufgezeigt sein“, so die Argumentation der Bad Hom­burger. „Ein Abweichen von der Anlagestrategie würde zum ­Verlust des Mandats durch den Investor führen, was nicht im Sinne des Asset Managers wäre“, kommentiert Antecedo-Geschäftsführer Dirk Bongers. Er erklärt: „Es ist offenkundig, dass einige Asset ­Manager die erfolgsabhängigen Gebühren in der Vergangenheit ­überzogen haben. Mit der neuen Regelung der Bafin im Hinblick auf die Änderung der Performance-Vergütung in den Fondsvertrags­bedingungen wurde hier aber glücklicherweise ein Riegel vor­geschoben.“

Die Bafin genehmigt derzeit nur noch die Verwendung von ­erfolgsabhängigen Vergütungen nach zwei grundsätzlichen Modellvarianten. Dabei handelt es sich einerseits um die erfolgsabhängige Vergütung mit einem Vergleichsindex, andererseits um die erfolgs­abhängige Vergütung bei einer positiven Anteilswertentwicklung in der Abrechnungsperiode. Wie Andreas Gessinger aus dem Hause Universal-Investment in einem Magazin für institutionelle Anleger hervorhebt, ist eine solche erfolgsabhängige Vergütung bei einer Wertsteigerung jedoch nur dann zulässig, wenn in den Vertrags­bedingungen kein Anlageschwerpunkt festgelegt wurde oder kein ­geeigneter Vergleichsindex definiert werden kann.

Her mit dem Alpha
Die Anpassung der Interessen von Investoren, den mandatierten Vermögensgesellschaften und deren Mitarbeitern gilt gemeinhin als Ausgangspunkt für institutionelle Investoren, um das Vertrauens­verhältnis untereinander zu verbessern. Grundsätzlich hängt dieses Vertrauen erheblich von der jeweiligen Organisation und der ­Investmentkultur des Vermögensverwalters ab, wie Anna Weickart, Senior Investment Consultant bei Towers Watson, auf Nachfrage von ­portfolio ­institutionell zu berichten weiß. Der Investor muss hinterfragen, ob bei dem jeweiligen Asset Manager „das ­Business die Hauptrolle trägt“, wie Weickart es formuliert. In diesem Fall würde der Schwerpunkt höchstwahrscheinlich auf das Wachstum der Assets ­under Management gelegt. Andererseits könne auch das Investment die Hauptrolle im Unternehmen tragen. Diese wichtige Unter­scheidung manifestiert sich, wenn der Asset Manager tendenziell eher eine breite Palette an Produkten anbietet, um möglichst alle Trends auf dem Markt abzudecken. „Dies könnte für den Kunden ­einen negativen Effekt für das Alpha mit sich bringen, wenn das zu verwaltende Vermögen zu schnell wächst“, erläutert Weickart. Falls im Gegensatz dazu das Investment im Mittelpunkt steht, sei oftmals eine starke Investmentkultur vorhanden und der Fokus werde auf Kundeninteressen gelegt. „In solchen Fällen können zum Beispiel Entscheidungen getroffen werden, dass Kunden eine Schließung des Fonds angeboten wird, sollte dieser eine kritische Größe erreicht ­haben“, erklärt sie. In erster Linie seien es die Nischenanbieter, die den Schwerpunkt auf Lösungen legen, bei denen sie von der eigenen Expertise überzeugt sind. Sie implementieren Strukturen zur Interessen­angleichung, damit sie auch die besten Mitarbeiter bekommen und halten können, betont Weickart.

Um die Interessen zwischen Kunde, Asset Manager und Portfolio anzugleichen, plädiert man bei Towers Watson für ein auf Mitarbeiterbeteiligung basierendes Modell, Co-Investments und auch Performance-­Gebühren. Dessen inhaltlicher Zusammenhang geht aus der unten abgebildeten Grafik hervor. Demnach sollte ein Asset Manager seinem Personal direkte Anteile oder auch virtuelle Aktien als Teil der Vergütung gewähren. „Normalerweise kommt dies nur für kleine Boutiquen mit Nischenprodukten infrage, bei denen die Portfoliomanager und Analysten ein Produkt managen, welches für das ­Gesamtunternehmen von strategischer Bedeutung ist“, erläutert ­Towers-Watson-Expertin Anna Weickart. Eine direkte Beteiligung sei ein starker Anreiz für die talentierten Mitarbeiter, bei dem Unter­nehmen zu bleiben, wo sie eine Möglichkeit haben, auf die eigene Zukunft­ Einfluss zu nehmen. Aktien der Muttergesellschaft anzu­bieten bewirke­ ­im Gegensatz dazu nur wenig Einklang der Interessen. ­Speziell für große Asset Manager sei eine direkte Beteiligung „­weniger reizvoll“. Zur Begründung verweist Anna Weickart von Towers­ Watson auf die ver­schiedenen Produktlinien der großen Asset-Management-­Gesellschaften, bei denen die von den einzelnen Portfoliomanagern verwalteten ­Produkte nur einen kleinen Anteil am Gesamt­universum bilden.

Co-Investments, bei denen Manager eigenes Geld beisteuern, ­sollen deren Interessen an die des Portfolios angleichen. Oft erfolgt dies in Form einer aufgeschobenen Bonuszahlung, die in das Produkt für eine bestimmte Zeit investiert wird. Dies hat laut Towers Watson zur Folge, dass der Manager im Interesse des Kunden zu agieren hat, um die bestmögliche Performance zu erzielen, da auch er einen Teil der schlechten Performance zu tragen hat. „Co-Investments haben sich als solides Instrument für Absolute-Return-Produkte erwiesen, da sie für die Mehrheit der Investoren interessanter sind. Denn diese Form der Investition würden sie für ihr eigenes Geld vorziehen“, so Weickart, die zugleich betont, dass Co-Investments generell auf ­freiwilliger Basis geschehen sollten, da die Umstände für ein solches Investment stark abhängig von einer persönlichen Komponente ­seien. Die einfachste Methode hierbei sei es, einen Teil des Bonus für eine bestimmte Zeit in das Produkt zu investieren. Um tatsächlich ­Interessengleichheit herbeizuführen, sollte allerdings nicht nur eine Art Alibi-Prozentsatz seitens der Manager investiert werden. Wird ­dagegen der gesamte Bonus investiert, besteht die Gefahr, dass der Manager zu konservativ agiert.

Frank Umlauf vom Frankfurter Investment-Consultant Tajdo  sieht eine Mitarbeiterbeteiligung in Form von Eigeninvestments ­tendenziell positiv. Gleichwohl müsse sich der Investor die Details und die damit verbundene Anreizsetzung ansehen. Umlauf macht das an ­folgendem Beispiel fest: Ein mit hohem Anteil an privatem Geld investierter ­Asset Manager, zudem in einem fortgeschrittenen Alter, agiert aufgrund seiner persönlichen Risikoneigung womöglich konservativer, als es der Investor durch die vereinbarte Gebührenstruktur und ­abgesprochene Risikobudgets erwartet. „Es kann zu der Situation kommen, dass ein Investor einen vergangenen Track Record für sportliche Gebühren kauft, nach vorne hin die Risikobudgets aber immer weniger ausgeschöpft werden“, moniert Umlauf.

Last but not least können Performance-Gebühren nach ­Darstellung von Towers Watson ein Instrument sein, um die Interessen von ­Kunden und Asset Managern zu nivellieren. Der Kunde bezahlt ­seinen Vermögensverwalter nur im Falle einer Outperformance. Kommt es dagegen zu einer Underperformance, teilt der Asset Manager den „Schmerz“ mit dem Kunden, indem er keine Vergütung erhält. „­Inzwischen sollte jedem bewusst sein, dass eine Performance-abhängige Vergütung ohne High Water Mark keinen Sinn macht“, ­unterstreicht Frank Umlauf vom Consulting-Haus Tajdo.  Allerdings ist damit dem Manager noch immer nicht der Anreiz genommen, ­eine erfolgsabhängige Vergütung als freie Option zu sehen, um mit dem Eingehen von überhöhten Risiken einen „lucky punch“ während der Vertragslaufzeit zu erzielen. Das ist auch der Grund, weshalb ­Umlauf Investoren rät, bei Performance-abhängigen Vergütungs­strukturen immer mit flankierenden Risikobudgets zu arbeiten. Die Auszahlung der variablen Vergütung über einen ­längeren Zeitraum zu strecken ist ein weiteres Instrument, um den Manager zu einer stetigeren­ Generierung seines Mehrertrags anzuhalten.

Bestrafung für Drawdowns
Ein Beispiel für innovative Vergütungsstrukturen liefert die kleine Münchner Boutique RP Crest, die Investoren Zugang zur Asset-­Klasse „Volatilitätsrisikoprämie“ bietet. RP Crest verfolgt einen Absolute-Return-­Ansatz. Das sechsköpfige Team verwaltet ein Jahr nach dem operativen Start derzeit Assets von 490 Millionen Euro, wie Firmengründer Matthias van Randenborgh gegenüber portfolio institutionell bemerkt. Nicht weniger interessant als das stramme Firmenwachstum sind die für die Finanzbranche eher untypischen partner­schaftlichen Strukturen im Umgang mit Mitarbeitern, Gesellschaftern­ und Kunden.

Das Problem der Asset-Klasse Volatilitätsrisikoprämie bestehe in ihren asymmetrischen Ertragsprofilen: Meistens verdiene man gut, aber hin und wieder entstünden sehr große Verluste. Diese Eigenschaften stressen und überfordern die Governance-Konzepte der ­etablierten Asset Manager, moniert van Randenborgh. Das dortige Management werde in der Regel incentiviert, aggressiv in die ­Volatilitätsprämie zu investieren, in der Hoffnung, dass die großen Verlustphasen während ihrer Ägide oder bis zum nächsten Bonus ausbleiben. Vor diesem Hintergrund zahlt RP Crest seinen Mit­arbeitern neben „extrem tiefen Grundgehältern“ eine zeitlich ­verzögerte Gewinnpartizipation. Diese sichert ihnen 50 Prozent der jährlichen Gewinne zu. Die Unternehmensgründer und Mitarbeiter müssen allerdings den größten Teil ihrer Erträge aus der Gesellschaft, darunter auch die Dividenden, zunächst für drei bis zehn Jahre in ­einen Fonds investieren, der zwei- bis dreifach gehebelt in den ­gleichen Fonds investiert wie die Kunden. Die dadurch erzeugte ­Anreizstruktur sichere die Interessen der Fondsinvestoren, ist man bei RP Crest überzeugt. „Der rational agierende Banker hebelt sich so hoch wie möglich. Das ist rationales Verhalten. Aber genau das muss man unterbinden“, erklärt van Randenborgh. Er ergänzt: „Fast alle Vergütungsmodelle der etablierten Asset Manager, Banken und der Hedgefondsindustrie sind nicht geeignet, um Interessenkongruenz herzustellen, wenn Renditen über den Verkauf von Optionen ­erschlossen werden – hier sind wir die Ausnahme.“

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass es keinen ­Königsweg gibt, um die Interessen zu ­nivellieren. ­Vertrauen und Fairness vorausgesetzt,­ muss sich der institutionelle Investor jedoch im ­Klaren ­darüber sein, dass es nachhaltigen ­Anlageerfolg nicht beim ­Discounter gibt. Wenn der Asset Manager sich indessen stärker unternehmerisch ­ein­binden lässt und bei Performance, Service und Risiko gute ­Arbeit leistet, ­liegen die Interessen schon dicht beisammen.

portfolio institutionell, Ausgabe 3/2013

Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

22. April 2014

Außer Spesen nichts gewesen

Mehr Verantwortung, mehr Risiko – mehr hat die AIFMD den Verwahrstellen nicht gebracht. Abzuwarten bleibt, wie es mit der Haftung­ für Assets im Ernstfall bestellt ist. Bisher verlief die Umstellung zwar ­relativ reibungslos, es gibt jedoch noch eine Reihe offener Fragen, die es seitens des Regulators zu klären gilt.

Seit dem 22. Juli vergangenen Jahres ist in der Investmentbranche umgewöhnen angesagt: Der deutsche Spezialfonds heißt nun offener, inländischer Spezial-AIF, die Kapitalanlagegesellschaft nennt sich Kapital­verwaltungsgesellschaft (KVG), und die Depotbank ist zur Verwahrstelle mutiert. Schuld ist das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB). Während die KVGen derzeit noch vollauf mit ihrer Zulassung und den damit anfallenden Papierbergen kämpfen, haben die Depot­banken die Umstellung zumeist problemlos gemeistert. „Im Großen und Ganzen hat alles ­reibungslos geklappt“, zieht Thorsten Gommel, Partner bei PwC, ein vorläufiges Fazit. Allerdings verschweigt er nicht, dass noch ­„spezielle Themen virulent“ sind: „Die offenen Fragen werden hoffent­lich mit dem Update zum Depotbank-Rundschreiben von der Bafin­ geklärt.“ Ein neuer Entwurf des Verwahrstellen-Rundschreibens sollte Ende Februar vorliegen, zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses Mitte­ März war dies allerdings nicht der Fall.

Doch welche Punkte sind es, die virulent sind? An oberster Stelle nennt Gommel die Segregierung der Konten. „Wenn Sie mit kleineren und mittleren Depotbanken sprechen, die mit Transaktions­banken zusammenarbeiten, dann ist die Ansicht dazu eindeutig: Eine Segregierung wäre nicht notwendig. Die physische Trennung bietet keinen zusätzlichen Schutz“, so Gommel. Durch die Drei-Punkte-Erklärung seien die Konten zivilrechtlich bereits segregiert. „Die Frage­ ist, wie sich die Bafin dazu stellt. Wird sie Spielraum geben, um von Level 2 abzuweichen?“, fügt Gommel hinzu. Dieses Thema treibt allerdings vornehmlich einheimische Depotbanken um. Für Global Custodians stellte dies keine Herausforderung dar. „Die Segregierung der Konten war vor allem ein technischer Aufwand, der nachvollziehbar dargelegt werden musste.­ Die Umsetzung verlief schnell. Wir haben uns mit der Umsetzung der Anforderungen des KAGB insgesamt leichtgetan“,­ erklärt Lars Hella, Leiter Depotbank bei BNY Mellon. Bei JP Morgan lief es ähnlich reibungslos. „Der Aufwand, der mit dem KAGB einhergeht, ist aufgrund der bei uns bereits bestehenden Systeme und Kontrollverfahren grundsätzlich überschaubar. Von der Arbeit­ her war es wie jedes andere Projekt, es hat keine schlaflosen Nächte bereitet“, resümiert Michelle Grundmann, Leiterin des Depotbank­geschäfts von JP Morgan in Deutschland. Bei der Umsetzung sei vor allem viel Kommunikation und Koordination gefragt gewesen. „Ein wichtiger Schritt war und ist, die Prozesse überschaubar zu gestalten. Wir haben zu Beginn­ des KAGB-Projekts Zeitfenster für die Um­stellung der einzelnen Fonds pro KVG vergeben, um den Übergangszeitraum bestmöglich ausnutzen zu können. Letztlich entscheiden aber die KVGen und die Investoren, zu welchem Zeitpunkt die Vertrags­bedingungen des jeweiligen Fonds auf das KAGB umgestellt werden. Wir beobachten, dass sich der Zeitpunkt immer weiter in Richtung 22. Juli 2014 verschiebt, und erwarten gerade in den letzten drei Monaten­ ein größeres Aufkommen“, berichtet Grundmann.

Dass nur einheimischen Depotbanken der Schuh drückt und sie sehnlich auf das Bafin-Rundschreiben warten, wäre aber ein Trugschluss. Auch Global Custodians sehen gewissen Klärungs­bedarf. Für Hella gehört unter anderem die Behandlung von Anteilsschein­geschäften geklärt. „Die KVG ist laut dem KAGB verpflichtet, das Anteils­scheingeschäft selbst vorzunehmen. Bisher wurde das aber immer von der Depotbank ausgeführt“, so Hella. Aufschluss erhofft er sich zudem bezüglich der Risk Asset Due Diligence, die Depotbanken bei KVGen durchführen müssen: „Wie ist das in der Praxis auszugestalten?“ Eine offene Frage sieht Grundmann in der Depotbankprüfung: „Findet sie statt oder nicht? Grundsätzlich muss die Depotbank geprüft werden, schließlich agiert sie in einer regulierten Welt und hat die komplette Verantwortung für die Assets. Das ist aber nicht mehr vorgesehen.“ Auch wenn es auf die Frage noch keine abschließende Antwort gibt, will sich JP Morgan weiterhin von einer unabhängigen Prüfungsgesellschaft prüfen lassen.

Chance nicht genutzt
Die Papierberge, die KVGen für ihre Zulassung bewältigen müssen, blieben den Depotbanken weitgehend erspart. Von einem gewissen Arbeitsaufwand blieben aber auch sie nicht verschont. Beispielsweise mussten viele Verträge mit den KVGen neu verhandelt und aufgesetzt werden. „Anfänglich gab es keine Musterverträge, erst sukzessive haben die Verbände Entwürfe vorgelegt. Bei den Service-Level-­­­
Vereinbarungen muss man jedoch mit jedem Haus individuell sprechen“, so Hella. „Das Gute ist, dass man mit einer bestehenden Kundenbasis arbeitet und nicht auf der grünen Wiese anfängt“, fügt er hinzu. Vielleicht liegt aber genau darin ein Problem des deutschen Depotbankmarktes, der seit Jahren über zu geringe Margen klagt. Im Schnitt liegt die Vergütung für Spezialfondsmandate bei ­Wertpapieren zwischen 0,5 und 1,5 Basispunkten. An sich hätte die Neuverhandlung der Verträge die Chance geboten, das Preisgefüge anzupassen. Getan hat sich jedoch nichts. „Die hohe Verantwortung, die ­Depotbanken zunehmend übernehmen, spiegelt sich nicht im Preis wider“, so ­Holger Sepp, Mitglied der Geschäftsführung bei Caceis. Mit dieser ­Erfahrung steht er nicht allein da. Der BNY-Mellon Depotbankleiter ­berichtet Ähnliches: „Bei den Investoren rennen wir als Depotbanken mit diesem Thema keine offenen Türen ein. Es gab hier nach unserer Wahrnehmung im deutschen Markt nur sehr vereinzelte Versuche, diese Diskussion mit den institutionellen Anlegern zu führen.“

Doch auch in Deutschland gibt es einen Bereich, für den eine derartige Regulierung bislang unbekanntes Terrain war und die Umsetzung der AIFMD auf der grünen Wiese startete: der Bereich der geschlossenen Fonds. Und tatsächlich sieht Sepp in dieser Welt eine­ Marktopportunität, die sein Haus nutzen will: „Die geschlossenen Fonds sind ein attraktives Feld. Vor zwei Jahren haben wir die klare­ strategische Entscheidung gefällt, dort hineinzugehen.“ Und das hat Caceis bislang erfolgreich getan. Im vergangenen Jahr wurden 24 Emissions­häuser gewonnen, und in diesem Jahr seien weitere hinzugekommen. „Wir haben eine gute Ausgangslage, da wir schon seit langem ein großer Player im Bereich der offenen Immobilienfonds sind. Uns sind 15 Immobilien-KVGen angeschlossen. Mit rund zwölf Milliarden Euro sind wir hier die größte unabhängige Depotbank“, so Sepp. Zu den Gebühren für die geschlossene Fondswelt macht der Caceis-­Geschäftsführer allerdings keine Angaben. Es lässt sich nur vermuten, dass diese über den durchschnittlichen 0,5 bis 1,5 Basispunkten für Spezialfonds liegen. Diesen Schluss legt ein Gespräch mit der Partners Group nahe, die für Deutschland und andere Staaten der Europäischen Union voll regulierte Luxemburger Produkte anbietet, für den Rest aber auch andere Vehikel [Lesen Sie hierzu auch die Seiten 39f.]. Jeder Investor bekommt ­also, was er benötigt. Dies hat für deutsche Investoren jedoch einen Nachteil: Dr. Marc Wicki von der Partners Group schätzt die Zusatzkosten für die AIFMD­-konformen Fonds auf zehn bis 15 Basispunkte. Darin enthalten ist eine „AIFMD-Risikoprämie“ von fünf bis zehn Basispunkten­ für die Depotstelle, die sich damit für die Risiken der in der Direktive vorgesehenen Haftungspflichten schadlos zu halten versucht. Wicki hegt wenig Zweifel, dass diese Mehrkosten die Rendite für den Investor reduzieren.
 
Ähnlich wie Caceis sieht auch BNY Mellon Wachstumspotenzial im Bereich der geschlossenen Fonds. Ende vergangenen Jahres wurde ­beispielsweise eine strategische Partnerschaft mit Alceda geschlossen. „Für uns war das der Einstieg als Verwahrstelle in die alternativen Investments.­ Das ist das letzte Puzzlestück, das uns in unserem Produkt­portfolio gefehlt hat. Um die nötige Expertise hereinzuholen, haben wir uns in diesem Bereich personell mit Marktexperten verstärkt“, so Hella. Doch längst nicht jedes Haus verspürt den Drang, in die geschlossene Welt einzutauchen. „Wir haben uns aus verschiedenen Gründen dazu entschieden, uns in diesem Markt bis auf weiteres nicht zu engagieren. Aktuell sehen wir hier für uns auch keine zwingenden Opportunitäten“, erklärt Stefan Degen, Leiter Fondsservice bei der LBBW. Auch JP Morgan hält sich hier bislang zurück.

Im Vorfeld von AIFMD trieb die meisten in Deutschland agierenden Depotbanken – auch die Global Custodians – allerdings ein ganz anderes Thema um: die volle Haftung für die Assets. Das erhöhte Risiko­ der Unterverwahrung wurde vielerorts kritisch gesehen. Man hoffte lange, diesen Passus aus der Richtlinie streichen zu können. Bekanntermaßen ist dies nicht gelungen. Heute ist die Kritik leiser zu vernehmen. „Im Tagesgeschäft gibt es keine Änderungen. Wenn ein Unterverwahrer zahlungsunfähig wird, gehen die Assets nicht in die Insolvenzmasse ein, sie sind separiert“, erklärt Grundmann. Und weiter: „Betrug kann man nicht vorhersehen, aber der Unterverwahrer muss eine Versicherung gegen Betrug haben.“ ­Außerdem stehen die Sub-Custodians unter einer­ stetigen Überwachung, und das nicht erst, seit es die AIFMD verlangt. Bei JP Morgan gibt es laut Grundmann eine Risikokontrollgruppe, die jeden Tag ein Risikoprofil der Sub-Custodians erstellt: „Täglich werden auf Basis von Score-Cards insbesondere die Liquidität,­ Kredit-Ratings und weitere­ Kriterien­ der Sub-Custodians geprüft. Außerdem gibt es als Back-up in der Regel einen zweiten Sub-Custodian­ in dem jeweiligen Markt, an den innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums sämtliche Assets­ übertragen werden können, wenn beim beauftragen Unter­verwahrer größere Probleme auftreten. Ziel ist es, das Risiko gering zu halten.“ Ähnliche Überwachungsmechanismen sind auch bei anderen Global Custodians­ installiert. Anders sieht es bei kleineren Depot­banken aus. Nach Einschätzung von PwC-Partner Gommel gibt es beim Lagerstellenmanagement einen offenen Punkt, den es zu klären­ gilt: „Die Verwahrkette ist in Deutschland relativ komplex. Oftmals haben Depotbanken­ eine Transaktionsbank zwischengeschaltet, die sich um die Wertpapier­abwicklung kümmert. Im KAGB sind nur die Aufgaben­ für die Depotbanken definiert, nicht für die Auslagerungsbank. Hier muss man eine­ Lösung finden. Wer macht was beim Lagerstellen­management?“

Gänzlich ungerührt haben die schärferen Haftungsanforderungen die Global Custodians jedoch nicht gelassen. Viele Häuser haben ihre Lager­stellenstrategie überprüft. „Der Trend geht zu eigenen Lager­stellen“, ist Gommel überzeugt. Bestätigt wird dies von BNP Paribas.­ „Wir haben 26 eigene Lagerstellen. Damit decken wir 90 Prozent der Assets ab. In den nächsten fünf Jahren wollen wir die Anzahl auf 30 ausbauen“, erklärt Kurt Zeimers, Product Manager bei BNP Paribas Securities Services. „Als Gruppe sind wir in 80 Märkten aktiv, aber nicht überall als Lagerstelle. Erst wenn eine kritische Masse­ erreicht ist, macht es Sinn, eine Lagerstelle zu eröffnen“, fügt er hinzu. Ihre Strategie ebenfalls überdacht hat JP Morgan. Die US-Amerikaner sind in 102 Märkten aktiv, in zehn Ländern mit eigenen Lagerstellen. „Wir wollen unser Netzwerk auf maximal 20 ausbauen und schauen uns derzeit einige Länder an. In Afrika werden wir weiterhin mit lokalen Playern zusammenarbeiten“, so Grundmann. Schaut man sich die Namen der eigenen Lagerstellen an, fällt auf, dass es nicht nur die klassischen sind. Neben den USA, England, Australien, Irland und Neuseeland finden sich Hongkong, Thailand, Indien, Russland und Brasilien. „Anfang der 90er Jahre war JP Morgan­ in sehr vielen Ländern mit eigenen Lagerstellen vertreten. Die Anzahl wurde damals deutlich reduziert. Jetzt geht der Trend wieder in die andere Richtung“, so Grundmann. Alle Global Custodians über einen Kamm zu scheren, wäre jedoch falsch. Nicht immer fiel die Entscheidung zugunsten eigener Lagerstellen aus. BNY Mellon hat derzeit acht eigene Lagerstellen und über 90 externe Sub-Custodians. Daran soll sich auch nichts ändern. Gegen einen Ausbau hat sich auch Caceis entschieden, die derzeit drei eigene Lagerstellen unter­hält. Anders als die Global Custodians bleibt kleinen Depotbanken bei ihrer Lagerstellenstrategie kaum eine Wahl. Eigene Lagerstellen sind allein kostenseitig nicht zu stemmen. „Traditionell liegt der Schwerpunkt unseres Lagerstellen-Netzwerkes bei Clearstream Banking. Die verbleibenden Lücken­ schließen wir durch Zusammenarbeit mit mehreren global aufgestellten Anbietern“, erläutert Joachim Hüfken, Abteilungsleiter Client ­Investment Services bei der LBBW, die rund 45 Milliarden Euro­ ­Assets under Custody und ein spezialisiertes Team für das Management und die Überwachung des Lagerstellen-Netzwerkes hat. Hüfken sieht die verschärfte Haftungsregelung relativ gelassen: „Bei Licht ­betrachtet, hat sich eigentlich nicht viel geändert. Wären in der Vergangenheit Bestände abhandengekommen, hätten wir die betroffenen Depotinhaber sicher auch nicht einfach im Regen stehen gelassen und auf die AGB verwiesen.“

Wie es um diese Gelassenheit bestellt ist, wenn tatsächlich Assets abhandenkommen, wird sich allerdings erst zeigen. „Momentan ist das eine aufsichtsrechtliche Diskussion. Das Haftungsthema wird erst signifikant, wenn es mehrere Schadensfälle gibt. Das wird dann vors Zivilgericht gehen“, erwartet Gommel. Für den PwC-Partner ist die volle Haftung ohnehin bloß eine Fiktion, insbesondere mit Blick auf die Ucits-V-Richtlinie, die voraussichtlich analog zur AIFMD strengere Haftungsregeln bei Publikumsfonds bringen wird: „Bei Ucits V geht es um rund 9.000 Milliarden Euro. Wenn man dieser Summe das Eigenkapital der im Depotbankgeschäft aktiven Banken gegenüberstellt, sind das nur wenige Basispunkte. Die Haftungsmasse­ ist gar nicht vorhanden.“ Erschwerend kommt hinzu, dass unter Ucits V – anders als in der AIFMD – wahrscheinlich keinerlei Haftungs­beschränkungen mehr möglich sein werden. Unter der AIFMD tragen­ Depotbanken zwar die volle Haftung für Assets,­ haben aber die Möglichkeit der Exkulpation. Das heißt, sie können Märkte, die ihnen zu riskant sind, vertraglich ausschließen. Genutzt wird dies zwar kaum, was nicht bedeutet, dass man die Möglichkeit als solche nicht zu schätzen weiß. „Vertraglich ist eine Exkulpation vorgesehen, wir nutzen dies bisher allerdings nicht“, erklärt Sepp. „Ein Land auszuschließen, ist ein standardisierter Prozess. Es ist wichtig, diese Option zumindest zu haben“, fügt er hinzu. 

Ganz oder gar nicht
Sollte Ucits V nach gegenwärtigem Stand kommen, werden Verwahrstellen nur noch eine Wahl haben: den Fonds insgesamt abzulehnen oder in den sauren Apfel zu beißen und selbst für kritische Märkte­ zu haften. „Auch wenn wir derzeit die Möglichkeit der Exkulpation­ nicht nutzen, sehe ich die Haftungsfrage durchaus als diskussionswürdigen Punkt an. Die KVG entscheidet, wo sie investiert. Uns bleibt dann nur die Möglichkeit, den Fonds als Ganzes abzulehnen“, erklärt BNP-Paribas-Mann Zeimers. Allzu große Sorgen über eine Ablehnungswelle müssen sich Investoren aber wohl nicht machen. Zwar ist der deutsche Depotbankmarkt oligopolistisch strukturiert, zu ihren Gunsten­ genutzt haben sie das bislang nicht. Die Abwärtsspirale der Preise für Depotbank-Dienstleistungen in den vergangenen Jahren hat das eindrucksvoll vor Augen geführt. Selbst die neuen und höheren­ Haftungsanforderungen haben nichts daran geändert.

portfolio institutionell, Ausgabe 3/2014

Autoren:

Schlagworte:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert