Alternative Anlagen
18. Februar 2021

Baum der Erkenntnis

Wegen Klimawandel, Borkenkäfer und niedrigen Holzpreisen scheinen Timber-Investoren auf dem Holzweg. Die Probleme zeigen, dass auch Bäume aktiv zu managen sind. Die Klimaziele ­unterstützen Anleger darin, auf einen grünen Zweig zu kommen.

Auch Schneeregen, Graupel und Hagel halten derzeit die Bevölkerung nicht von Waldspaziergängen ab. Die Lockdown-Flucht macht dann eines offensichtlich: Auch der Wald ist an vielen Stellen „down“. Dies trifft nicht zuletzt Waldbesitzer. Die Stiftung ­Schönau, die mit 7.600 Hektar größte körperschaftliche Waldbesitzerin in Baden-Württemberg, bezifferte den nach drei Jahren „Trocken- und Wärmestress“ entstandenen Schaden mit rund zwei Millionen ­Euro. Um die weitere Ausbreitung des Borkenkäfers zu ver­hindern, musste die 1560 gegründete Stiftung wie auch andere Waldbesitzer befallene Bäume schnell ernten – was weiter auf den Holzpreis drückt. „Die wirtschaftliche Zukunft unseres Forstbetriebes ist ein großes Fragezeichen“, so der Leiter der Forstabteilung, Frank ­Philipp. „Wir leben von der Substanz.“ Für die Käferholz-Ernte muss die Stfitung finanziell in Vorleistung gehen. Dabei war vor ­einigen Jahren, als man Investoren Timber-Anlagen schmackhaft machte, das „store on the stump“ das große Argument – also mit dem Einschlag so lange abwarten zu können, bis der Preis stimmt. Während dies in der Agrarwirtschaft nicht praktikabel ist, wachsen die Bäume weiter und gewinnen an Wert. Auch dieses Argument hat nun der Borkenkäfer ausgehöhlt. Um gegenzusteuern ­begannen die Förster der Stiftung, den Baumbestand umzubauen. Statt der klimawandelsensiblen Fichte bevorzugt man nun klimatoler­antere Arten wie Douglasien, Tannen oder Eichen. Allerdings sind es ­gerade Fichtenhölzer, auf die die Sägereien eingestellt sind.

Wer die Kalamitäten der Stiftung Schönau gut nachvollziehen kann, sind Kommunen und private Waldbesitzer, die das Gros der Waldflächen in Deutschland besitzen. Investiert ist aber auch die Munich Re, die 2015 mit Forst Ebnath das bis dato einzige gelistete deutsche Forst-Unternehmen per Squeeze-out von der Börse nahm. „In Deutschland ist der Preisverfall besonders stark. Trockenheit, Stürme und in der Folge ein hoher Borkenkäferbefall führten zu ­einem sprunghaft steigenden Holzangebot“, erklärt ­Wendelin Freiherr von Gravenreuth, Senior Manager Global Forest Investments der Meag, dem Asset Manager der Rückversicherung. Laut Wald-Prinz.de hat sich der Preis für einen Festmeter Fichten-Langholz (Durchmesser 25 bis 29 cm und nicht vom Borkenkäfer befallen) von Anfang 2019 bis Mitte 2020 auf etwa 45 Euro halbiert.

Zwischen Baum und Borke

Um trotz Klimawandel und der gefallenen Nachfrage mit Holz auf einen grünen Zweig zu kommen, präferiert die Meag ein aktives Management, einen direkten – da kostensparenden – Zugang ­sowie eine internationale Diversifikation. Gerade derzeit gilt es, die ­Bäume zu managen. „Aktiver Waldbau reduziert Risiken“, betont von Gravenreuth. Wie andere deutsche Forstbesitzer will auch die Meag andere, klimaresistentere Baumsorten pflanzen. In Deutschland sei aber nicht nur das Wetter das Problem. „Hierzulande ­stehen zu viele Fichten zu lange. Über 20 Jahre sind zu viel“, ­moniert von Gravenreuth. Denn: „Je größer der Baum, desto ­größer die Gefahr, dass er umkippt oder bricht.“ Zudem bräuchte es auch mehr Modellierungen, welche Holzsorten nach wie viel Jahren wie wertvoll sind und geerntet werden sollten. Beim direkten Ankauf benötigt der Investor besonders viel Expertise und Kapazitäten für die Prüfung. Um wiederum diesen Aufwand von „Directs“ zu rechtfertigen, braucht es mehr Hektar beziehungsweise größere Investitionsvolumina. Von Gravenreuth erachtet 50-Millionen-Euro-­Tickets für institutionelle Investoren als sinnvoll. Dafür passende Grundstücke zu erwerben, ist jedoch in Zentraleuropa schwierig. „Die Probleme heißen Dealflow und Preis. In Oberbayern werden zum Beispiel teilweise für 1.000 Hektar 40 Millionen Euro aufgerufen.“ Ein wesentlicher Grund für die hohen Preise seien Privat­investoren, die weniger preissensibel als Finanzinvestoren sind. Auch darum spricht viel für einen globaleren Horizont. Die Meag begann vor über zehn Jahren mit dem Aufbau eines globalen Waldportfolios. Ende 2020 erwarb man beispielsweise 16.000 Hektar im US-Bundesstaat Oregon für einen niedrigen dreistelligen Millionen-Dollar-Betrag für einen Konzernkunden. Die dortige dominierende Baumart sei die „sehr wüchsige“ Douglasie. Wo die Meag investiert, hängt schlussendlich von der Renditeerwartung ab – und zwar in Relation zur jeweiligen Staatsanleihe. „Wegen der Illiquidität von Forst verlangen wir eine Prämie auf die jeweilige zehnjährige Staatsanleihe. Unter Berücksichtigung des Länderrisikos investieren wir deshalb derzeit insbesondere in den für uns attraktiven Märkten USA, Australien und Neuseeland.“ Damit investiert die Meag tendenziell auch dort, wo die CO₂-Emissionen entstehen. Historisch erwirtschaftete die Meag im Durchschnitt in dieser Anlageklasse fünf bis sieben Prozent pro Jahr. Im (immer noch) waldreichen Brasilien läge das geforderte Renditeziel mit Blick auf die Staatsanleihen bei fast zwölf Prozent. Von Gravenreuth: „Das ist für Timber in Brasilien derzeit nicht realistisch.“ Gegen Brasilien spreche aber auch, dass man dort maximal nur 49 Prozent des Landes erwerben könne. Die Mehrheit bleibe immer bei Brasilianern.

Das Potenzial von Carbon-Credits

Anreichern lassen sich die Renditen gegebenenfalls mit Jagdpachten, Handymasten oder Windrädern. Schließlich liegt der Wald oft auf Hügeln, da diese für die Landwirtschaft wenig interessant ­waren. „Wir verkaufen auch mal einen Hektar in Randlagen, wenn ein Privatanleger einen attraktiven Preis bietet. „Am Ende muss sich aber der Holzverkauf rechnen und man darf nicht nur auf die Hoffnung setzen, dass eine Windradspekulation aufgeht“, ergänzt Wendelin von Gravenreuth. Viel in Bewegung sei nun aber bei CO₂-Zertifizierungen, auch weil von institutionellen Investoren mehr Transparenz zu CO₂-Emissionen und ein klares Commitment zur Senkung dieser erwartet werde. „Eine Überlegung wert ist, ein paar Basispunkte abzugeben und dafür mehr CO₂ zu ­binden.“ Dann tragen die Wald-Investments noch mehr dazu bei, den CO₂-Fußabdruck des Gesamtportfolios zu senken.

Die dauerhafte, statische CO₂-Speicherung wird jedoch nicht mit Carbon-Credits honoriert. Aus Sicht von APG Asset Management lässt sich Wald und Agrar aber diesbezüglich gestalten. Jos ­Lemmens, Senior Portfolio Manager des Natural Resources Fund von APG, betont, dass natürliche Ökosysteme exzellente Carbon-Senken sind. Sie hätten das Potenzial, 30 Prozent der globalen CO₂-Emissionen zu absorbieren. „Um dieses Potential voll auszuschöpfen, müssen die Ökosysteme bewahrt, verbessert und vergrößert werden“, zitierte APG Lemmens vor einem knappen Jahr. „Bei richtiger Bewirtschaftung können diese Anlagen mehr Kohlenstoff in den Bäumen und im Boden binden, was den intrinsischen Wert der natürlichen Ressource erhöht.“ Lemmens propagiert „Nature-based Solutions“, worunter man Projekte versteht, die Flächen schützen, transformieren oder wiederherstellen. Dies trägt dazu bei, mehr CO₂ zu binden. APG managt das eine halbe Billion Euro zählende Vermögen des niederländischen Pensionsfonds ABP und investiert dieses auch in Timber und Farmland. Auch ­skandinavische Pensionsfonds sind häufig in Timber engagiert.

Auch dies unterstreicht, dass Forstwirtschaft prinzipiell ein besonders nachhaltiges Investment ist. Der königlich-polnische und ­kurfürstlich-sächsische Kammer- und Bergrat Hans Carl von Carlowitz lässt grüßen. Allerdings wirken die Monokulturen und die wenig sentimentalen Kahlschläge amerikanischer Timber-­Manager für Europäer befremdlich. Zudem ist auf der sozialen Ebene ­gerade in Schwellenländern Landgrabbing ein Problem. ­Dabei wird auch Naturschutzorganisationen Neokolonialismus vorgeworfen. „Darüber was nachhaltig ist, gehen die Meinungen international weit auseinander“, so von Gravenreuth. No-Gos sind für die Rückversicherungs-Tochter zum Beispiel Landgrabbing und die Bewirtschaftung von Primärwäldern. Wichtig ist für die Meag als langfristigem Investor zudem, dass nach dem Einschlag auch wieder aufgeforstet wird – entsprechend dem schon von Carlowitz propagierten ­Prinzip, dem Wald nur so viel zu entnehmen wie auch nachwachsen kann. Prinzipiell brauche es messbare Indikatoren für das gesamte ESG-Spektrum. „Wir verfolgen einen ausgewogenen Ansatz und wollen alle Flächen zertifizieren“, erklärt von Gravenreuth. „Die drei ­Säulen der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie und Soziales – müssen ganzheitlich betrachtet werden. So kann zum Beispiel die Anlage einer Timber-Plantage in strukturschwachen Gebieten ­zusätzliche Arbeitsplätze schaffen und damit einen positiven ­Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Region leisten.“

Am Ende muss es sich für Investoren rechnen. Dies sollte auch bald wieder für deutschen Forst der Fall sein. Die Stiftung Schönau berichtet von einer ansteigenden Nachfrage nach Frischholz im ­inländischen Markt. Im Ausland importieren China – wohin die Lieferketten wieder intakt sind – und die USA laut Wendelin von Gravenreuth nun wieder verstärkt deutsches Holz. In den Staaten ist Holz insbesondere für den Hausbau gefragt. Eine andere Stütze für die Besitzer deutscher Wälder kann aber auch die Jagd sein. Der Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg nennt 13.000 Hektar in Nordrhein-Westfalen sein Eigen und gewährt die Buchung von Einzelabschüssen von Rothirschen oder Rehböcken. Die Empfehlung des Hauses lautet aber: „Begeben Sie sich auf die auch sehr ­spannende Einzeljagd auf Muffelwidder.“ Für Ablenkung vom Schneeregen wäre so für Waldspaziergänger allemal gesorgt.

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