Pension Management
19. Oktober 2015

bAV: Kosten einer Ausfinanzierung

Wie teuer ist eine Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen? Eine Antwort auf diese Frage gibt eine neue Berechnung von Mercer. Über die bilanziellen Risiken von Pensionsverpflichtungen wurde auch auf der bAV-Konferenz von Towers Watson heiß diskutiert.

Ist momentan der richtige Zeitpunkt, um Pensionsverpflichtungen auszufinanzieren? Diese Frage stellen sich angesichts des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes immer mehr Unternehmen in Deutschland, die ihre bilanziellen Risiken minimieren wollen. Bei der Beantwortung dieser Frage sind die Kosten für eine solche Ausfinanzierung entscheidend. Wie hoch diese sind, hat Mercer in seinem neuen Global Pension Buyout Index berechnet. Für Deutschland gibt das Beratungshaus darin einen Überblick über die Kosten einer versicherungsförmigen Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen in Relation zu den Verpflichtungswerten, die in der Bilanz nach HGB und IFRS ausgewiesen werden.
Für eine vollständige Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen nach IFRS ist derzeit mit Kosten in Höhe von etwa 123 Prozent des Verpflichtungsumfangs zu rechnen. Das heißt: Für Verpflichtungswerte über 100 Millionen Euro wird eine Einmalprämie von etwa 123 Millionen Euro fällig. „Mit Blick auf die Pensionsverpflichtungen im Dax, die letztes Jahr den Rekordwert von 372 Milliarden Euro erreicht haben, suchen Unternehmen nach Wegen, ihre Pensionsrisiken zu minimieren. Seit Ende 2013 sind die Kosten für eine vollständige Ausfinanzierung von etwas über 130 auf heute circa 123 Prozent gesunken“, kommentierte Dirk Schmallenbach, Spezialist im Bereich International Benefits bei Mercer in Deutschland.

Im Moment sieht er die Kosten auf einem relativ günstigen Niveau, rechnet aber mit einem Anstieg: „Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten, es ist zum jetzigen Zeitpunkt aber von einer langsamen Kostensteigerung auszugehen.“ Für die Ermittlung der erforderlichen Prämie setzt Mercer den von den Lebensversicherern garantierten Rechnungszins von 1,25 Prozent (beziehungsweise 1,75 Prozent vor dem 1. Januar 2015) an. Für die Ermittlung der korrespondierenden Bilanzwerte wird der jeweils maßgebende Rechnungszins unter Berücksichtigung einer zehnjährigen Duration herangezogen.

Für HGBler wird’s teuer

Deutlich teurer würde derzeit eine Ausfinanzierung von Verpflichtungen nach HGB kommen. Die Aufwendung läge laut Mercer-Berechnungen bei etwa 146 Prozent des Verpflichtungswertes. Das Beratungshaus erwartet jedoch, dass die Kosten in Zukunft stark sinken könnten. „Die Politik diskutiert derzeit über eine Änderung des Zinsermittlungsverfahrens nach HGB. Statt des derzeit angewandten Sieben-Jahres-Zeitraums steht ein Zwölf-Jahres-Zeitraum zur Debatte, der die Situation deutlich entspannen und damit eine Ausfinanzierung für nach HGB bilanzierende Unternehmen attraktiver machen würde“, so Schmallenbach. Und fügte hinzu: „Der Aufwand für Ausfinanzierungen im HGB-Abschluss würde sich bei einer Umsetzung künftig an das Niveau im IFRS-Abschluss annähern. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, zeitnah zu handeln.“

Auch auf der bAV-Konferenz von Towers Watson mit dem Titel „Tragödie oder Komödie? bAV mit Happy End!“ wurde am Donnerstag über die Minimierung der bilanziellen Risiken durch die Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen diskutiert. Auf der Podiumsdiskussion berichtete Dr. Claus Buhleier, Partner im Bereich Wirtschaftsprüfung bei Deloitte Deutschland: „Es wird darüber nachgedacht, aber zugleich auch hinterfragt. Was ist der faire Preis dafür? Wir haben einige Unternehmen gesehen, denen der Preis zu hoch war und dies doch lieber selbst machen.“

Eine weitere Ausfinanzierung ihrer Pensionsverpflichtungen steht auch bei Eon nicht auf dem Plan. Das Energieunternehmen hat bereits rund zwei Drittel seiner rund 18 Milliarden Euro Pensionsverpflichtungen gefunded. „Würden wir heute den Zinssatz von 2009 anwenden, dann wären wir voll gefunded“, merkte Henryk Wuppermann , Head of Corporate Finance bei Eon, auf der Podiumsdiskussion an. Er macht mit diesem Beispiel auf eine Gefahr aufmerksam, die sein Unternehmen nicht eingehen will: Overfunding. „Wenn wir jetzt auf ein volles Funding gehen und der Zins steigt, kommen wir ins Overfunding. Deshalb macht es keinen Sinn für uns, jetzt voll auszufinanzieren“, so Wuppermann.  

Towers Watson und seine eigenen Pensionsverpflichtungen

Ein Beispiel für ein Unternehmen, das sich zur stärkeren Ausfinanzierung seiner Pensionsverpflichtungen entschieden hat, ist Towers Watson. Als Unternehmen mit 800 Mitarbeitern in Deutschland gehört das Beratungshaus hierzulande zum Mittelstand. Für seine eigenen Pensionsverpflichtungen, die nicht bereits durch eine rückgedeckte Unterstützungskasse gefunded sind, hat Towers Watson entsprechend eine Lösung gesucht, die für den Mittelstand angemessen ist. „Die Deckung von Pensionsverpflichtungen war bei uns in Deutschland ein Thema, aber das Cashmanagement des Konzerns wird nicht in Deutschland gemacht. Vor etwa drei Jahren konnten wir unsere Organisation überzeugen, die nicht gedeckten Pensionsverpflichtungen ebenfalls mit Kapital zu unterlegen“, erinnerte sich Dr. Thomas Jasper, Leiter Retirement Solution bei Towers Watson, in einem der Workshops auf der bAV-Konferenz. Genutzt werden zwei Vehikel der Finanzierungsplattform von Towers Watson: der Gruppen-CTA für den aktiven Bestand und der Pensionsfonds für die Rentner. Diese Aufteilung ist in erster Linie steuerlich getrieben, da sich der aktive Bestand nicht ohne weiteres auf einen Pensionsfonds übertragen lässt.

Eine zweite Frage, die sich Towers Watson dann stellte, war laut Jasper: „Wie organisiere ich das Asset Management?“ Die Antwort darauf lautete: Es wurden im April dieses Jahres zwei Spezialfonds mit unterschiedlichem Risikoprofil – „Dynamic“ und „Robust“ – aufgelegt, für die Towers Watson mit seinem Investment-Team zwar die Strategie festlegt und die Asset Manager selektiert, aber die Kapitalanlage nicht selbst managt. Das Anlageuniversum der beiden Fonds umfasst derzeit drei Asset-Klassen: globale Aktien, europäische Staatsanleihen und europäische Unternehmensanleihen. Perspektivisch sollen noch weitere Asset-Klassen hinzukommen. „Eine breit diversifizierte Anlage ist optimal“, erläuterte Sabine Mahnert von Towers Watson. Aber diese sei derzeit mit 20 Millionen Euro an Assets nicht machbar. Als weitere wichtige Nebenbedingung beim Aufsetzen der beiden Spezialfonds nannte sie attraktive Gebühren. Obwohl das Volumen relativ klein ist, wolle man ähnliche Fees, wie sie Towers Watson global für die rund zwei Billionen Euro under Advice bekommt: 40 bis 50 Basispunkte.

Für den Dynamic-Spezialfonds, der etwas risikofreudiger ist und 60 Prozent in globale Aktien investiert, liegt die Renditeerwartung auf Zehnjahressicht bei 4,8 Prozent per annum. Für den Robust-Spezialfonds, der nur 20 Prozent in globale Aktien investiert und eine etwas längere Duration hat, beträgt sie 3,1 Prozent. Die beiden Vehikel, „Pensionsfonds“ und „CTA“, sind Anleger dieser beiden Fonds. Eine Analyse aus ALM-Perspektive hat ein Mischungsverhältnis der beiden Spezialfonds „Dynamic“ und „Robust“ von 34 und 66 Prozent ergeben, so dass die drei Asset-Klassen im Endportfolio je ein Drittel ausmachen.

Derzeit liegt das Funding-Level für die Pensionsverpflichtungen, die nicht bereits über eine Unterstützungskasse rückgedeckt sind, bei 18 Prozent. Das Level soll jedoch in den nächsten Jahren sukzessive steigen. Dies soll zum einen dadurch geschehen, dass die Rentenzahlungen aus dem operativen Geschäft bedient werden und nicht aus den Assets. Zum anderen sind zusätzliche Dotierungen denkbar, was allerdings eine Entscheidung von Corporate Finance ist und nicht von Towers Watson in Deutschland. „Wir würden gern mehr Funding machen“, so Jasper.   
portfolio institutionell newsflash 19.10.2015/Kerstin Bendix
 

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