„Beteiligungskapital erhöht die Resilienz des Unternehmens“

Peter Pauli ist Sprecher der Geschäftsführung der Bayerischen Beteiligungsgesellschaft. Sie agiert als Evergreen-Fonds und unterliegt keinem Exitdruck.
Wenn mittelständische Unternehmen nach Beteiligungskapital suchen, kommen dafür die unterschiedlichsten Finanzpartner infrage. Im Interview stellt Peter Pauli das Konzept der Bayerischen Beteiligungsgesellschaft vor.
Herr Pauli, wie kommen Sie mit familiengeführten Unternehmen in Deutschland ins Gespräch, wenn Sie diesen Eigenkapital zur Verfügung stellen möchten? Sprechen Sie diese Firmen direkt an oder läuft so etwas über Vermittler ab?
Die BayBG hat einen hohen Bekanntheitsgrad und einen ausgezeichneten Ruf in Bayern. Dementsprechend kommt der Kontakt zu Unternehmen häufig über Empfehlungen zustande. Zum Beispiel schlagen Firmenkundenberater von Hausbanken ihren Kunden oftmals eine Erhöhung ihres Eigenkapitals durch die BayBG vor, wenn Fremdkapital keine Option mehr ist.
Auch von Corporate-Finance-, Unternehmens- und Steuerberatern sowie von Anwälten oder Wirtschaftsprüfern erhalten wir oft Weiterempfehlungen. Wenn es um Unternehmensnachfolgen geht, sind es oftmals andere PE-Investoren, die uns als Co-Investor anfragen und vor allem im Bereich Venture Capital erhalten wir auch direkte Anfragen von interessierten Gründern.
Was sind typische Anlässe, wenn es darum geht, einen PE-Investor an Bord zu holen?
Die BayBG wird am häufigsten angesprochen, wenn es um kapitalintensive Expansions- oder Transformationsprojekte in mittelständischen Unternehmen geht, wie beispielsweise Sprunginvestitionen, Zukäufe, Digitalisierungsprojekte, die energetische Transformation oder eine Expansion in Auslandsmärkte.
Unternehmensnachfolgen oder Gesellschafterwechsel sind ein weiterer häufiger Anlass. Hier geht es dann nicht nur darum, die finanziellen Mittel für den Kaufpreis bereitzustellen, sondern gemeinsam mit der aktuellen und zukünftigen Unternehmensführung den Übergang so reibungslos wie möglich zu gestalten. Auch in Turnaround-Situationen kann es sinnvoll sein, einen Investor an Bord zu holen, der nicht nur Eigenkapital, sondern auch entsprechende Expertise und Erfahrung mitbringt, um als Sparrings-Partner zu unterstützen und die Krise gemeinsam zu meistern. Und nicht zuletzt investieren wir auch in Gründer, junge Unternehmen und Start-ups bei der Existenzgründung oder – im Falle von Technologien mit einer relevanten Innovationshöhe – ab Series-A-Finanzierungsrunden mit Venture Capital.
Bevor Familienunternehmen externen Geldgebern die Tür öffnen, überlegen sie sich diesen Schritt sicherlich sehr genau. Denn es bedeutet einen Einschnitt in die Firmenkultur, vermutlich auch den Standort bis hin zur Art und Weise, wie das Unternehmen gesteuert wird. Aufgrund ihrer starken Verwurzelung in familiären Traditionen fällt es Familienunternehmen oft schwer, sich für (Finanz-)Investoren zu öffnen. Wie sehen Sie das? Und wie gehen Sie damit um?
Gerade im Mittelstand geht es oftmals um über Generationen aufgebaute Unternehmen, in die viel Engagement und Herzblut geflossen sind. Dass in diesen Fällen ein besonderes Interesse daran besteht, das eigene Lebenswerk inklusive Standorte und Arbeitsplätze zu bewahren, ist vollkommen klar und verständlich. Häufig sind Familienunternehmen auch ein wichtiger Teil der lokalen Wirtschaft sowie der Gemeinde und ihr Fortbestand ist damit auch eine Verantwortung gegenüber den Menschen vor Ort.
Wir handeln aus einer langjährigen Expertise und einem tiefen Verständnis für mittelständische Unternehmen heraus. Das bedeutet, die bisherigen Gesellschafter beziehungsweise das Management bleiben Herr im Haus. Als Minderheitsgesellschafter oder stiller Gesellschafter sind wir Sparrings-Partner und unsere Mitspracherechte beschränken sich auf übergeordnete beziehungsweise strategische Entscheidungen. Wir nehmen in der Regel keinen Einfluss auf das operative Geschäft.
Welche Mitspracherechte haben die Mehrheitsgesellschafter?
Die Mehrheitsgesellschafter, oftmals eben aus der Gründerfamilie, behalten die Kontrolle über ihr Unternehmen und profitieren gleichzeitig von den Vorteilen einer Beteiligung. Bei Mezzanine-Kapital, das Elemente von Fremd- und Eigenkapital kombiniert, werden keine Unternehmensanteile abgegeben, so dass schon allein deshalb ein hohes Maß an Kontrolle für die bestehenden Gesellschafter bestehen bleibt.
Mezzanine-Kapital von der BayBG ist eigenkapitalähnlich meist als stille Beteiligung gestaltet und wird von Banken regelmäßig nicht als Fremdkapital, sondern als wirtschaftliches Eigenkapital – als „Quasi-Equity“ – bewertet. Damit wirkt es bilanzstrukturverstärkend, verbessert die Bonität des Unternehmens und erweitert die Kreditfinanzierungspotenziale bei Banken und Kreditinstitutionen. Generell streben wir an, die Beteiligungsstruktur mit Blick auf die Bedürfnisse und Prioritäten des Unternehmens je nach Fall individuell maßzuschneidern.
Und wie lange ist Ihre geplante Haltedauer?
Wir verstehen uns als langfristig denkender Partner. Das bedeutet, dass wir einen Investment-Horizont von bis zu zehn Jahren ansetzen, falls notwendig auch länger, denn wir wollen es den Unternehmen ermöglichen, nachhaltig und ohne Exit-Druck zu wachsen und ihre strategischen Ziele zu erreichen.
Wie vermitteln Sie dem Verkäufer, dass die Firma bei Ihnen buchstäblich in guten Händen ist?
Wir lassen unsere Erfolge für uns sprechen. Die BayBG unterstützt mittelständische Unternehmen und Start-ups in Bayern seit mehr als 50 Jahren mit maßgeschneiderten Beteiligungslösungen und hat in dieser Zeit mehr als 4.000 Unternehmen finanziert, zahllose Expansionsprojekte und Unternehmensnachfolgen möglich gemacht, Krisensituationen gemeinsam mit Unternehmen gemeistert und Start-ups zu erfolgreichen Exits oder IPOs geführt. Dahinter stehen Jahrzehnte an Erfahrung, ein breites Netzwerk an Experten, Beratern und Investoren.
Ist die Beteiligungsbranche für Familienunternehmen besonders interessant? Und wenn ja, warum?
Ich denke, dass die Beteiligungsbranche für den Mittelstand und die zahlreichen Familienunternehmen, die ihn ausmachen, durchaus interessant ist. Sofern die unternehmerische Nachfolge nicht innerhalb der Familie geregelt werden kann und ein Unternehmensverkauf angestrebt wird, bieten sich Beteiligungs- beziehungsweise Private-Equity-Gesellschaften als Käufer an.
Stehen – wie bereits angesprochen – größere Investitionen, Transformationen oder auch Restrukturierungen an, sind Beteiligungsgesellschaften wie die BayBG, die auch Minderheitsbeteiligungen und Mezzanine-Kapital anbieten, ein belastbarer Partner. Dies gilt vor allem mit Blick auf die aktuellen gesamtwirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, die zu einer erhöhten Planungsunsicherheit führen. Beteiligungskapital erhöht die Resilienz des Unternehmens, während andererseits ein zu hoher Leverage beziehungsweise eine zu aggressive Finanzierung mit Krediten schnell zu existenzbedrohenden Krisen führen kann.
Die Fragen stellte Tobias Bürger.
Über den Interviewten: Peter Pauli ist Sprecher der Geschäftsführung der Bayerischen Beteiligungsgesellschaft (Bay-BG, Eigenschreibweise: BayBG) mit Sitz in München, deren Fokus auf dem bayerischen Mittelstand liegt. Mit einem investierten Volumen von rund 395 Millionen Euro zählt sie sich zu den größten Beteiligungskapitalgebern für mittelständische Unternehmen. Die Bayerische Beteiligungsgesellschaft agiert als Evergreen-Fonds und unterliegt nach eigenen Angaben keinem Exitdruck; zu ihren Gesellschaftern gehören Geschäftsbanken, Dachorganisationen von Sparkassen und Genossenschaftsbanken, Versicherungen und Verbände. Sie beteiligt sich direkt an Unternehmen, sowohl als Lead- als auch als Co-Investor und investiert auch gemeinsam mit institutionellen Anlegern.
Autoren: Tobias BürgerSchlagworte: Banken | Beteiligungen | Private Equity
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